In bestimmten Gebieten muss man früh intervenieren und Wölfe abschießen, um Weidetierhaltung zu schützen. Neue Wölfe werden kommen.
Experte für Wolfsschutz fordert entschlossene Schutzjagd auf problematische Rudel
Der Wolfsexperte Eckhard Fuhr rät nach dem politischen Kurswechsel im Umgang mit dem Beutegreifer zu einer entschlossenen Schutzjagd auf problematische Rudel, um die Weidetierhaltung zu schützen. Dagegen wäre es völlig unsinnig, nach einer allgemeinen Jagdquote Wölfe zu erlegen, sagt Fuhr der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das bringe «nur Störungen in die Verhältnisse».
«Andererseits muss man in bestimmten Gebieten, wo sich bei Wölfen eine Art Schafsfresser-Mentalität verbreitet, schon sehr früh intervenieren und dort auch schießen. Möglicherweise muss man auch viele Wölfe schießen und möglicherweise auch eine ganze Region für eine Zeit wolfsfrei machen», sagt Fuhr. «Für immer wird das nicht der Fall sein. Es werden neue Wölfe kommen.»
EU-Staaten wollen Schutzstatus des Wolfes absenken
Im September stimmten Vertreter der EU-Staaten mit der Stimme Deutschlands für einen abgesenkten Schutz – von streng geschützt auf geschützt. Dadurch wurde der Weg für ein Verfahren geebnet, um den Bestand des umstrittenen Räubers, der wegen Beutejagd auf Weidetiere reguliert werden soll, zu regulieren. Praktische Fragen sind noch zu klären.
Der Kurswechsel zeige, dass sich die Annahme, dass das Problem durch immer besseren Herdenschutz in den Griff zu bekommen ist, offenbar nicht bestätigt habe, so Fuhr, der auch Autor des Buches «Rückkehr der Wölfe» (2014) ist. Eher zeige sich, dass der Herdenschutz mit der Zeit in seiner Wirksamkeit nachlasse.
Ein Beispiel dafür sei der Osten Brandenburgs, wo wegen der Schweinepest mehrere 100 Kilometer Zäune in die Landschaft gestellt worden seien, die Wölfe diese aber überwinden. «Das hat dazu geführt, dass nur noch die Kombination aus Zaun und Herdenschutzhund einigermaßen Sicherheit bringt. Das ist aber eine Methode des Herdenschutzes, die nur große Betriebe – Profis – wirklich aufrechterhalten können», so Fuhr.
Mehrere Bundesländer haben ein besonders hohes Wolfsaufkommen
In Deutschland haben Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen eine besonders hohe Anzahl von Wölfen, wobei Brandenburg mit etwa 60 nachgewiesenen Territorien pro Fläche auch in Europa führend ist. Fuhr, der den Arbeitskreis Wolf im Ökologischen Jagdverein Brandenburg-Berlin (ÖJV) leitet, gibt an, dass es zuletzt durchschnittlich 500 bis 600 Wölfe in diesem Bundesland gab.
«Wichtig wäre, dass alle Wölfe, die sich von dem zumutbaren und vereinbarten Herdenschutz nicht abschrecken lassen, schnell und effizient abgeschossen werden», sagt Fuhr. «Das ist nicht ein Abschuss von wenigen einzelnen Individuen, sondern das ist eine Art von Schutzjagd, die parallel zu dem notwendigen Herdenschutz stattfinden muss, damit dieser Herdenschutz seine Wirkung behält.»
Bisher wurden auch vereinzelte sogenannte Entnahmen oft von Verwaltungsgerichten gestoppt. Weidetierhalter und Teile der ländlichen Bevölkerung sind stark verärgert.
«Absurditäten» im Umgang mit dem Wolf
Fuhr verweist auf den Fall einer Wölfin am Niederrhein («Gloria»), die als sehr produktive Mutter «eine ganze Dynastie von Schaffressern» herangezogen habe. «Dass die noch lebt und dass da nicht eingeschritten worden ist, ist eine der Absurditäten, die das Rechtsregime des «strengen Schutzes» beim Wolf hervorbringt», sagt er. Anderseits gebe es völlig unauffällige Rudel. Solche Verhaltensunterschiede seien auch in der Schweiz dokumentiert.
«Am Ende ist es für die Biodiversität viel wichtiger, dass wir Weidetierhaltung haben in der Landschaft, als dass Wölfe in der Landschaft herumrennen», sagt Fuhr. Doch könne es nun «zu großen Enttäuschungen kommen». «Die Behauptung, dass flächendeckende Bejagung und die Reduzierung der Gesamtzahl, wie sie vom Bauernverband und Jagdverband gefordert wird, den Weidetierhaltern das Leben erleichtert, ist nicht richtig», warnt er.
Sind professionelle Wolfsjäger eine Antwort?
Kürzlich hat der Landesjagdverband Brandenburg eine feste Jagdzeit für den Wolf gefordert und würde auch die Einführung einer Obergrenze für die Tiere begrüßen.
Fuhr warnt dagegen davor, Wölfe zum Abschuss bei sogenannten Bewegungsjagden freizugeben. Mit diesen Jagden werden Rehe, Rotwild und Wildschweine erlegt und reguliert, ohne dass es zu Protesten kommt. «Wenn der Wolf dort auf die Abschussliste käme, wäre es mit diesem Frieden vorbei», warnt Fuhr. Am besten wäre nach seinen Worten, «man hätte professionelle Kräfte, Wolfsjäger, die das machen, aber man muss realistisch sein». Dies sei im Jagdsystem nicht vorgesehen.