Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Erneut schwere Kämpfe im Norden Gazas

Die USA sehen die Gefahr einer Hungersnot und wünschen sich von Israel noch mehr Hilfe für die Bewohner Gazas – zugleich bekommt der Verbündete weitere Milliarden. Die News im Überblick.

«Am 22. April verübten mit dem Iran verbündete Milizen zwei erfolglose Angriffe auf US-Streitkräfte im Irak und in Syrien», sagt Pentagon-Sprecher Pat Ryder in Washington.
Foto: Kevin Wolf/AP/dpa

Israels Streitkräfte haben sich im Norden des Gazastreifens, wo sie die Kampfeinheiten der islamistischen Hamas weitgehend aufgelöst hatten, erneut schwere Kämpfe geliefert. Die Armee habe ihre Einsätze im Norden sowie im zentralen Abschnitt des abgeriegelten Küstenstreifens intensiviert, berichtete die «Times of Israel».

Auch 200 Tage nach Kriegsbeginn wurden erneut Raketen aus Gaza auf Israels Grenzorte abgefeuert. Im Norden des abgeriegelten Küstengebiets droht laut Experten weiterhin eine Hungersnot. «Das Risiko einer Hungersnot im gesamten Gazastreifen ist sehr hoch, insbesondere im Norden», sagte David Satterfield, Sonderbeauftragter von US-Präsident Joe Biden für humanitäre Fragen im Nahen Osten.

Laut dem Pentagon wird der Bau eines temporären Hafens zur Lieferung von Hilfsgütern in das Küstengebiet, wie von den USA angekündigt, bald beginnen. Der US-Kongress hat mit Zustimmung des Senats gut 26 Milliarden Dollar an Unterstützung für Israel genehmigt, unter anderem für die Raketenabwehr. Etwa neun Milliarden Dollar sind für humanitäre Hilfe vorgesehen, darunter für den Gazastreifen.

Israels Armee kämpft weiter um Kontrolle über Norden Gazas

Das Wiederaufflammen der Gewalt in zuvor eingenommenen und weitgehend geräumten Gebieten im Norden Gazas zeige, wie schwer sich Israels Armee damit tue, die Lage unter Kontrolle zu bringen, schrieb das «Wall Street Journal». Einem israelischen Verteidigungsbeamten zufolge halten sich im nördlichen Gazastreifen immer noch mehrere tausend Kämpfer der Hamas auf, hieß es.

Die andauernden Kämpfe seien mit Blick auf die von Israel geplante Bodenoffensive gegen die letzten Bataillone der Hamas in Rafah im Süden Gazas ein «ernüchterndes Beispiel für die Schwierigkeit, Erfolge zu konsolidieren». Die Kontrolle über den Norden Gazas zu halten und zu festigen, brauche Zeit, zitierte die Zeitung einen ehemaligen Vize-Kommandeur des israelischen Militärs. Berichten zufolge rückt eine Bodenoffensive in Rafah an der Grenze zu Ägypten näher. Die dort vor den Kämpfen Schutz suchenden Hunderttausenden von Zivilisten sollen zuvor evakuiert werden. 

EU-Kommissar fordert Unterstützung für UNRWA

Der für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic rief angesichts der katastrophalen Lage der Menschen in Gaza dazu auf, das umstrittene Palästinenserhilfswerk UNRWA zu unterstützen. «Ich rufe die Geberländer auf, das UNRWA zu unterstützen – die Lebensader für die palästinensischen Geflüchtete», schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter). Er begrüßte den am Vortag veröffentlichten Untersuchungsbericht über das UNRWA, da dieser «die zahlreichen Systeme des Hilfswerks zur Einhaltung der Vorschriften sowie die Empfehlungen für deren weitere Verbesserung» hervorhebe. 

UNRWA geriet im Januar in die Schlagzeilen, weil Israel behauptete, zwölf Mitarbeiter seien in das Massaker der Hamas vom 7. Oktober verwickelt gewesen und die Organisation als Ganzes von der Hamas unterwandert. Einige der wichtigsten Geldgeber, darunter Deutschland, setzten Zahlungen daraufhin vorübergehend aus. Die USA nehmen die Zahlungen noch nicht wieder auf.

Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates der US-Regierung, John Kirby, sagte, die Finanzierung des UNRWA bleibe «natürlich noch immer ausgesetzt. Wir müssen hier echte Fortschritte sehen, bevor sich das ändert.»  Die USA würden weiter mit anderen Hilfsorganisationen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Menschen nötige Unterstützung erhielten.

Pentagon: Bau temporären Gaza-Hafens beginnt bald

Die US-Regierung hatte im März angekündigt, angesichts der humanitären Notlage im Gazastreifen einen temporären Hafen vor der Küste einrichten zu wollen, um Lebensmittel, Wasser und Medikamente in das Kriegsgebiet zu bringen. «Wir sind in der Lage, sehr bald mit dem Bau zu beginnen», sagte Pentagon-Sprecher Ryder. «Alle erforderlichen Schiffe befinden sich im Mittelmeerraum».

Die USA hatten angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen kürzlich ihren Verbündeten Israel zur raschen Ausweitung der Hilfslieferungen für die Zivilbevölkerung aufgefordert. Inzwischen habe Israel «bedeutende Schritte» unternommen, um den Fluss von Hilfen zu verbessern, sagte der US-Sonderbeauftragte für humanitäre Fragen, Satterfield. Es müsse aber noch mehr getan werden. Es bestehe immer noch die Gefahr einer Hungersnot im Norden Gazas, hieß es. 

Berichte über hungernde Kinder im Norden Gazas

Sollten die Menschen im Gazastreifen in großem Umfang zu verhungern beginnen, werde es nach Einschätzung von Experten zuerst den Norden treffen und dort zuerst die Schwächsten, schrieb die «New York Times» und nannte Kinder mit Vorerkrankungen, ältere Erwachsene und Säuglinge. Die Zeitung schilderte in ihrem Bericht unter anderem den herzzerreißenden Fall eines während des Kriegs zur Welt gekommenen Babys in Gaza, das nach Schilderung seiner Eltern seit seiner Geburt noch nie eine volle Mahlzeit zu essen bekommen habe.

Laut einem aktuellen Bericht von Oxfam müssen die Menschen im nördlichen Gazastreifen seit Januar mit durchschnittlich 245 Kalorien pro Tag auskommen. Es leben dort immer noch über 300.000 Menschen. Heute wird in Genf ein UN-Bericht über weltweiten Hunger präsentiert.

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker mit mehr als 1200 Toten, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive, beginnend im Norden des Gazastreifens. Später verlagerten sich die Kämpfe Richtung Süden. Inzwischen hätten sich Hamas-Kämpfer im Norden jedoch in kleineren Einheiten neu gruppiert und seien zu Guerilla-Taktiken übergegangen, berichtete das «Wall Street Journal».

In Anbetracht der hohen Zahl ziviler Opfer und der katastrophalen humanitären Lage in Gaza wurde Israel international kritisiert. Laut Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Beginn des Gaza-Kriegs bisher 34.183 Menschen in dem Küstenstreifen getötet und mehr als 77.000 weitere verletzt. Die Zahlen, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, sind nicht unabhängig überprüfbar.

dpa