Druck auf Israel: EU erwägt Sanktionen wegen Militäroffensive und humanitärer Katastrophe
EU plant Sanktionen gegen Israel

Die Europäische Kommission schlägt den EU-Staaten vor, als Reaktion auf die Geschehnisse im Gazastreifen weitreichende Sanktionen gegen Israel zu verhängen. Ursula von der Leyen, die Leiterin der Behörde, möchte unter anderem die Freihandelsvorteile streichen und Strafmaßnahmen gegen extremistische israelische Minister und Siedler ergreifen.
Das Ziel des Vorstoßes besteht darin, Israel dazu zu bringen, seinen Kurs im Gazastreifen zu ändern. Nach Ansicht der Kommission verstößt das Land mit seiner Militäroffensive und der daraus resultierenden humanitären Katastrophe gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht.
Kommissionspräsidentin von der Leyen erklärte: «Die entsetzlichen Dinge, die sich täglich im Gazastreifen abspielen, müssen aufhören.» Es brauche eine sofortige Waffenruhe, ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe und die Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln.
Qualifizierte Mehrheit für Handelssanktionen notwendig
Laut der EU-Kommission würde die Aufhebung der Freihandelsvorteile für Israel 37 Prozent der israelischen Warenexporte in die EU betreffen. Da die EU der wichtigste Handelspartner Israels ist, könnte dieser Vorschlag der Kommission vor allem Druck auf die israelische Regierung ausüben.
Möglich ist jedoch auch, dass EU-Länder wie Deutschland und Italien schnell klarstellen, dass sie den Vorschlag von der Leyen nicht unterstützen. Im Rat der Mitgliedstaaten müssten 15 der 27 EU-Länder zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen, damit er angenommen werden kann. Ohne ein Ja aus Rom oder Berlin ist dies derzeit nicht absehbar, da auch einige kleinere Länder wie Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Österreich bisher gegen strenge Israel-Sanktionen waren.
Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte bereits vor der offiziellen Vorstellung an Deutschland und Italien appelliert, die Pläne für europäische Handelssanktionen gegen Israel zu unterstützen oder alternativ andere Druckmittel vorzuschlagen. «Wenn wir uns einig sind, dass die Lage unhaltbar ist und wir die israelische Regierung zum Kurswechsel bringen wollen, dann müssen wir klären: Was können wir dafür tun?», sagte sie in einem Interview des Senders Euronews. Wer vorgeschlagene Maßnahmen als Reaktion auf Israels Vorgehen im Gazastreifen nicht unterstütze, solle bitte Alternativen nennen. Zu den geplanten Handelssanktionen sagte Kallas, diese würden für Israel hohe Kosten verursachen.
Gemäß EU-Daten machte der Handel Israels mit der EU im Jahr 2024 rund 32 Prozent des gesamten internationalen israelischen Warenhandels aus. Das Gesamthandelsvolumen zwischen der EU und Israel belief sich 2024 auf 42,6 Milliarden Euro. Die Einfuhren der EU aus Israel betrugen dabei 15,9 Milliarden Euro, während die Ausfuhren der EU nach Israel einen Wert von 26,7 Milliarden Euro hatten.
Finanz- und Polizeiminister im Visier
Die israelischen Minister, die von der EU-Kommission sanktioniert werden sollen, sind Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir. Ihnen wird Menschenrechtsverletzungen und Aufstachelung zum Hass vorgeworfen. Zudem schlägt die Kommission auch neue Sanktionen gegen die palästinensische Terrororganisation Hamas vor. Sie hatte den Gaza-Krieg ausgelöst, indem sie am 7. Oktober 2023 gemeinsam mit anderen Extremisten einen Terrorangriff auf Israel ausübte und dabei rund 1.200 Menschen tötete und mehr als 250 weitere verschleppte.
Israel hat den Sanktionsvorstoß der Kommission bereits vor der Vorlage von Details scharf kritisiert. Israels Außenminister Gideon Saar schrieb in einem Brief an von der Leyen, es sei «unverhältnismäßig» und «beispiellos», wegen des israelischen Vorgehens im Gazastreifen bestimmte Handelsvorteile aussetzen zu wollen. Ein solcher Vorschlag sei im Falle anderer Länder noch nie umgesetzt worden, kritisierte Saar.
Die EU-Kommission verlasse sich auf Angaben der Hamas und spiele der Terrororganisation damit in die Hände. Israel sei der Gaza-Krieg nach dem Hamas-Terroranschlag aufgezwungen worden. Man werde sich nicht «von Drohungen einschüchtern lassen», solange die Sicherheit des Landes gefährdet sei.