Gleich in der ersten Sitzung muss Frankreichs neue Regierung unter Zeitdruck einen Sparhaushalt auf den Weg bringen. Angesichts von Misstrauensanträgen steht der Premier vor einem Balanceakt.
Frankreichs neue Regierung kämpft um Sparhaushalt
Die neue Regierung Frankreichs wird an diesem Dienstag zu ihrer ersten Kabinettssitzung zusammenkommen. Premier Sébastien Lecornu plant dabei, den Haushalt für das finanziell angeschlagene Land auf den Weg zu bringen. Die Zeit drängt: Werden Fristen nicht eingehalten, könnte Frankreich am Jahresende ohne verabschiedeten Haushalt dastehen und dadurch unter zusätzlichen wirtschaftlichen Druck geraten.
Gemessen an der Wirtschaftsleistung hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Das Haushaltsdefizit lag zuletzt bei 5,8 Prozent. Die Europäische Union hat bereits im Juli 2024 ein Defizitverfahren gegen Frankreich eröffnet. Im Streit um einen Sparhaushalt scheiterte schon Lecornus Vorgänger François Bayrou, er verlor Anfang September eine Vertrauensfrage.
Paris steht bei Sparbemühungen unter Druck
Die Sparbemühungen der neuen Regierung in Paris stehen nicht nur vonseiten der EU unter Druck. Der bisherige Unwille des zerstrittenen Parlaments, sich auf Einschnitte und Reformen zu einigen, führt in Verbindung mit der politischen Krise zu einer Verunsicherung der Wirtschaft. Das Land muss Investoren für neue Staatsanleihen immer höhere Zinsen bieten. Zudem dämpft der Mangel an politischen Reformaussichten die Nachfrage nach französischen Anleihen.
Am Mittwochnachmittag wird dann die Regierungserklärung von Premier Lecornu erwartet, der am Freitag von Präsident Emmanuel Macron zurück ins Amt geholt worden war. Gegen Lecornu stellten Frankreichs Linkspartei und die nationale Rechte bereits Misstrauensanträge, über die voraussichtlich am Donnerstag in der Nationalversammlung abgestimmt wird.
Premier muss Regierungserklärung gut abwägen
Ebenso wird der Erfolg der Oppositionsanträge und das mögliche Sturz der Regierung nur wenige Tage nach ihrem Amtsantritt von der Ausrichtung der Regierungserklärung von Lecornu abhängen. Vor allem die Sozialisten fordern einen klaren Kurswechsel des Premiers als Voraussetzung für die Tolerierung der neuen Mitte-Rechts-Regierung.
Die Misstrauensanträge zeigen, dass Frankreich zwar eine neue Regierung hat. Die Politikkrise bleibt jedoch ungelöst. Seit der vorgezogenen Parlamentswahl im Sommer 2024 ist die Nationalversammlung in mehrere politische Blöcke aufgeteilt, die jeweils allein keine regierungsfähige Mehrheit besitzen, aber auch keine tragfähigen Bündnisse eingehen und sich gegenseitig blockieren. Koalitionen wie in Deutschland sind in Frankreich unüblich. Lecornus neues Kabinett ist bereits die vierte Regierung seit der Wahl.
Lecornu: «Wir müssen diese politische Krise überwinden»
«Unsere Aufgabe ist es, diese politische Krise, in der wir uns befinden, zu überwinden», sagte Lecornu am Montagnachmittag vor einer ersten Arbeitssitzung des Kabinetts. «Ich wünsche mir, dass die Regierung die Vielfalt unseres Volkes widerspiegelt. Ich wollte eine Regierung aus freien Persönlichkeiten», sagte der neue Premier. «Wir müssen unser Ego beiseitelassen».