EU-Chefdiplomat Josep Borrell will politischen Dialog mit Israel aussetzen. Berichte zeigen Menschenrechtsverletzungen im Gazastreifen und Libanon.
EU setzt politischen Dialog mit Israel aus, um Menschenrechtsverletzungen anzuprangern
Als Reaktion auf die israelische Kriegsführung im Gazastreifen und im Libanon plant EU-Chefdiplomat Josep Borrell, den regelmäßigen politischen Dialog mit Israel vorübergehend auszusetzen. Diesen Vorschlag wird er beim Außenministertreffen am kommenden Montag den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorlegen, wie die Deutsche Presse-Agentur in Brüssel von EU-Beamten erfuhr. Hintergrund sind Berichte unabhängiger internationaler Organisationen, die darauf hindeuten, dass Israel Menschenrechte und internationales humanitäres Völkerrecht verletzt. Es wird jedoch als unwahrscheinlich angesehen, dass Borrells Vorschlag die erforderliche einstimmige Zustimmung erhalten wird.
Der politische Dialog der EU mit Israel wird durch ein sogenanntes Assoziationsabkommen aus dem Jahr 2000 geregelt. Dies beinhaltet einen regelmäßigen Austausch zur Stärkung der Beziehungen und zur Weiterentwicklung der Partnerschaft. Es wird auch festgehalten, dass die Beziehungen zwischen den Vertragsparteien auf der Achtung der Menschenrechte und der Grundsätze der Demokratie beruhen. Diplomaten betonen jedoch, dass das Aussetzen des institutionellen politischen Dialogs nicht bedeutet, dass das sogenannte Assoziationsabkommen oder der Assoziationsrat ausgesetzt werden.
Mehrere EU-Staaten fordern seit Monaten Konsequenzen
Borrell hatte bereits im Oktober angekündigt, dass er beim nächsten Treffen der Außenminister eine Diskussion über Israels Kriegsführung im Gazastreifen und im Libanon führen möchte. Laut Mitarbeitern des Spaniers könnten bei einer einstimmigen Bewertung gegen Israel sofort Maßnahmen ergriffen werden. Spanien und Irland hatten bereits vor Monaten vorgeschlagen, das Partnerschaftsabkommen zwischen der EU und Israel zu überprüfen. Dabei geht es nicht nur um den Dialog, sondern auch um die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Bereichen wie Industrie, Energie, Verkehr und Tourismus.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Vorschlag von Borrell, den Dialog auszusetzen, die erforderliche einstimmige Zustimmung erhält, da Länder wie Ungarn und Tschechien klar auf der Seite Israels stehen. Die Positionierung der Bundesregierung war zunächst unklar. In den letzten Monaten äußerten sich Vertreter mehrmals kritisch zu Vorschlägen für Sanktionen, da die Gesprächskanäle offen gehalten werden müssten.
Israel: Abschussrampe in humanitärer Zone im Gazastreifen zerstört
Währenddessen setzt sich das Blutvergießen im Konflikt Israels mit den Islamisten der Hamas im Gazastreifen und der Hisbollah-Miliz im Libanon fort. Gemäß israelischen Angaben zerstörten die israelischen Streitkräfte eine Raketenabschussrampe der Hamas in der humanitären Zone im Süden des Gazastreifens. Diese Rampe sei auf Israel gerichtet gewesen und habe eine direkte Bedrohung für die Zivilbevölkerung dargestellt. Nach den Explosionen infolge des Angriffs schloss das israelische Militär, dass in der Nähe der Abschussrampe große Mengen an Munition gelagert gewesen sein könnten. Die Streitkräfte beschuldigten die Hamas, die humanitäre Zone und zivile Gebäude für ihre terroristischen Aktivitäten zu nutzen.
Sechs israelische Soldaten im Libanon getötet
Laut der israelischen Armee wurden bei Kämpfen im Südlibanon sechs Soldaten getötet. Sie starben bei einem Schusswechsel mit vier Hisbollah-Terroristen in einem Gebäude, wie mehrere israelische Medien unter Berufung auf eine erste Untersuchung der Streitkräfte berichteten. Ein weiterer Soldat wurde bei dem Vorfall verletzt. Die Getöteten waren laut Militär zwischen 19 und 22 Jahren alt. Auf einer Gedenkseite der Armee wurde die Gesamtzahl der seit Beginn des Krieges im Gazastreifen und im Libanon gefallenen Soldaten mit 792 angegeben.
Der gegenwärtige Konflikt zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah begann vor mehr als einem Jahr mit den Raketenangriffen der libanesischen Miliz zur Unterstützung der im Gazastreifen unter Beschuss stehenden Hamas. Auslöser dafür war das Massaker der Hamas und anderer Terroristen am 7. Oktober 2023 in Israel, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und 250 weitere als Geiseln nach Gaza verschleppt wurden. Auf palästinensischer Seite wurden im Krieg Zehntausende Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten. Die genauen Zahlenangaben lassen sich faktisch nicht unabhängig überprüfen.
Israel: Waffen-Transportrouten in Syrien angegriffen
Israels Luftwaffe griff derweil Armeeangaben zufolge in Syrien Routen für den Waffenschmuggel an die Hisbollah an. Israels Militär sprach von Schmuggelrouten der syrischen Regierung. Menschenrechtsaktivisten zufolge wurden bei den Luftangriffen in der Nähe der Stadt Homs 15 Menschen verletzt, darunter Angehörige der syrischen Armee. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, Israel versuche «jeden möglichen Weg zu blockieren, den die Hisbollah für den Transport von Waffen oder militärischem Personal nutzen kann».