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Erneut schwere Angriffe – Kiew will Ölpreisgrenze halbieren

Angesichts beispielloser russischer Angriffe aus der Luft will die EU neue Sanktionen gegen Russlands Ölsektor erheben. Kiew fordert mehr. Die Angriffe gehen unvermindert heftig weiter.

Charkiw wird immer wieder zum Ziel russischer Kampfdrohnen.
Foto: Anatolii Lysianskyi/AP/dpa

Bei erneuten russischen Luftangriffen in der Ukraine gab es in der Nacht Tote und Dutzende Verletzte. In Charkiw wurden bei einem heftigen Drohnenangriff mindestens zwei Menschen getötet und mehr als 50 Menschen verletzt.

Die Angriffe erfolgen nach einer Reihe massiver Luftangriffe in den letzten Tagen. In diesem Zusammenhang treibt die EU neue Sanktionen gegen den russischen Ölsektor voran. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert die westlichen Industrieländer auf, ihre Preisobergrenze für russisches Öl zu halbieren.

Die Einnahmen Russlands aus dem Ölexport sollen durch die Öl-Preisobergrenze begrenzt werden, um die weltweite Energieversorgung nicht zu gefährden. Westliche Staaten dürfen russisches Öl nur erwerben, wenn der Preis diese Obergrenze nicht übersteigt.

Kinder unter den Verletzten

Russland hat erst in der Nacht zum Montag die benachbarte Ukraine mit dem bisher größten Drohnenangriff seit Kriegsbeginn überzogen. Vor kurzem wurde auch der bisher heftigste Angriff auf Charkiw gemeldet, bei dem mehrere Menschen getötet und zahlreiche verletzt wurden.

Bei den neuerlichen Angriffen diese Nacht waren unter den Verletzten auch acht Kinder, wie das Portal «Kyiv Independent» unter Berufung auf den Bürgermeister Ihor Terechow meldete. Er berichtete etwa von getroffenen Wohnhäusern, Spielplätzen und Geschäften sowie einem größeren Brand. Der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine zufolge wurden auch Gebäude von Unternehmen beschädigt. 

EU stellt neue Sanktionen vor – Selenskyj fordert mehr

Die aktuelle Preisobergrenze für russisches Öl beträgt 60 Dollar pro Barrel. Selenskyj plant, diese zu halbieren. «Jeder unserer Partner weiß, welcher Preisdeckel nötig ist – 30 Dollar (pro Barrel), nicht mehr», sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft. Selenskyj bezog sich auf den Vorschlag der EU-Kommission, die Preisobergrenze auf 45 Dollar zu senken.

Die Halbierung würde nach Ansicht Selenskyjs Russland tatsächlich unter Druck setzen, Frieden zu suchen. Andere Motive verstehe Moskau nicht. Er sei im Bilde darüber, dass der Westen derzeit über einen Preiskompromiss verhandle. «Schluss mit den Kompromissen gegenüber Russland», jeder dieser Kompromisse verzögere den Frieden, sagte Selenskyj. 

Die EU-Kommission hat neue Sanktionen gegen Russland vorgeschlagen, die den Energie- und Bankensektor der Atommacht betreffen sollen. Jedoch müssen die Mitgliedsländer den Maßnahmen noch zustimmen. Die Regierung der Slowakei hat bereits Widerstand gegen das 18. Sanktionspaket angekündigt. Bratislava ist besorgt über das geplante Ende des Imports von Gas, Öl und Kernbrennstoffen.

G7-Treffen gilt als richtungsweisend

«Die Ölpreisobergrenze ist eine Maßnahme der G7-Koalition, daher werden wir Ende dieser Woche oder Anfang nächster Woche beim G7-Gipfel in Kanada darüber beraten, wie wir gemeinsam vorgehen wollen», sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. 

Das Gipfeltreffen der sieben westlichen Industrienationen (G7) findet am 15. bis 17. Juni in Kanada statt. Mitglieder der «Gruppe der Sieben» sind Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA. Auch US-Präsident Donald Trump wird erwartet.

Trump gegenüber Russland abwartend

Trump hat bisher vermieden, neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen, und stattdessen den Druck auf die Ukraine erhöht. Er strebt damit an, den Krieg zu beenden. Im Gegensatz zu Joe Biden betrachtet Trump sich nicht als Unterstützer der Ukraine, sondern als Vermittler.

Derzeit wird im US-Senat jedoch ein neues Sanktionspaket gegen Russland vorbereitet. Auch Trump hatte Unzufriedenheit mit den heftigen russischen Angriffen gegen ukrainische Städte gezeigt.

Angriffswucht der Russen zuletzt stetig gestiegen

Russland hat in der Nacht zum Montag die Ukraine mit dem größten Drohnenangriff seit Kriegsbeginn überzogen. Die ukrainische Luftwaffe berichtete von 479 Kampfdrohnen vom Typ Shahed und ihren Attrappen, 4 Hyperschallraketen vom Typ Kinschal, 14 verschiedenen Marschflugkörpern und 2 Luft-Boden-Raketen vom Typ Ch-31. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden. Es gab mehrere Verletzte.

Auch zuvor gab es mehrere Nächte mit einer Rekordzahl an Drohnen. Laut Selenskyj sind die Angriffe mit zunehmender Anzahl von Drohnen keine Reaktion auf den ukrainischen Coup gegen die strategische Bomberflotte Russlands zu Monatsbeginn. Selenskyj betonte, dass Russland seit Monaten immer mehr Waffen bei den Angriffen einsetzt. Der Trend ist konstant und zeigt, dass Russland nicht am Frieden interessiert ist.

Moskau meldet Abschuss mehrerer Drohnen

In Woronesch, in der zentralrussischen Region, wurden laut der Nachrichtenagentur Tass mindestens fünf ukrainische Drohnen von der Luftabwehr abgefangen, wie Gouverneur Alexander Gussew berichtete. Es gab keine Verletzten oder Schäden. Der Flugverkehr an den Flughäfen in Kaluga und Saratow wurde vorübergehend eingeschränkt, so die Luftverkehrsbehörde.

Merz wirft Russland «Terror gegen die Zivilbevölkerung» vor

Bundeskanzler Friedrich Merz bezeichnete am Dienstag die jüngsten Angriffe als «Terror gegen die Zivilbevölkerung» und «schwerste Kriegsverbrechen». «Russland hat mit zahlreichen Drohnen und Marschflugkörpern gezielt und rücksichtslos eben die Zivilbevölkerung attackiert», sagte der CDU-Politiker nach einem Treffen mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Dick Schoof in Berlin. Das sei «alles andere als eine verhältnismäßige Antwort auf die sehr präzisen ukrainischen Schläge» gegen militärische Ziele in der vergangenen Woche.

dpa