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Erste Etappe der Koalitionsverhandlungen vor dem Abschluss

Der Weg zur Regierungsbildung ist steinig: In einigen Arbeitsgruppen von Union und SPD hat es ganz schön gerappelt. Mit der Wahl des Kanzlers haben es CDU und CSU plötzlich nicht mehr ganz so eilig.

Keine Gruppenfotos, keine Pressekonferenzen - bislang halten sich die Verhandler an ihre eigenen Vorgaben zum Ablauf der Koalitionsverhandlungen (Archivfoto)
Foto: Michael Kappeler/dpa

Auf dem Weg zum Koalitionsvertrag haben die Verhandlungsteams von CDU, CSU und SPD weitere gemeinsame Projekte und strittige Punkte identifiziert. Die größten Differenzen traten bei den Verhandlungen der Arbeitsgruppen auf, die teilweise bis Sonntag andauerten, insbesondere in Bezug auf Steuern, Sozialpolitik und die Eindämmung der irregulären Migration. Auch die von der SPD geforderte Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten zwölf Wochen war umstritten.

Alles, was noch nicht einheitlich entschieden wurde, wird in der kommenden Woche im kleinen Kreis diskutiert. In dieser Runde soll auch das Wahlrecht verhandelt werden, das die Union erneut ändern möchte.

Zumindest in der Zielbeschreibung waren sich die Teilnehmer der Gruppe einig, die sich mit Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau befasst hat. Es besteht allgemeine Übereinstimmung, dass das Bundespolizeigesetz reformiert werden muss, eine rechtssichere Verpflichtung zur Speicherung von IP-Adressen geschaffen werden sollte und Maßnahmen zum Schutz von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur festgelegt werden müssen, wie von der Europäischen Union gefordert.

Der Zeitplan:

  • Die Arbeitsgruppen liefern bis diesen Montag, 17.00 Uhr, das Ergebnis ihrer Beratungen in schriftlicher Form ab. Einige von ihnen haben dies bereits getan.
  • In den nächsten Tagen wird dieses Material gesichtet und zusammengeführt.
  • Noch vor dem Wochenende berät die sogenannte 19-er Runde, der neben den Parteivorsitzenden unter anderem auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius angehören. Die Runde spricht etwa darüber, wie die größten Meinungsverschiedenheiten aufgelöst werden könnten und was auf dieser Basis zum Ausarbeiten der Details an die Fachleute zurückgegeben wird.
  • Ursprünglich war vorgesehen, dass abschließende Fragen in der ersten Aprilwoche final geklärt werden. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat zwar bis spätestens Ostern die Regierungsbildung angepeilt, und auch Politikerinnen und Politiker der SPD mahnten zuletzt Tempo an. Doch bei der Union denken einige inzwischen, man sollte die eigene Verhandlungsposition nicht durch eine starre Zeitvorgabe schwächen.

Schulden als Schmierstoff für eine Koalition

Mit Zustimmung der Grünen haben sich Union und SPD für die kommenden Jahre zusätzlichen finanziellen Spielraum verschafft. Wie dieser – abgesehen von Investitionen in Verteidigung, Cybersicherheit, Zivilschutz und Klimaschutz – genutzt werden sollte, ist allerdings unter den Koalitionären umstritten. Auch die Frage, wie die steuerliche Entlastung konkret aussehen soll, ist noch nicht geklärt. Im Sondierungspaket steht dazu lediglich: «Wir werden die breite Mittelschicht durch eine Einkommensteuerreform entlasten» und «Wir steigen in der kommenden Legislaturperiode in eine Unternehmenssteuerreform ein.». 

Der Bundestag und der Bundesrat haben den Weg für ein Finanzpaket freigemacht, mit dem über neue Schulden Milliardenbeträge in Verteidigung und Infrastruktur investiert werden können. Es wird auch ein Sondervermögen eingerichtet, das von der Schuldenbremse ausgenommen ist und mit Krediten von bis zu 500 Milliarden Euro ausgestattet wird. Dieses Geld soll für die Instandsetzung der Infrastruktur verwendet werden. 100 Milliarden Euro werden an die Länder überwiesen, weitere 100 Milliarden Euro sollen direkt in den Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen.

Die Frage, was rechtsstaatlich möglich ist, um irreguläre Migration nach Deutschland zu reduzieren, und was nicht, bleibt zwischen CDU, CSU und SPD weiterhin umstritten.

Schatten hängen über den Verhandlungen

Die Verhandler sind nicht nur daran interessiert zu regieren, sondern auch daran, den weiteren Aufstieg der AfD zu verhindern. Der Verfassungsschutz stuft die Partei als Verdachtsfall im rechtsextremistischen Spektrum ein. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar erhielt die AfD 20,8 Prozent der Zweitstimmen und verdoppelte damit ihr Ergebnis im Vergleich zu 2021.

Der Druck auf die Verhandlungspartner wird auch durch die Unsicherheit verstärkt, die der Kurswechsel der US-Regierung unter Präsident Donald Trump ausgelöst hat. Dies betrifft die exportorientierte deutsche Wirtschaft, Verteidigungs- und Außenpolitik sowie den Einfluss sozialer Medien.

Investitionen in ….?

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hält Investitionen in die Bildungsinfrastruktur in Deutschland für vorrangig. Auf die Frage, in welche Baustellen er Geld aus dem neuen Sonderschuldentopf als allererstes geben würde, sagte er der «Bild am Sonntag»: «Da müssen wir jetzt priorisieren. Es muss in der Koalition entschieden werden. Aber die Bildungsinfrastruktur ist ein elementarer Punkt.» 

Miersch sagte weiter, er sei «auf alle Fälle für einen Kaufanreiz» für E-Autos. «Gerade für Menschen, die nicht ein neues Auto einfach mal so kaufen können. Da gibt es neben der Kaufprämie auch die Möglichkeit von Leasing. Darüber werden wir in den Koalitionsgesprächen befinden müssen.»

Um Ministerien und Personalien geht es erst zum Schluss

Erst wenn die inhaltlichen Fragen weitgehend geklärt sind, soll entschieden werden, wie der künftige Zuschnitt der Ministerien aussieht und welche Partei welchen Posten besetzen darf. Gibt es etwa auch in Zukunft ein eigenständiges Bauministerium? Die Baupolitik lag vor 2021 in der Verantwortung des Bundesinnenministeriums, davor beim Umweltressort.

Es wird weiterhin spekuliert über eine mögliche Eingliederung des Entwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt. Und ob es tatsächlich ein neues Digitalministerium geben wird, oder ob sich das Kanzleramt darum kümmern wird.

Bislang gibt es erste Anzeichen dafür, wer definitiv nicht Teil des zukünftigen Kabinetts der Parteiprominenz sein wird. Die Union hat bisher nur Ex-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner als Kandidatin für das Amt der Bundestagspräsidentin ins Rennen geschickt. Andrea Lindholz (CSU), die in den Koalitionsverhandlungen innere Sicherheit und Migration mitverhandelt hat, wird angeblich als Bundestagsvizepräsidentin gehandelt.

dpa