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EU-Kommission will Defizitverfahren gegen Österreich starten

Österreich hatte die Krisen der vergangenen Jahre mit staatlichen Ausgaben bekämpft. Nun reagiert die EU. Was bedeutet das für Wien?

Die EU-Kommission beaufsichtigt, ob die EU-Länder die Regeln für Haushaltsdefizite und Staatsschulden einhalten.
Foto: Florian Wieser/APA/dpa

Die Europäische Kommission plant, gegen Österreich ein Strafverfahren wegen übermäßiger Neuverschuldung einzuleiten. Laut der Brüsseler Behörde, die für die Einhaltung der EU-Schuldenregeln zuständig ist, hat das Land ein übermäßiges Defizit. Das Ziel des Defizitverfahrens ist es, Staaten zu einer soliden Haushaltsführung zu bringen.

Im vergangenen Jahr betrug das staatliche Defizit der Alpenrepublik 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung – es liegt damit deutlich über der EU-Obergrenze von 3 Prozent. Gleichzeitig steckt Österreich in einer Wirtschaftskrise mit starker Teuerung, schwacher Konsumnachfrage und anhaltender Rezession. Laut einer Prognose der EU-Kommission ist Österreich das einzige EU-Mitglied, dessen Wirtschaft dieses Jahr schrumpfen wird. Die aktuelle Regierung plant, die Staatsausgaben bis 2029 um insgesamt 54 Milliarden Euro zu reduzieren.

EU-Kommission für Aufsicht zuständig

Die Einhaltung der Vorgaben für Haushaltsdefizite und Staatsschulden in den EU-Ländern wird von der EU-Kommission überwacht. Jeder Mitgliedstaat der EU muss sich an die europäischen Schuldenregeln halten. Gemäß dem Regelwerk darf die Neuverschuldung höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen.

Im Verfahren gegen Österreich folgen nun die Stellungnahmen des Wirtschafts- und Finanzausschusses. Anschließend plant die Kommission, ihre Stellungnahmen abzugeben, um das Vorliegen eines übermäßigen Defizits zu bestätigen. Danach wird die Kommission den EU-Finanzministern vorschlagen, Empfehlungen zur Defizitreduzierung auszusprechen.

Wien nicht überrascht

Der Schritt kommt für Österreich nicht überraschend. Die Regierung aus konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos hatte bereits mehrmals die Möglichkeit eines Defizitverfahrens erwähnt. Die vorherige Regierung aus ÖVP und Grünen hatte die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges durch teure Unterstützungsmaßnahmen gemildert. Darüber hinaus wurden verschiedene Umweltförderungen umgesetzt.

Defizitverfahren sollen solide Haushaltsführung bewirken 

Wenn ein Strafverfahren eingeleitet wird, muss ein Land Maßnahmen ergreifen, um die Verschuldung und das Defizit zu verringern. Dies soll insbesondere die Stabilität der Eurozone gewährleisten. Theoretisch sind bei fortgesetzten Verstößen auch Strafen in Milliardenhöhe möglich. In der Praxis wurden diese jedoch noch nie verhängt.

Die Defizitverfahren wurden vorübergehend aufgrund der Corona-Krise und der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgesetzt. Im letzten Jahr leitete die Kommission auch Verfahren gegen Frankreich, Italien, Belgien, Ungarn, Malta, Polen und die Slowakei ein. Die Kommission gab nun bekannt, dass derzeit keine weiteren Schritte in den Verfahren gegen die meisten dieser Länder unternommen werden müssen. Ein Verfahren läuft auch gegen Rumänien.

Regelwerk jüngst reformiert

Die Regeln für Staatsschulden und Defizite, auch bekannt als Stabilitäts- und Wachstumspakt, wurden 2024 nach langen Diskussionen reformiert. Es bleibt grundsätzlich bestehen, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf, neben der Obergrenze für die Neuverschuldung.

Im letzten Jahr erreichte Deutschland eine Defizitquote von 2,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und bleibt somit innerhalb des vorgeschriebenen Rahmens.

Um sicherzustellen, dass die Finanzen solide sind, muss jedes Land in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission, die für die Aufsicht zuständig ist, einen Haushaltsplan für vier Jahre erstellen. Unter bestimmten Bedingungen, wie beispielsweise wenn sich ein Land zu wachstumsfördernden Reformen und Investitionen verpflichtet, kann der Plan auf sieben Jahre ausgedehnt werden. Ebenso haben Länder die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung für Investitionen in Rüstungsgüter zu nutzen.

dpa