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Historische Abstimmung in Frankreich zur Verankerung des Abtreibungsrechts

Symbolträchtige Entscheidung für die Freiheit von Frauen – ein lang erwarteter Sieg für die Bewegung

Eine Gesamtansicht des Kongresses beider Kammern des Parlaments im Schloss von Versailles während der Rede von Gabriel Attal, Premierminister von Frankreich.
Foto: Thomas Padilla/AP/dpa

In einer bedeutungsvollen Abstimmung hat Frankreich die Freiheit auf Abtreibung in der Verfassung festgeschrieben. Die erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit wurde bei einer Sitzung beider Parlamentskammern in Versailles erreicht. Lediglich 72 Abgeordnete stimmten dagegen, während 780 Ja-Stimmen abgegeben wurden. Danach spendeten die Anwesenden stehend Applaus. Beide Kammern hatten dem Vorhaben einzeln bereits zuvor zugestimmt.

Auf den Eiffelturm wurden laut dem Sender BFMTV am Abend die Worte «mein Körper, meine Entscheidung» projiziert. Darunter jubelten die Menschen, als das Ergebnis bekannt wurde. Sie hatten die Abstimmung auf einem Großbildschirm verfolgt. 

Die Zeremonie zur Änderung der Verfassung soll am Weltfrauentag an diesem Freitag stattfinden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf X, ehemals Twitter: «Frankreichs Stolz. Universelle Botschaft».

Premierminister Gabriel Attal sprach von einer «moralischen Schuld» gegenüber allen Frauen, die gelitten hätten. «Uns verfolgen das Leiden und die Erinnerung an so viele Frauen, die jahrzehntelang darunter gelitten haben, nicht frei sein zu können», betonte er und freute sich über den «erfolgreichen Abschluss eines langen Kampfes».

Viele Abgeordnete feierten die Abstimmung als «historisch». Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei «La France insoumise» (LFI), Mathilde Panot, sah darin ein Versprechen für alle Frauen, die weltweit für das Recht auf Abtreibung kämpften. Frankreich besinne sich auf seine Berufung als «Leuchtturm der Menschenrechte», sagte Panot, die den ersten Entwurf für die Verfassungsänderung eingebracht hatte.

Abtreibung in anderen Ländern – Frankreich als Vorbild?

Viele betrachteten die Abstimmung auch als bedeutendes Symbol, da weltweit die Möglichkeiten für einen Schwangerschaftsabbruch teilweise stark eingeschränkt werden. In den USA wurde vor knapp zwei Jahren das bundesweit geltende Recht auf Abtreibung vom Obersten Gericht der USA aufgehoben. In Polen trat 2021 nach einem umstrittenen Urteil des Verfassungsgerichts ein verschärftes Abtreibungsrecht in Kraft. Seitdem ist es Frauen auch nicht erlaubt, eine Abtreibung vorzunehmen, wenn das ungeborene Kind schwere Fehlbildungen aufweist. Der neue Ministerpräsident Donald Tusk plant jedoch, das Abtreibungsrecht wieder zu lockern.

Abtreibungen sind in Frankreich seit 1975 bis zur zehnten Schwangerschaftswoche straffrei. Heutzutage haben schwangere Frauen in Frankreich die Möglichkeit, bis zur 14. Woche abzutreiben, wobei die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Laut Umfragen unterstützen mehr als 80 Prozent der Französinnen und Franzosen die Verfassungsänderung.

In Deutschland ist ein Schwangerschaftsabbruch in den ersten zwölf Wochen straffrei, wenn die Frau vorher eine Beratung in Anspruch nimmt. In der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wird jedoch darüber nachgedacht, den Paragrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Während der Abstimmung in Frankreich versammelten sich mehrere Hundert Abtreibungsgegner in der Nähe des Kongresses in Versailles, um gegen die Verfassungsänderung zu protestieren. Auch die katholische Kirche machte deutlich, dass sie Abtreibungen weiterhin ablehnt. Die Päpstliche Akademie für das Leben teilte laut dem Sender BFMTV mit: «Im Zeitalter der universellen Menschenrechte kann es kein „Recht“ geben, ein menschliches Leben zu vernichten.»

dpa