Im Sommer 2024 erschüttert ein tödlicher Messerangriff auf drei Besucher eines Solinger Stadtfestes Deutschland. Wie hat die damalige Bundesinnenministerin Faeser auf den Anschlag reagiert?
Faeser zu Solingen-Attentat: Keine Versäumnisse beim BAMF
Beim Asylverfahren des tatverdächtigen Solinger Messerattentäters Issa Al H. hat es nach Aussage von Ex-Innenministerin Nancy Faeser keine Versäumnisse beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gegeben. «Anhand der vorliegenden Informationen sind keine Verfahrensfehler beim BAMF ersichtlich», sagte die SPD-Politikerin als Zeugin im Untersuchungsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zu dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag.
Bis zur Tat am 23. August vergangenen Jahres sei der Tatverdächtige beim Sicherheitsreferat des BAMF unbekannt gewesen. «Die Asyl-Vita zeigt keine Unregelmäßigkeiten», sagte die Politikerin in Düsseldorf. Auch dem Bundeskriminalamt hätten keine allgemeinen polizeilichen oder staatsschutzrelevanten Erkenntnisse zu der Person vorgelegen – ebenso wenig dem Bundesamt für Verfassungsschutz.
Blutiger Anschlag mit IS-Hintergrund
Bei dem Anschlag hatte ein Messer-Angreifer auf dem «Festival der Vielfalt» zur 650-Jahr-Feier der Stadt drei Besucher erstochen. Mutmaßlicher islamistischer Attentäter ist ein 27-jähriger Syrer, der seither in Untersuchungshaft sitzt. Der IS reklamierte den Anschlag für sich.
Der Untersuchungsausschuss prüft potenzielle Versäumnisse und Fehler der Landesregierung sowie strukturelle Defizite bei Abschiebungen und Rückführungen in andere EU-Länder. Insbesondere wird untersucht, warum die lange geplante Rückführung von Issa Al H. nach Bulgarien vor der Tat fehlgeschlagen ist.
Abgelehnter Asylbewerber war nicht greifbar
Faeser erklärte den Prozess. Laut ihm hatte das BAMF ordnungsgemäß ein Überstellungsersuchen an Bulgarien gestellt, das ursprünglich für das Asylverfahren zuständig war. Nachdem Bulgarien zugestimmt hatte, wurde der Asylantrag vom BAMF als unzulässig abgelehnt, berichtete Faeser.
Die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Bielefeld hat versucht, Issa Al H. unangekündigt zu überstellen, jedoch war er an diesem Tag nicht anzutreffen. Laut Faeser gab es nach ihrem Wissen keine weiteren Überstellungsversuche durch die ZAB.
Schlupflöcher im System
Die ehemalige Ministerin erklärte, dass es nicht als Flüchtigsein im Sinne der europäischen Dublin-III-Verordnung gilt, wenn jemand ohne Ankündigung einmal nicht in der Unterkunft angetroffen wird. Daher konnte die Überstellungsfrist nicht, wie üblich, auf 18 Monate verlängert werden.
«Die Überstellungsfrist nach Bulgarien endete am 20.8.2023», stellte Faeser fest. «Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ging somit an Deutschland über.»
Issa Al H. habe in seiner persönlichen Anhörung angegeben, er habe sich dem Wehrdienst in Syrien entzogen und habe zudem seine wirtschaftlichen Verhältnisse verbessern wollen. «Die Asylentscheidung des BAMF entspricht der damaligen Entscheidungspraxis zum Herkunftsland Syrien», sagte Faeser.
Solingen-Anschlag war Anlass für Sicherheitspaket
Aufgrund des Solinger Terroranschlags hat sich die vorherige Bundesregierung in Rekordzeit auf ein Sicherheitspaket mit umfassenden Maßnahmen geeinigt, um die Bevölkerung besser zu schützen, betonte Faeser. Vieles sei bereits zuvor in Gang gesetzt worden.
Die Maßnahmen umfassten Verschärfungen des Waffenrechts, neue Messerverbotszonen und verschiedene aufenthaltsrechtliche Maßnahmen, um die Abschiebung von Straftätern einfacher und schneller zu ermöglichen. Mittlerweile können die Behörden vor Rückführungen auch alle Räume einer Asylbewerberunterkunft nach den Betroffenen durchsuchen lassen.
Viel Nachbesserungsbedarf in Europa
Tatsache sei, dass es im Zusammenhang mit der Verteilung und Rücküberführung von Asylbewerbern dennoch viele Fehler im System gebe, sagte Faeser. Viele Länder, die nach den europäischen Regeln («Dublin-Verfahren») Flüchtlinge zurücknehmen müssten, verweigerten dies oder bauten sehr restriktive Bedingungen auf – etwa mit sehr geringen wöchentlichen Quoten, engen Zeitfenstern und Ähnlichem.
Faser war am Tag nach der Tat nach Solingen gefahren, um sich ein eigenes Bild von der Lage zu verschaffen. «Zwar kann es in einer freiheitlichen Demokratie nie hundertprozentige Sicherheit geben, aber seien Sie versichert, es wurden und werden alle uns rechtlich zur Verfügung stehende Möglichkeiten ausgeschöpft, Terroranschläge zu verhindern», unterstrich die Politikerin.