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EU plant massive Aufrüstung bis Ende des Jahrzehnts

Staats- und Regierungschefs beschließen, Europas Verteidigungsbereitschaft in den nächsten fünf Jahren entscheidend zu stärken.

Die EU will in den kommenden fünf Jahren Milliardensummen für Aufrüstung mobilisieren. (Archivbild)
Foto: Sergei Grits/AP/dpa

Die EU plant, bis zum Ende des Jahrzehnts eine massive Aufrüstung durchzuführen. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten haben beim Frühjahrsgipfel beschlossen, alles zu tun, um die Verteidigungsfähigkeit Europas in den nächsten fünf Jahren deutlich zu stärken, wie die Deutsche Presse-Agentur aus mehreren Delegationen erfuhr. Dazu sollen unter anderem die Arbeiten an den neuesten Vorschlägen der EU-Kommission schnell vorangetrieben werden.

Die Behörde unter der Leitung von Präsidentin Ursula von der Leyen plant, für Rüstungsprojekte EU-Kredite in Höhe von 150 Milliarden Euro zu vergeben und Verteidigungsausgaben von den strengen EU-Schuldenregeln auszunehmen. Laut dem Plan sollen in den nächsten vier Jahren insgesamt 800 Milliarden Euro mobilisiert werden. Außerdem ist vorgesehen, Auflagen und Vorschriften für die Rüstungsindustrie zu lockern. Die Pläne sollen es ermöglichen, die Ukraine, die von Russland angegriffen wurde, künftig noch stärker militärisch zu unterstützen.

Reale Möglichkeit eines großangelegten Krieges

Hintergrund der Planungen ist, dass sich die EU nach Einschätzung der Europäischen Kommission umgehend auf die Möglichkeit eines großangelegten Krieges mit Russland vorbereiten muss. «Die Geschichte wird uns Untätigkeit nicht verzeihen», warnte die Kommission in einem kurz vor dem Gipfel vorgelegten Strategiepapier zur Zukunft der europäischen Verteidigung. Sollte Russland seine Ziele in der Ukraine erreichen, werde das Land seine territorialen Ambitionen darüber hinaus ausdehnen. Als möglicher Zeitraum dafür wird das Jahr 2030 genannt.

Bekenntnis zur Nato

Die Lage gilt als besonders gefährlich, da US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, dass die atomare Supermacht USA künftig nicht mehr bedingungslos als Garant für Frieden in Europa zur Verfügung stehen wird. In der Gipfelerklärung wird jedoch betont, dass die EU dennoch auf ein Überleben der Nato setzt.

«Der Europäische Rat erinnert daran, dass eine stärkere und leistungsfähigere Europäische Union im Bereich der Sicherheit und Verteidigung einen positiven Beitrag zur globalen und transatlantischen Sicherheit leisten und eine Ergänzung zur Nato darstellen wird», heißt es in dem Text. Für die 23 EU-Staaten, die auch Nato-Mitglied seien, bleibe diese weiterhin die Grundlage ihrer kollektiven Verteidigung.

Scheidender Kanzler sieht Deutschland auf Kurs

Der abtretende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz wies in Brüssel darauf hin, dass derzeit in der Bundesrepublik bereits ein großes neues Finanzpaket für die Aufrüstung geplant ist. Es sei erfreulich, dass der Bundestag in Berlin diese Woche eine sehr umfassende Verfassungsänderung verabschiedet habe, sagte er. Diese solle die Finanzierung für die Verteidigung Deutschlands, die Zusammenarbeit in Europa und weitere Ukraine-Hilfen sicherstellen.

Der Gipfel wurde durch die Ankündigung Ungarns überschattet, dass keine neuen EU-Entscheidungen zugunsten der Ukraine akzeptiert werden. Wie bereits beim Sondergipfel am 6. März konnte deshalb kein gemeinsamer EU-Text dazu verabschiedet werden.

Die ungarische Regierung erklärt, dass sie die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump unterstützt. Dieser strebt auch durch Druck auf die Ukraine eine Waffenruhe im Krieg an, den Russland mit seinem Angriff auf das Nachbarland im Februar 2022 begonnen hat. Die meisten EU-Staaten halten jedoch Trumps Politik für falsch und gefährlich. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson bezeichnete das Vorgehen auf dem Gipfel als schrecklich.

Diskussion um neue EU-Schulden

Mehrere Länder haben auch betont, dass das von der Kommission geschnürte Finanzpaket nicht weit genug geht. Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte, dass nicht nur über Darlehen, sondern auch ernsthaft über eine erneute, großangelegte Schuldenaufnahme der EU-Staaten, über sogenannte Eurobonds, diskutiert werden sollte. Dies wurde bisher nur während der Corona-Pandemie zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen getan.

Länder wie Deutschland, die Niederlande und Österreich lehnen eine Wiederholung aber bislang kategorisch ab. Der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof sagte in Brüssel: «Wir sind gegen Eurobonds. Das ist nicht neu.» Es müsse auf finanzielle Stabilität geachtet werden.

Vermutlich letzter regulärer Gipfel für Scholz

Es wird angenommen, dass die Reise nach Brüssel für Kanzler Scholz wahrscheinlich die letzte zu einem regulären EU-Gipfel war. Die nächste planmäßige Tagung der europäischen Staats- und Regierungschefs findet erst Ende Juni statt. Es wird erwartet, dass bis dahin Friedrich Merz (CDU) vom Bundestag zum nächsten deutschen Bundeskanzler gewählt wird.

dpa