Aktive CO2-Entnahmen sind entscheidend für ambitionierten Klimaschutz. Forschende empfehlen klare rechtliche Rahmenbedingungen und Förderprogramme für Umsetzung.
Deutschland auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität bis 2045

Um Deutschland bis 2045 treibhausgasneutral zu machen, reicht es nicht aus, nur die Emissionen zu reduzieren – es sind auch aktive CO2-Entnahmen erforderlich. Dies wird in einem Bericht von über 100 Forschern aus zehn Forschungsverbünden im Rahmen des Forschungsprogramms CDRterra deutlich. Selbst bei ehrgeizigem Klimaschutz bleiben Restemissionen aus Bereichen wie Landwirtschaft, Industrie und Abfallwirtschaft bestehen. Diese müssen durch Verfahren ausgeglichen werden, die CO2 aktiv aus der Atmosphäre entfernen und dauerhaft speichern.
Der aktuelle Stand zeigt, dass die weltweite CO2-Entnahme bisher zu gering ist. Derzeit werden global etwa 2,2 Milliarden Tonnen pro Jahr gebunden – hauptsächlich durch Aufforstung und Holzprodukte. Um eine Entwicklung im Einklang mit 1,5 Grad zu erreichen, muss diese Menge bis 2050 mindestens verdoppelt bis verdreifacht werden.
Die Forschenden haben verschiedene Verfahren untersucht und verbessert – keine einzelne Methode kann die erforderliche Menge liefern. Ein Mix ist erforderlich. Die zentralen technischen und biologischen Verfahren, die das bestehende Portfolio deutlich erweitern könnten, sind laut den Forschenden folgende:
Welche CO2-Entnahme-Verfahren gibt es?
• Mischmaterialien aus Pflanzenkohle und Gesteinsmehl können die Nährstoffverfügbarkeit für Pflanzen im Boden verbessern, den Verwitterungsprozess des Gesteins beschleunigen und mit herkömmlicher Technik ausgebracht werden.
• Wandmodule aus Gabbroplatten, biobasierten Kohlenstofffasern und Pflanzenkohle dienen als CO2-bindende Gesteinsmodule für Gebäude. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Wand aus Stahlbeton wird über den gesamten Lebenszyklus pro Quadratmeter Wand etwas mehr als die Hälfte an CO2 gebunden, das heute von einer vergleichbaren Wand ausgestoßen wird.
Untersucht wurde eine Variante mit Feststoffadsorption, die bei niedrigen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit besonders effizient ist – und überall dort, wo viel erneuerbarer Strom verfügbar ist.
• Laborversuche zeigen, dass CO2 mithilfe von Solarenergie in Kohleflocken umgewandelt werden kann – mit potenziell geringerem Flächen- und Wasserverbrauch als bei Energiepflanzen.
Hürden: fehlende Regeln, Akzeptanz und Infrastruktur
Laut Bericht sind die größten Herausforderungen weniger in der Technik als vielmehr in der Umsetzung zu finden: In der Landwirtschaft mangelt es oft an Wissen, Setzlingen und Fachkräften, insbesondere für Agroforstsysteme. Zudem hindern rechtliche Vorgaben Projekte, wie beispielsweise Verbote zur Umwandlung von Grünland.
Nutzungskonflikte um Flächen, Skepsis gegenüber sichtbaren Landschaftsveränderungen und fehlende Beteiligung seien weitere Hürden. «Kurz gesagt: Die Methoden sind da – die Strukturen oft noch nicht», heißt es in dem Bericht der Forschenden.
Forschende mit klaren Forderungen an die Politik
Um CO2-Entnahme Teil der Klimastrategie werden zu lassen, raten die Forscher zu klaren rechtlichen Rahmenbedingungen. Ebenso sind Förderprogramme erforderlich, die stärker auf Klimawirkung und gesellschaftlichen Nutzen ausgerichtet sind. Es ist notwendig, eine CO2-Transport- und Speicherinfrastruktur aufzubauen sowie zuverlässige Systeme zur Messung, Berichterstattung und Überprüfung zu schaffen.
Die frühzeitige Einbindung von Landwirten, Kommunen, Unternehmen und Bürgern könnte bei der langfristigen Planung und Koordination über Sektoren hinweg helfen – schließlich griffen CO2-Entnahmen in bestehende Landnutzungen, Wertschöpfungsketten und Lebensrealitäten ein. Die Politik müsse daher sicherstellen, dass die Lasten und Chancen der CO2-Entnahme gerecht verteilt werden. «Regionen, die besonders viel Fläche, Infrastrukturoder Ressourcen bereitstellen, sollten auch stärker von Fördermitteln,Einnahmen oder Beschäftigung profitieren», schreiben die Forschenden.
CO2-Entnahme sei kein Ersatz für Emissionsminderung, heißt es weiter. Daher betonen die Autoren des Berichts: «Nur wenn Emissionsminderung und CO2-Entnahme zusammen gedacht werden, kann Deutschland Treibhausgasneutralität bis 2045 erreichen.»








