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EU-Umweltminister ringen um Klimaziele bis 2040

Die EU plant, Treibhausgase bis 2040 um 90 Prozent zu reduzieren. Einigkeit ist nötig für die Zukunft und die COP30.

Laut EU-Klimagesetz muss die Staatengemeinschaft neben bestehenden Zielen für 2030 und 2050 auch festlegen, um wie viel Prozent die Treibhausgase bis 2040 reduziert werden. (Archivfoto)
Foto: Monika Skolimowska/dpa

Wie viel weniger Treibhausgase sollen die EU-Länder bis 2040 ausstoßen – und wie soll das erreicht werden? Nach langem Ringen um Zahlen und mögliche Flexibilität kommen heute in Brüssel die Umweltminister und -ministerinnen der EU zusammen, um ein Klimaziel bis 2040 festzuzurren. Zudem sollen sie sich auf einen Klimaplan bis 2035 einigen. Der wird für die in wenigen Tagen beginnende Weltklimakonferenz COP30 in Brasilien gebraucht – und hätte längst eingereicht werden müssen.

Die Zeit drängt auch unabhhängig von Konferenzen, wie es gewaltige Überschwemmungen oder Dürren immer wieder zeigen. Die genaue Temperatur, auf die die Erderwärmung derzeit zusteuert, wird heute Nachmittag in einem Bericht der Vereinten Nationen bekanntgegeben.

Worüber genau wird in Brüssel verhandelt?

Gemäß dem EU-Klimagesetz muss die Staatengemeinschaft neben den bestehenden Zielen für 2030 und 2050 auch festlegen, um wie viel Prozent die Treibhausgase bis 2040 reduziert werden sollen. Die EU-Kommission schlägt vor, die Emissionen in den nächsten 15 Jahren um 90 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Dieser Vorschlag basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Zustimmung der Mehrheit der EU-Staaten und des Europaparlaments ist noch erforderlich.

In verschiedenen Ländern gibt es jedoch Widerstand – sie verweisen beispielsweise auf wirtschaftliche Belastungen, Probleme der Industrie und ein angespanntes geopolitisches Umfeld. Für den Beschluss ist eine sogenannte qualifizierte Mehrheit erforderlich. Dafür müssen 15 der 27 EU-Staaten zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung repräsentieren.

Was wird diskutiert? 

Es wird intensiv darüber verhandelt, ob die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent oder weniger reduziert werden sollen. Zusätzlich wird diskutiert, wie genau dieses Ziel erreicht werden soll. Bisher musste die EU ihre Klimaziele durch die Reduzierung von Treibhausgasen auf eigenem Territorium erreichen. Ebenso wird erörtert, wie die Überprüfbarkeit des Ziels im Gesetzestext festgelegt werden kann.

Ferner sollen laut Kommissionsvorschlag nun bis 2040 drei Prozent durch international anerkannte Klimazertifikate kompensiert werden dürfen. Einige Länder wollen mehr. Linda Kalcher von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives sagt, es bestehe die Gefahr, dass viele Länder fünf Prozent internationale Klimazertifikate nutzen wollten. «Was nach einem Freifahrtschein für die europäische Wirtschaft klingt, sorgt allerdings in der Realität dafür, dass dieses Geld außerhalb der EU investiert wird.»

Worüber wird noch verhandelt?

Zusätzlich muss heute bei dem Treffen noch ein Klimaplan für das Jahr 2035 beschlossen werden. Dieser Plan muss bei der COP30 bei den Vereinten Nationen vorgelegt werden. Die EU hat bereits zwei Fristen verpasst, nun ist es kurz vor der Klimakonferenz die letzte Möglichkeit. Bisher konnten sich die Länder nicht offiziell auf ein Ziel zur Reduzierung von Treibhausgasen für die nächsten zehn Jahre einigen, sondern nur auf eine Absichtserklärung mit einem Zielkorridor. Darin wird festgehalten, dass die EU ihre Emissionen bis 2035 um 66,25 Prozent bis 72,5 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren will.

Das Ziel muss noch offiziell beschlossen werden. Es wird noch diskutiert, ob man mit einer konkreten Zahl oder einer Spannbreite als Ziel nach Brasilien reist – und wie diese Zahl oder Spannbreite genau aussehen sollen. Der Klimaplan bis 2035 muss einstimmig beschlossen werden. Die EU gilt als weltweiter Vorreiter in der Klimapolitik – und das Ergebnis der Verhandlungen wird den Ton für die jährliche UN-Klimakonferenz prägen.

Welche Rolle spielt Deutschland?

Bis jetzt war es unmöglich, eine Einigung für ein EU-Klimaziel für 2040 sowie bis 2035 unter den Mitgliedsstaaten zu erzielen, aufgrund des Widerstands mehrerer EU-Staaten – Frankreich und Polen waren bis zuletzt skeptisch.

Auch Deutschland sorgte dafür, dass es bislang zu keiner ausreichenden Mehrheit kam, obwohl der Vorschlag der EU-Kommission in den wesentlichen Punkten den im Koalitionsvertrag festgehaltenen Klimazielen der schwarz-roten Bundesregierung entspricht: Man wollte zuerst bei einem Treffen der Staats- und Regierungschefs über das Thema sprechen. Vor der Zusammenkunft der Minister nun sagte Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD): «Deutschland unterstützt den 90-Prozent-Vorschlag der Kommission, weil er in Einklang mit unseren nationalen Vorgaben steht.»

Was passiert, wenn man sich nicht einigen kann?

EU-Diplomaten geben keine konkrete Antwort auf diese Fragen. Es ist jedoch klar, dass die EU Gefahr läuft, mit leeren Händen zur Weltklimakonferenz zu reisen, wenn sie sich nicht auf ein Ziel für das Jahr 2035 einigt.

Wäre das denn ein Problem?

Ohne ein starkes Signal der EU wird es noch unwahrscheinlicher, dass die Weltgemeinschaft sich in Brasilien auf einen entschlosseneren Kampf gegen die Klimakrise einigt. Im vergangenen Jahr haben die Vereinten Nationen berechnet, dass die Erde bis zum Ende des Jahrhunderts mit einer Erwärmung um 3,1 Grad konfrontiert sein könnte, wenn die derzeitige weltweite Klimapolitik beibehalten wird. Dies würde zu häufigeren und intensiveren Extremwetterereignissen führen und dazu führen, dass viele Regionen der Welt unbewohnbar werden. Am Dienstagnachmittag wird das UN-Umweltprogramm UNEP seine Bewertung dazu vorlegen, wie sich diese Prognose entwickelt hat und welche Rolle die bereits eingereichten Klimapläne spielen.

dpa