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Frankreichs Premier Bayrou zurückgetreten

Frankreichs Premier Bayrou reicht seinen Rücktritt ein. Der zweite Abgang eines Premiers in kurzer Zeit erhöht auch den Druck auf Macron. Der Präsident wird seinen Fokus vorerst verschieben müssen.

Bayrou war erst seit Dezember Premierminister. (Archivbild)
Foto: Ludovic Marin/AFP POOL/dpa

Frankreichs Premierminister François Bayrou hat nach einer gescheiterten Vertrauensfrage den Rücktritt seiner Regierung angeboten. Laut der offiziellen Regierungs-Webseite werden er und sein Kabinett bis zur Ernennung eines Nachfolgers geschäftsführend im Amt bleiben.

Am Montagabend wurde im Élysée-Palast bekannt gegeben, dass Präsident Emmanuel Macron den Rücktritt von Bayrou akzeptieren werde. Macron, der selbst unter Druck gerät wegen des Falls in der Regierung, plant, in den nächsten Tagen einen Nachfolger für Bayrou zu ernennen.

Macron in gespaltenem Land vor schwieriger Premier-Suche

Staatschef Macron muss einen neuen Premierminister finden, der das politisch gespaltene Land führen kann. In der Nationalversammlung stehen Macrons Liberale, das linke Lager und die Rechtsnationalen um Marine Le Pen als drei große Blöcke gegenüber. Keiner von ihnen hat eine eigene Mehrheit. Frankreich ist nicht daran gewöhnt, in lagerübergreifenden Koalitionen zu regieren. Die Ausgangslage ist entsprechend kompliziert.

Trotz vieler internationaler Krisen wird Macron sich nun wahrscheinlich ein Stück weit von der internationalen Bühne zurückziehen. Zunächst muss er in Rekordzeit einen neuen Premierminister finden, bevor die Stimmung im Inland zu sehr anheizt und er zu sehr in die Kritik gerät. Schon am Mittwoch droht in Frankreich großer Protest, in der nächsten Woche sind Streiks geplant.

Möglich wäre auch für Macron theoretisch eine zweite Option: Er könnte die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen, so wie er das nach der Niederlage seines Mitte-Lagers bei der Europawahl im vergangenen Jahr getan hatte.

Der Präsident hat mehrmals deutlich gemacht, dass er, wenn möglich, eine erneute Auflösung verhindern möchte. Die Ankündigung, in wenigen Tagen einen neuen Regierungschef zu ernennen, spricht auch dagegen. Wenn die Suche nach einem Premierminister jedoch erfolglos bleibt, könnte dies dennoch eine Option sein, um aus der festgefahrenen Situation herauszukommen.

Zwei gescheiterte Premier in kurzer Zeit – Druck auf Macron

Auch wenn Macron als Präsident nicht unmittelbar vom Rücktritt der Regierung betroffen ist, ist der Schritt für ihn ebenfalls eine Niederlage. Mit Bayrou muss bereits der zweite Premierminister innerhalb eines guten Jahres seinen Posten räumen.

Die Regierung von Michel Barnier wurde im Dezember von der Opposition nach weniger als drei Monaten im Amt mit einem Misstrauensvotum gestürzt. Bayrou war nur knapp neun Monate im Amt. Das Versagen der beiden schadet auch dem Ansehen von Macron, der den Premierminister ernannt hat.

Die Oppositionskritik am Staatschef wird voraussichtlich zunehmen. Insbesondere die Rechtsnationalen um Le Pen sehen eine Möglichkeit, ihre Macht im Land zu stärken. Sie fordern eine Neuwahl der Nationalversammlung. Die Altlinke LFI plant gleichzeitig, Macron abzusetzen und eine vorgezogene Präsidentschaftswahl herbeizuführen. Es wird jedoch als unwahrscheinlich angesehen, dass dies gelingt.

Die Wahl ist eigentlich erst für 2027 geplant. Viele gemäßigte Personen befürchten, dass Marine Le Pen dieses Mal gewinnen könnte, obwohl aufgrund eines laufenden Justizverfahrens noch unklar ist, ob sie überhaupt kandidieren kann.

Macron wird selbst nach zwei Amtszeiten im Jahr 2027 nicht erneut kandidieren können. Der Präsident ist entschlossen, zu verhindern, dass das Élysée an die Rechtsnationalen übergeben wird. Auch er wird das Votum daher im Hinterkopf behalten, wenn er entscheidet, wie es in Frankreich nun weitergehen soll.

Verschuldetes Frankreich braucht neuen Haushalt

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die hohe Verschuldung Frankreichs. Das Land mit hohen Schulden muss seinen Sparkurs dringend festigen und einen Haushalt für das kommende Jahr verabschieden. Sollte die Verzögerung zu lange dauern, besteht zudem die Gefahr, dass das Vertrauen der Märkte sinkt, was die französischen Finanzen noch stärker belasten würde. Auch in Brüssel wird die Haushaltslage genau beobachtet. Die Europäische Kommission hatte bereits im vergangenen Jahr ein Strafverfahren wegen zu hoher Neuverschuldung eingeleitet und befürchtet nun, dass sich die Situation angesichts der politischen Lage weiter zuspitzen könnte. Die Hängepartie könnte sich für die Eurozone als Belastung erweisen.

Wer kann es richten?

Es ist noch nicht klar, wen Macron wählen könnte, um Frankreich aus der Krise zu führen. Medien betrachten den Macron nahestehenden Verteidigungsminister Sébastien Lecornu als aussichtsreichen Kandidaten. Ebenso wurden die Namen von Justizminister Gérald Darmanin, Arbeits- und Gesundheitsministerin Catherine Vautrin oder von Finanz- und Wirtschaftsminister Éric Lombard genannt.

Macron wird wahrscheinlich versuchen, einen Kandidaten zu finden, der sowohl von den Sozialisten als auch von den konservativen Républicains akzeptiert wird, um eine möglichst stabile Regierung zu bilden. Es bleibt abzuwarten, ob es gelingen kann, einen Spagat zwischen den traditionell gegenüberstehenden Lagern zu schaffen. In Berlin, das Paris zuletzt wieder näher gekommen ist, werden keine unmittelbaren Auswirkungen der innenpolitischen Krise in Frankreich auf die Zusammenarbeit beider Länder erwartet.

dpa