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Politische Turbulenzen in Frankreichs neuer Regierung

Eine Woche voller Herausforderungen für das frisch ernannte Kabinett: Haushalt, Misstrauensvotum und Reformen stehen an.

Premier Lecornu hat gerade seine neue Regierung vorgestellt (Archivbild).
Foto: Martin Lelievre/Pool AFP/AP/dpa

Der neuen französischen Regierung steht gleich zu Beginn eine politisch turbulente Woche bevor. Das frisch ernannte Kabinett muss sich in den ersten Tagen mit dem Haushalt für das hoch verschuldete Land befassen, außerdem droht bereits in dieser Woche ein Misstrauensvotum seitens der Opposition. Ob die Opposition erfolgreich sein wird oder nicht, hängt auch von der Regierungserklärung des am Freitag von Präsident Emmanuel Macron wieder eingesetzten Premierministers Sébastien Lecornu ab.

Chaos um Fristen für Haushaltseinbringung

Ursprünglich wurde erwartet, dass Lecornu am Montag einen Haushaltsentwurf ins Parlament einbringt. Dafür wäre jedoch eine Kabinettssitzung notwendig. Da Präsident Emmanuel Macron am Montag zum Gaza-Gipfel nach Ägypten reist, wird die erste Sitzung des neuen Kabinetts erst am Dienstag organisiert.

Es besteht Eile: Wenn Fristen nicht eingehalten werden, könnte Frankreich am Ende des Jahres ohne genehmigten Haushalt dastehen, was das finanziell angeschlagene Land zusätzlich unter wirtschaftlichen Druck setzen würde. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt hat Frankreich mit 114 Prozent die dritthöchste Schuldenquote in der EU nach Griechenland und Italien. Auch die Staatsausgaben gehören zu den höchsten in Europa.

 «Eine Übergangsregierung wird ernannt, um noch vor Jahresende einen Haushalt für Frankreich vorzulegen», sagte Lecornu. «Nur eines zählt: das Wohl des Landes.» In vielen Schlüsselressorts gab es keinen Wechsel. So bleiben Außenminister Jean-Noël Barrot, Justizminister Gérald Darmanin sowie Wirtschafts- und Finanzminister Roland Lescure auf ihren Posten. Die bisherige Arbeitsministerin Catherine Vautrin wird Verteidigungsministerin und der Pariser Polizeipräfekt Laurent Nuñez Innenminister.

Misstrauensvotum droht

Die schwerwiegende politische Krise in Frankreich ist trotz der zweiten Regierungsumbildung innerhalb einer Woche und der Rückkehr des zurückgetretenen Premierministers noch nicht vorbei. Obwohl Lecornu bei Verhandlungen mit den Parteien auf Kompromisse zum Wohl des Landes in einer äußerst prekären Situation bestand, haben die Linkspartei La France Insoumise (LFI) und die rechtsextreme Rassemblement National (RN) bereits einen Misstrauensantrag angekündigt.

Es ist unklar, ob Lecornu die Abstimmung überstehen wird, die möglicherweise schon diese Woche auf ihn zukommt. Die Sozialisten haben gefordert, dass Lecornu weitreichende Zugeständnisse macht, um ihre Unterstützung für die neue Regierung zu erhalten. Trotz des Zeitdrucks bei der Regierungsbildung hat Lecornu jedoch keinen Schwenk nach links vollzogen, wie es vom linken Lager gefordert wurde. Die Regierung behält ihr Mitte-Rechts-Profil bei. Die Konservativen haben erklärt, dass sie sich nicht mehr an der Regierung beteiligen werden, aber bereit sind, Gesetzesvorhaben zu unterstützen.

Macron massiv in der Kritik

Lecornus wird auch als Macrons letzte Chance angesehen, seiner bis 2027 laufenden zweiten Amtszeit neuen Schwung zu verleihen. Er ist in der jüngsten Krise verstärkt in die Kritik geraten. Die Opposition fordert seinen Rücktritt und auch in den eigenen Reihen macht sich Unmut breit.

Auf die Regierung kommt in dieser Woche neben dem Haushalt ein weiteres Streitthema zu, zu dem sich der Premier in seiner Regierungserklärung eindeutig verhalten muss – die umstrittene Rentenreform. Auf Druck des linken Lagers hat Präsident Macron zwar eine Verzögerung von Teilen seiner 2023 durchgedrückten Reform in Aussicht gestellt. Der Opposition reicht das aber nicht. «Alle Debatten sind möglich, wenn sie einen realistischen Rahmen haben», sagte Lecornu.

dpa