Änderungen im Waffenrecht könnten aus Sicht der Bundesinnenministerin helfen, Straftaten, bei denen Messer verwendet werden, einzudämmen. Bei einem Koalitionspartner stößt sie damit auf Widerstand.
Schärfere Regeln für Messer? FDP spricht von Symbolpolitik
Kritik am Plan von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für eine Reform des Waffenrechts kommt aus der FDP-Bundestagsfraktion. Es ist unklar, ob es in dieser Wahlperiode noch schärfere Regeln für den Besitz und das Mitführen von gefährlichen Messern geben wird.
«Die Vorschläge aus dem Bundesinnenministerium sind nicht überzeugend», sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Konstantin Kuhle, der Deutschen Presse-Agentur. Um die wachsende Messerkriminalität einzudämmen, müssten vielmehr bestehende Verbote stärker kontrolliert und Verstöße sanktioniert werden, forderte der FDP-Politiker. Er fügte hinzu: «Symbolhafte Rechtsänderungen gehen in die falsche Richtung.»
Angesichts der Zunahme von Messerangriffen will Faeser das Waffenrecht verschärfen. Im neuen Waffenrecht werde sie «den Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter einschränken», kündigte sie in der «Bild am Sonntag» an. In der Öffentlichkeit sollen Messer demnach nur noch bis zu einer Klingenlänge von sechs Zentimetern statt bisher zwölf Zentimetern mitgeführt werden dürfen. Am Rande eines Besuchs des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln sagte sie am Montag: «Sechs Zentimeter ist okay. Das ist ein kleines Obstmesser, wenn sie irgendwo unterwegs sind und ein Picknick machen wollen.»
Der Zeitung hatte sie darüber hinaus gesagt: «Für gefährliche Springmesser wollen wir ein generelles Umgangsverbot schaffen. Entsprechende Waffenrechtsänderungen werden wir in Kürze vorlegen». Das würde bedeuten, dass künftig die Herstellung, der Erwerb, der Verkauf, das Verwenden und der Besitz solcher Messer verboten wäre. Ausnahmen würde es lediglich geben, wenn jemand ein berechtigtes Interesse habe, erläuterte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums – insbesondere, wenn der Umgang wie bei Jägern in Zusammenhang mit dem Beruf erfolgt, oder wenn es dem Sport dient, beispielsweise beim Segeln oder Bergsteigen. Ein berechtigtes Interesse liege zudem bei Menschen vor, die zweihändig zu öffnende Messer nicht nutzen könnten, etwa aufgrund eines fehlenden Arms oder einer fehlenden beziehungsweise dysfunktionalen Hand.
Waffenverbotszonen gibt es bereits in vielen Städten
Weiterhin rief Faeser die Kommunen dazu auf, mehr Waffen- und Messerverbotszonen einzurichten. In Großstädten wie Köln und Hamburg gibt es solche Zonen bereits. Die Länder könnten nach aktueller Rechtslage bereits weitreichende Verbotszonen für Messer an öffentlichen Plätzen und im öffentlichen Personennahverkehr einrichten, sagte Kuhle. Davon sollten sie Gebrauch machen, wenn sie entsprechende Verbote für erforderlich hielten. «Um die wachsende Messerkriminalität einzudämmen, müssen bestehende Verbote stärker kontrolliert und Verstöße sanktioniert werden», so der FDP-Politiker.
Es ist wahrscheinlich, dass bei Versammlungen, Veranstaltungen, Volksfesten und anderen Treffen aus berechtigten Gründen bereits jetzt keine Messer mitgeführt werden dürfen. Das Mitführen von Springmessern unterliegt zu Recht strengen Regeln.
Grüner: Auch Reform würde keine hundertprozentige Sicherheit bringen
Positive Reaktionen zu dem Vorstoß der Ministerin gab es aus den Reihen der Grünen. Marcel Emmerich, Obmann der Grünen-Fraktion im Innenausschuss des Bundestages, sagte, seine Fraktion sei «offen dafür, diesen Weg mitzugehen». Es sei folgerichtig, wenn die Politik hier ein Signal setze. Gleichzeitig müsse man den Menschen «reinen Wein einschenken», und klarmachen, dass auch eine entsprechende Reform «keine hundertprozentige Sicherheit» bringen würde.
Faeser hatte im Januar 2023 einen Entwurf für die Reform des Waffenrechts vorgelegt. Ein Kabinettsbeschluss dazu steht jedoch noch aus. Die interne Regierungsabstimmung über den Entwurf läuft noch, ohne festes Ende. Insbesondere die FDP äußerte sich mehrfach skeptisch zu einer möglichen Reform. Im Entwurf von 2023 war keine Rede von neuen Vorschriften für Messer.
Die Bundesinnenministerin hatte damals vorgeschlagen, die Regulierung von Schreckschuss-, Signal- und Reizstoffwaffen zu verstärken. Auch die Überprüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung für den Waffenbesitz sollte umfangreicher werden.
Länder machen Druck
Faeser greift mit ihrem neuen Vorstoß einen Vorschlag der Länder auf. Im Juni hatte der Bundesrat die Bundesregierung gebeten, in den Beratungen über eine mögliche Gesetzesnovelle ein generelles Verbot von Springmessern zu prüfen, ebenso ein Verbot des Führens von Messern mit feststehender Klinge bereits ab sechs Zentimeter Klingenlänge sowie weitere Einschränkungen beim Führen von Waffen insbesondere in öffentlichen Verkehrsmitteln und Bahnhöfen.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, glaubt, dass in Bezug auf Messer noch umfassendere Änderungen erforderlich sind. «Das Waffenrecht ist sicher eines der Instrumente, um diesen besorgniserregenden Anstieg einzudämmen», sagte der CDU-Politiker. Zusätzlich seien jedoch auch verbesserte Kontrollmöglichkeiten in Messerverbotszonen sowie Regelungen zum generellen Waffenführungsverbot bei Menschen, die bereits auffällig geworden seien, notwendig. Seit nunmehr zwei Jahren verspreche Faeser hier Änderungen, doch die Regierung könne nicht liefern.
Die Verantwortung für die Sicherheit an Bahnhöfen der Deutschen Bahn und der S-Bahnen liegt bei der Bahn und der Bundespolizei. In U-Bahnen und Bussen sind hingegen die Betreiber und die jeweilige Länderpolizei zuständig.
Auch bei mehr als jedem zehnten Raub ist ein Messer im Spiel
Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei 8.951 Fälle von gefährlicher und schwerer Körperverletzung, bei denen Messer zum Einsatz kamen, entweder um jemanden zu verletzen oder damit zu drohen – ein Anstieg um 5,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch 10,9 aller Raubdelikte, die 2023 aktenkundig wurden, waren Messerangriffe. Als «Messerangriff» im Sinne der Polizeistatistik zählen Tathandlungen, bei denen der Angriff mit einem Messer unmittelbar gegen eine Person angedroht oder ausgeführt wird. Das bloße Mitführen eines Messers reicht dafür nicht aus.