Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Neue EU-Kommission unter von der Leyen abgestimmt

Die EU setzt neue Schwerpunkte in der Verteidigung und Handelspolitik, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Ursula von der Leyen kann wohl bald eine neue Amtszeit ihrer Kommission einläuten (Archivbild).
Foto: Virginia Mayo/AP

Nach langwierigen Auseinandersetzungen stimmt das Europaparlament heute über die Besetzung der neuen EU-Kommission unter Ursula von der Leyen ab. Zuvor hatten bereits die Ausschüsse des Parlaments grünes Licht für die 26 Kommissarinnen und Kommissare gegeben. Wenn auch das Plenum wie erwartet zustimmt, kann die neue EU-Kommission am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen.

Große Herausforderungen für neue EU-Kommission

Es wird erwartet, dass Kommissionspräsidentin von der Leyen in ihrer zweiten Amtszeit andere Schwerpunkte setzt als bisher. War bei ihrem Antritt 2019 die Klimakrise eines der treibenden Themen, dürften nun andere Probleme in den Fokus rücken: Mit den Kriegen in der Ukraine und in Gaza, dem Amtsantritt von Donald Trump in den USA und dem schwelenden Handelsstreit mit China steht die EU vor der großen Frage, wie sie wettbewerbsfähig und wehrhaft bleiben kann.

Von der Leyen setzt ein Zeichen für veränderte Schwerpunkte mit der Einführung des neuen Postens des Verteidigungskommissars. Andrius Kubilius, Litauens ehemaliger Ministerpräsident, wird in Zukunft dafür verantwortlich sein, Europa militärisch unabhängiger zu machen und Investitionen in europäische Rüstungsprojekte zu erleichtern.

Der Krieg in der Ukraine wird voraussichtlich auch die estnische Kaja Kallas beschäftigen: Als neue Chefdiplomatin der EU wird sie mit der Tatsache konfrontiert sein, dass die Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg derzeit nachlässt – während die EU in anderen Konflikten wie beispielsweise im Nahen Osten nur begrenzten Einfluss ausüben kann.

Es ist wichtig, die EU neben den sicherheitspolitischen Herausforderungen krisensicher im Wettbewerb mit China oder den USA zu machen. Der designierte EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič übernimmt einen Handelskonflikt mit China: Die EU wirft Peking vor, durch Subventionen den Wettbewerb zu verzerren, und hat im letzten Monat zusätzliche Zölle auf chinesische E-Autos beschlossen. China prüft derzeit mögliche Gegenmaßnahmen, die auch deutsche Autobauer betreffen könnten.

Der Kampf gegen unerwünschte Migration bleibt weiterhin ein aktuelles Thema. Der bisherige österreichische Finanzminister Magnus Brunner wird als neuer Kommissar damit beauftragt sein, den umstrittenen Migrationspakt umzusetzen. Dies wird keine leichte Aufgabe sein, da das Thema immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ländern führt – zuletzt hatte Deutschland mit vorübergehenden Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen eine Diskussion ausgelöst.

Von der Leyen überraschte mit Nominierungen – und sorgte für Streit

Die Abstimmung findet knapp sechs Monate nach der Europawahl statt, bei der Ursula von der Leyens Mitte-Rechts-Bündnis EVP die meisten Stimmen erhielt. Im Juli wurde sie für ihre zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin bestätigt und stellte ihr Wunschteam im September vor. Die Nominierung des Italieners Raffaele Fitto sorgte für besonderes Aufsehen, da er künftig unter anderem für Reformen zuständig sein soll, einschließlich des Europäischen Sozialfonds und eines Fördertopfes für regionale Entwicklung. Obwohl Fitto vielen in Brüssel als politisch gemäßigt und proeuropäisch gilt, wehrten sich die Sozialdemokraten im Parlament heftig dagegen, dass ein rechter Politiker aus der Regierung von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eine herausgehobene Position wie die des Vizepräsidenten erhält.

Als Gegenleistung blockierte die EVP, zu der auch CDU und CSU gehören, vorerst die Ernennung der Sozialistin Teresa Ribera zur Kommissarin für Wettbewerbspolitik und grünen Wandel. Konservative und rechte Abgeordnete kritisieren die derzeitige spanische Umweltministerin für ihr Versagen während der schweren Überschwemmungen in der Region Valencia. Nach langen Verhandlungen einigten sich schließlich die großen Fraktionen im Parlament, so dass sowohl Fitto als auch Ribera nun wahrscheinlich ihr Amt antreten können.

Der ungarische Oliver Varhelyi war auch umstritten, weil er loyal zum autoritär regierenden ungarischen Ministerpräsidenten Orban steht. Letztendlich einigten sich die großen Fraktionen darauf, Teile seines Portfolios wie Gesundheit und Tierschutz anderen Kommissaren zu übertragen – laut dpa-Informationen beispielsweise die Bereiche sexuelle Diskriminierung und Selbstbestimmung. Kritiker werfen Orban vor, die Rechte von Frauen und sexuellen Minderheiten in Ungarn eingeschränkt und unter anderem das Abtreibungsrecht verschärft zu haben.

Die EU-Kommission, die über rund 32.000 Mitarbeiter verfügt, ist die einzige Institution in der Europäischen Union, die Gesetze für die Staatengemeinschaft vorschlägt und die Einhaltung des EU-Rechts überwacht. Jeder der 27 EU-Staaten durfte mindestens eine Kandidatin oder einen Kandidaten nominieren. Da die Deutsche Ursula von der Leyen die Behörde leitet, gibt es keinen zusätzlichen deutschen Kommissar.

dpa