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Europa verstärkt Bemühungen um Frieden in der Ukraine

Macron mahnt Schulterschluss mit den USA an und betont Wichtigkeit der Koordination zwischen europäischen Ländern.

Macron und Tusk beraten über Ukraine.
Foto: Piotr Nowak/PAP/dpa

Europa bemüht sich im Ukraine-Krieg angesichts des Machtwechsels in den USA verstärkt um Einfluss bei einer von Washington angestrebten Beendigung des Konflikts. Es geht auch um Sicherheitsgarantien für das von Russland angegriffene Land, einschließlich der Frage einer möglichen Friedenstruppe. Nach einem Treffen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Warschau forderte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Schulterschluss mit den USA.

«Wir müssen also sehr eng mit den Amerikanern und natürlich mit der Ukraine zusammenarbeiten, um einen Weg zu finden, der die Interessen der Ukraine, ihre Souveränität, und die Interessen der Europäer und ihre Sicherheit berücksichtigt», sagte Macron. Die Koordination zwischen den europäischen Ländern sei wichtig, wenn es um Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach einer möglichen Friedenslösung gehe.

Nato-Staaten beraten über Überwachung von Waffenstillstand

Macron ging nicht ausdrücklich auf die Diskussion über eine Friedenstruppe mit ausländischen Soldaten in der Ukraine ein. Laut der Deutschen Presse-Agentur haben Vertreter mehrerer Nato-Staaten seit Wochen vertrauliche Gespräche darüber geführt, wie ein möglicher Waffenstillstand in der Ukraine überwacht werden könnte. Der Hintergrund ist das Szenario, dass Donald Trump als US-Präsident versuchen könnte, die Ukraine und Russland zu Verhandlungen zu drängen.

Tusk wies Medienberichte zurück, wonach sich sein Land nach einer Beendigung des Krieges in der Ukraine an einer Friedenstruppe beteiligen will. «Momentan planen wir keine solchen Aktionen». In unbestätigten Berichten hatte es zuvor geheißen, bei dem Gespräch könne es auch um Überlegungen gehen, nach dem Krieg eine Friedenstruppe aus ausländischen Soldaten in der Ukraine zu stationieren.

Polen will bei Friedenstruppe nicht dabei sein 

Laut dem polnischen Radiosender Rmf.fm wird Polen wahrscheinlich das logistische Zentrum für eine europäische Friedenstruppe in der Ukraine bereitstellen, aber keine Soldaten entsenden. Aus historischen Gründen möchte Warschau auch keine Streitkräfte in das Nachbarland schicken: Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten Teile der heutigen Westukraine zu Polen. Derzeit sind 10.000 polnische Soldaten damit beschäftigt, die Grenze zu Belarus zu bewachen.

Deutschland und andere europäische Länder pochen unterdessen auf harte Sicherheitsgarantien, sollte es nach der Amtsübernahme von Trump zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand kommen. «Hier in diesem Kreis sind wir uns einig: Die Ukraine braucht harte Sicherheitsgarantien. Wir als Europäerinnen und Europäer brauchen harte Sicherheitsgarantien, die keine Brüche zeigen», sagte Außenministerin Annalena Baerbock bei einem Treffen mit Vertretern von Frankreich, Polen, Italien, Spanien und Großbritannien und der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas in Berlin. 

Deutsche Beteiligung bei Friedensmission offen

Baerbock und Kallas antworteten nicht auf Fragen nach einer Beteiligung europäischer oder deutscher Soldaten an einer möglichen Friedensmission in der Ukraine.

In Warschau war Bundeskanzler Olaf Scholz erneut nicht anwesend. Dies ist bereits das dritte wichtige internationale Treffen zur Ukraine, bei dem er fehlt. Ende November fand ein Gipfel der nordischen und baltischen Staaten sowie Polens ohne ihn statt. Macron wurde jedoch zugeschaltet. Am vergangenen Wochenende sprachen Macron, der zukünftige US-Präsident Trump und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Rande der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame in Paris miteinander. Aus protokollarischen Gründen ließ Scholz Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Vortritt und blieb zu Hause.

Beratungen wieder ohne Scholz

Und jetzt Warschau. Wieder ohne Scholz. Und das, obwohl sich der Kanzler in den vergangenen Wochen massiv für diplomatische Bemühungen um eine Friedenslösung in der Ukraine eingesetzt hat – aber eben anders als die wichtigsten Verbündeten. Er warb vor allem für eine neue Friedenskonferenz unter Einbeziehung Russlands und telefonierte im November erstmals seit fast zwei Jahren wieder mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Selenskyj kritisierte ihn dafür außergewöhnlich scharf.

Und als Außenministerin Baerbock vor einer Woche in Brüssel laut über eine internationale Präsenz in der Ukraine bei einem Waffenstillstand nachdachte, reagierte der Kanzler gereizt. Es sei «ganz unangemessen, jetzt darüber zu spekulieren, was später mal bei einem verhandelten Waffenstillstand und bei einer friedlichen Situation existiert.» Die Gedankenspiele über eine Friedenstruppe spielten jetzt aber auch vor dem Treffen zwischen Macron und Tusk eine Rolle.

Kanzler in «größter Intensität» um Ukraine bemüht

Auf die Diskussion in den deutschen Medien darüber, dass er bei Macrons Ukraine-Aktivitäten nicht dabei ist, reagierte Scholz in einem Interview «schwer irritiert». Er sei in «größter Intensität» an den Gesprächen zur Ukraine beteiligt, sagte er im Deutschlandfunk Kultur. «Tatsächlich sind wir alle in engstem Austausch miteinander zur Besprechung dieser Fragen.»

In Polen blickt man ohnehin mit Enttäuschung und Skepsis auf Scholz. Dessen Anruf bei Putin im November hatte Tusk als wenig hilfreiche «Telefondiplomatie» abgetan. In der polnischen Öffentlichkeit weckt dieser Vorstoß tiefsitzende Ängste, dass sich Deutschland und Russland über die Köpfe der Polen und Ukrainer hinweg verständigen könnten.

dpa