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Opposition gewinnt Bürgermeisterwahl in Istanbul, Erdogan erleidet Niederlage

Imamoglu gewinnt mit 51 Prozent, Erdogan gesteht Niederlage ein, Opposition setzt sich in größten Städten durch.

Recep Tayyip Erdogan, Präsident der Türkei.
Foto: Kay Nietfeld/dpa

Laut vorläufigen inoffiziellen Ergebnissen hat die Partei von Präsident Recep Tayyip Erdogan die Bürgermeisterwahl in Istanbul verloren. Amtsinhaber Ekrem Imamoglu (53) von der CHP gewann mit rund 51 Prozent der Stimmen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet. Sein Herausforderer Murat Kurum erhielt nur etwa 40 Prozent der Stimmen. Istanbul hat etwa 16 Millionen Einwohner. Imamoglu konnte somit seinen Wahlsieg von 2019 wiederholen und seine Position als möglicher künftiger Präsidentschaftskandidat stärken.

Erdogan hat sein wichtigstes Ziel bei der Wahl verfehlt, nämlich mit seiner islamisch-konservativen AKP die politisch wichtige Metropole Istanbul zurückzugewinnen. Nach inoffiziellen Teilergebnissen konnte sich die Opposition in fünf der größten Städte des Landes bei den Bürgermeisterwahlen durchsetzen, besonders deutlich in der Hauptstadt Ankara. Dort gewann der amtierende Bürgermeister Mansur Yavas laut Anadolu mit einem Vorsprung von mehr als 20 Prozent auf seinen Herausforderer.

Stimmungstest für Erdogan

«Wir haben nicht das Ergebnis erzielt, das wir uns gewünscht und erhofft haben», räumte Erdogan bereits am späten Abend in Ankara ein. Die Wahl wurde auch als Stimmungstest für Erdogan gewertet, der im vergangenen Jahr nach 20 Jahren an der Macht wiedergewählt worden war. Landesweit zeichneten sich nun für seine islamisch-konservative AKP vorläufigen inoffiziellen Ergebnissen zufolge starke Verluste ab.

Die Wähler haben Erdogans Partei Beobachtern zufolge damit auch für die hohe Inflationsrate und die wirtschaftliche Lage abgestraft. Oppositionschef Özgür Özel sprach von einem «historischen Ergebnis», das zeige, dass die Wähler eine neue Politik wollten. Imamoglu sagte, die Ergebnisse seien eine wichtige Botschaft an die Welt, wo die Demokratie zurückgehe und autoritäre Regierungen im Aufwind seien. 

Imamoglu wird als Hoffnungsträger der Opposition angesehen. Er hat 2019 der regierenden AKP von Erdogan die Macht in Istanbul entzogen und damit 25 Jahre der Regierung islamisch-konservativer Parteien beendet. Die AKP ließ die Wahl damals für ungültig erklären. In der zweiten Runde gewann Imamoglu mit einem noch größeren Vorsprung – dieser Erfolg wurde bisher als der schwerste Rückschlag in Erdogans politischer Karriere angesehen. In Istanbul begann einst auch Erdogans politischer Aufstieg, als er 1994 zum Bürgermeister gewählt wurde. Erdogan hatte sich persönlich in den Wahlkampf um Istanbul eingesetzt.

Opposition ging zerstritten in Abstimmung

Die Opposition, die bei der Parlaments- und Präsidentenwahl 2023 noch im Bündnis antrat, ging uneinig in die Abstimmung. Im Gegensatz zur vorherigen Kommunalwahl 2019 konnte Imamoglu keinen Oppositionsblock hinter sich vereinen – und gewann dennoch die Wahl.

Etwa 61 Millionen Menschen in der Türkei wurden aufgefordert, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Der Wahlkampf wurde als unfair angesehen – ein Großteil der Medien in der Türkei steht unter direkter oder indirekter Kontrolle der Regierung. Neben der hohen Inflation von offiziell 67 Prozent waren bestimmende Themen die Erdbebenvorsorge und Infrastrukturprojekte.

dpa