Immer wieder reißen Wölfe Nutztiere wie Schafe oder Ziegen. Der Schutz des Wolfs ist daher ein heiß diskutiertes Thema. Das Europäische Parlament geht nun einen maßgeblichen Schritt.
EU-Parlament macht Weg für mehr Wolf-Abschüsse frei
Wölfe sollen in der EU künftig leichter abgeschossen werden können. Eine Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments stimmte in Straßburg im Eilverfahren dafür, den Status von «streng geschützt» auf «geschützt» abzusenken. Die Maßnahme muss noch von den EU-Mitgliedsstaaten angenommen werden, das gilt aber als wahrscheinlich. Sie hatten sich bereits mehrheitlich für eine Absenkung ausgesprochen. Viele Länder wollen Wölfe vermehrt abschießen, um ihre Weidetiere zu schützen.
Koalition will Erleichterung direkt umsetzen
Nach diesem Beschluss könne Deutschland das nationale Recht ändern, damit der reduzierte Schutzstatus des Wolfs wirksam werde, sagte eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums auf dpa-Anfrage. Es gebe keinen «Automatismus», wonach eine Änderung der FFH-Richtlinie sich direkt auf deutsches Recht auswirke. Dazu seien Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz und gegebenenfalls im Bundesjagdgesetz notwendig.
Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung ist festgehalten, dass die Entscheidung auf EU-Ebene unverzüglich in deutsches Recht übernommen werden soll. Man sorge für eine «rechtssichere Entnahme» von Wölfen und nehme diesen umgehend ins Jagdrecht auf.
«Auch künftig bleibt der Wolf eine geschützte Tierart. Der Wolf wird nicht pauschal zum Abschuss freigegeben», so die Sprecherin weiter. In Zukunft könnten problematische Wölfe aber einfacher abgeschossen werden. «Es ist in unserem Sinne, dass Regionen, in denen es vermehrt zu Problemen kommt, eine leichtere Handhabe im Umgang mit dem Wolf bekommen.» Auch der Bundesrat hatte zuletzt zu einem leichteren Abschuss gedrängt.
EU räumt Mitgliedsstaaten mehr Spielraum ein
Hintergrund der Änderung ist ein Vorschlag der EU-Kommission, der auf frühere Forderungen des Parlaments zurückgeht. Konkret soll die sogenannte Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) in Bezug auf den Wolf geändert werden. So hätten die Mitgliedsstaaten mehr Spielraum im Umgang mit ihren Wolfspopulationen – unter der Bedingung, einen «günstigen Erhaltungszustand» als übergeordnetes Ziel zu wahren.
Kritik von Grünen und Tierschützern
Kritik zu dem Beschluss kommt unter anderem von den Grünen. Sie bemängeln, es gebe keine wissenschaftliche Grundlage für die Entscheidung. Nutztiere wie Schafe könnten auch ohne mehr Abschüsse besser geschützt werden.
Der Europaabgeordnete Sebastian Everding von der deutschen Tierschutzpartei empfindet das gesamte Vorgehen als «skandalös». «Wir befinden uns im rasantesten Artensterben der Erdgeschichte und die EU hat auf ein von Menschen zu verantwortendes Problem – Weidehaltung ohne ausreichenden Herdenschutz – nur das Töten einer streng geschützten Art als Antwort.»
Der umweltpolitische Sprecher der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Peter Liese, betont hingegen: «Die Menschen haben Angst vor dem Wolf.» Zwar habe es bislang glücklicherweise keine tödlichen Angriffe auf Menschen gegeben, bei Haustieren sehe das jedoch anders aus.
Landwirte klagen über zunehmende Risse
Die Debatte über den Wolf wird mit viel Emotion geführt. Es gibt eine Zunahme von Rissen an Nutztieren wie Schafen und Rindern, was laut Landwirten ein ernsthaftes Problem für die Weidetierhaltung darstellt. Herdenschutzmaßnahmen gegen Wölfe werden anscheinend immer häufiger umgangen. Es gibt Berichte, wonach Wölfe sogar teilweise in Ställe eindringen sollen.
Die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) verzeichnet bis zum Jahr 2023 einen starken Anstieg der Anzahl von getöteten und verletzten Nutztieren durch Wölfe in den letzten zehn Jahren. Im Jahr 2023 wurden nachweislich 5.727 Tiere geschädigt, hauptsächlich Schafe.
Wolf war ausgerottet
Laut dem Artenschutzorganisation WWF wurde der Wolf im Westeuropa und somit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Er überlebte nur im Osten und Süden Europas. Die sächsische Fachstelle Wolf berichtet, dass in den 1970er und 1980er Jahren ein Umdenken stattfand und der Wolf in vielen europäischen Ländern unter Schutz gestellt wurde.
Gemäß dem Bundesumweltministerium wurden im Monitoringjahr 2023/2024 etwa 1.600 Wölfe in Deutschland bestätigt – mit steigender Tendenz. Der deutsche Bauernverband schätzt die Anzahl der Tiere auf 1.800 bis 3.300. Das Europäische Umweltbüro (EEB) – ein Dachverband von Umweltorganisationen – geht davon aus, dass es in Europa mehr als 20.000 Tiere gibt.