Am frühen Morgen stehen bei mehreren Hamburger Polizisten Kollegen vor der Tür. Die Durchsuchungen sollen Beweise in laufenden Disziplinarverfahren bringen. Die Vorwürfe wiegen schwer.
Rassistische Chats: Polizei ermittelt gegen Kollegen
Rassistische und teilweise die Nazizeit verherrlichende WhatsApp-Nachrichten zwischen Polizisten führten in Hamburg und Schleswig-Holstein zu einem umfangreichen Polizeieinsatz. Am Morgen wurden daher gleichzeitig die Wohnungen und Diensträume von sechs aktiven und drei pensionierten Beamten durchsucht, wie die Hamburger Polizei mitteilte. Dabei wurden zahlreiche Datenträger als Beweismittel sichergestellt.
15 Beamte Teil der Chats mit rassistischen Nachrichten
Insgesamt werde gegen 15 aktive und pensionierte Polizisten dienstrechtlich ermittelt. Hintergrund sind «fremdenfeindliche, rassistische sowie Gewalt und teilweise den Nationalsozialismus verherrlichende Nachrichten», die über den Instant-Messagerdienst Whatsapp in zwei verschiedenen und voneinander unabhängigen Chat-Gruppen gesendet worden waren.
Die Polizei Hamburg konnte nach Erhalt der Akten zu zwei anderen abgeschlossenen Verfahren von den Staatsanwaltschaften in Lübeck und Vechta die Chats genauer prüfen, die für das Beschwerdemanagement und Disziplinarangelegenheiten zuständige Dienststelle. Gegen zwei Beamte wurde in einer anderen Angelegenheit strafrechtlich ermittelt. In den Strafakten entdeckten die Ermittler der Polizei mehrere zehntausend Chatnachrichten, die derzeit noch analysiert werden.
Betreten der Diensträume für Verdächtige vorerst verboten
Schon jetzt aber sei klar, dass die beiden Polizeibeamten der Wasserschutzpolizei und der Schutzpolizei in Einzel- und Gruppenchats diese rassistischen und verherrlichenden Nachrichten gesendet und empfangen haben sollen. Zudem gerieten 13 weitere Chatpartner ins Visier der Polizeiermittler. Sie sollen sich «in unterschiedlichem Umfang» an den Chats beteiligt haben, wie es weiter hieß.
Alle 15 Verdächtigen im Alter von 44 bis 61 Jahren haben Disziplinarverfahren eingeleitet. Den aktiven Beamten wurden die Dienstausweise und -waffen entzogen, und sie dürfen die Hamburger Polizeidienststellen nicht mehr ohne triftigen Grund betreten.
Rassistische Chats von Polizisten kein Einzelfall
Strafrechtliche und dienstrechtliche Untersuchungen gegen Polizeibeamte wegen rassistischer Äußerungen oder Chats haben auch in anderen Bundesländern in letzter Zeit immer wieder stattgefunden. Im Jahr 2023 gab es 2023 Verfahren gegen Beamte des Polizeipräsidiums Recklinghausen, während im Jahr 2022 ein Berliner Polizist wegen Nachrichten mit menschenverachtenden Inhalten im Fokus der Ermittler stand.
In Hessen wurden zwischen 2014 und 2018 mehrere Polizeibeamte beschuldigt, in verschiedenen Chatgruppen Bilder und Videos mit verbotenem Inhalt geteilt zu haben. Es handelte sich hauptsächlich um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie volksverhetzende Inhalte.
Innensenator: Menschenfeindlichkeit hat bei Polizei keinen Platz
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) befürwortet die «notwendigen» disziplinarrechtlichen Maßnahmen. «Menschenfeindlichkeit und Demokratieverachtung haben in der Polizei Hamburg keinen Platz», sagte der Politiker laut Mitteilung. Er mahnte zudem an, dass das Fehlverhalten einzelner nicht den hohen Einsatz von mehr als 11.000 Polizistinnen und Polizisten diskreditieren dürfe. Sie stünden «jeden Tag für ein demokratisches, tolerantes und friedliches Miteinander in unserer Stadt» ein.
Auch Polizeipräsident Falk Schnabel betonte, dass «jegliche Form von Diskriminierung, Gewaltverherrlichung oder Fremdenfeindlichkeit» bei der Hamburger Polizei nicht akzeptiert würde. «Wir werden die Vorwürfe restlos aufklären und alle nötigen disziplinarrechtlichen Konsequenzen ziehen.» Die Polizei Hamburg stehe für die Werte des Grundgesetzes. «Wir sind daher alle aufgefordert, nicht wegzusehen, sondern aktiv einzuschreiten, wo auch immer uns Aussagen begegnen, die diesen Werten widersprechen.»