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Fünf Punkte, die man über Südkoreas Wahlsieger wissen sollte

Ein linker Aufsteiger mit ungewohnten Ideen regiert künftig Südkorea. Mit Lee Jae Myungs Wahlsieg steht das Land vor einem Richtungswechsel. Wohin geht die Reise?

Die Südkoreaner haben mit Lee Jae Myung für einen Richtungswechsel gestimmt.
Foto: Lee Jin-man/AP/dpa

Am Schluss hat der linke Oppositionsführer Lee Jae Myung den erwarteten Erdrutschsieg errungen. Nach Auszählung fast aller Stimmen liegt Lee mit 49,2 Prozent deutlich vor dem zweitplatzierten Kim Moon Soo, der auf 41,4 Prozent kommt. Beobachter nannten die Wahl bereits vorher richtungsweisend für das Land. Und mit Lee Jae Myung wird sich der Kurs Südkoreas maßgeblich ändern – wirtschaftlich, nach außen und nach innen.

Darum ist die Wahl von historischer Bedeutung:

Vor genau einem halben Jahr war die junge Demokratie Südkoreas in ernster Gefahr. Der ehemalige Präsident Yoon Suk Yeol erklärte überraschend das Kriegsrecht und schickte Spezialeinheiten der Armee zum Parlament. Yoon, der mittlerweile seines Amtes enthoben wurde, begründete diese Maßnahme mit dem Schutz der freiheitlichen Ordnung des Landes, die angeblich von einer kommunistisch unterwanderten Opposition bedroht sei. Die meisten Südkoreaner waren jedoch der Meinung, dass Südkorea in seine autoritäre Vergangenheit zurückfallen könnte. Daher ging es bei den Neuwahlen vor allem darum, die mehrmonatige Staatskrise endgültig zu beenden.

Das ist Südkoreas neuer Präsident Lee Jae Myung:

Lees Biografie als Aufsteiger spiegelt eindrucksvoll den Aufstieg Südkoreas wider. Er wuchs unter so ärmlichen Bedingungen auf, dass sein genaues Geburtsdatum bis heute unbekannt ist – sein Vater hatte Lee erst spät bei den Behörden registriert. Offiziellen Angaben zufolge ist Lee Jae Myung daher 60 Jahre alt, aber die meisten Medien gehen von 61 Jahren aus.

In seiner Jugend arbeitete der Südkoreaner unter ausbeuterischen Bedingungen in Fabriken. Während dieser Zeit erlitt er mehrere schwere Arbeitsverletzungen, die Lee bis heute gesundheitlich beeinträchtigen. Doch dank seines starken Wissensdursts schaffte es der Teenager an die Universität und machte sich nach dem Abschluss einen Namen als Menschenrechtsanwalt.

Im Politikbetrieb war Lee hauptsächlich als linker Außenseiter mit teilweise radikalen Ideen bekannt. Als erster bekannter Politiker forderte er beispielsweise ein bedingungsloses Grundeinkommen – eine Idee, die in Südkorea für Aufsehen sorgte. Im laufenden Wahlkampf hat Lee seine Positionen deutlich abgemildert, um auch die Wähler der politischen Mitte anzusprechen.

Diese Herausforderungen warten nun auf Präsident Lee:

Die Bevölkerung Südkoreas ist momentan stärker polarisiert als je zuvor. Die Spaltungen in der Gesellschaft erstrecken sich sowohl zwischen den politischen Lagern als auch zwischen den Geschlechtern und Generationen.

Das Land steht vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen. Im letzten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt überraschend gesunken. Die angekündigten Zölle von Donald Trump würden die Exportnation stark beeinträchtigen. Zudem hat der ostasiatische Tigerstaat mit einem schnellen demografischen Wandel zu kämpfen: Nirgendwo auf der Welt ist die Geburtenrate so niedrig wie dort.

Das bedeutet Lees Wahlsieg für Südkoreas Beziehungen mit dem Ausland: 

Im Gegensatz zu seinem konservativen Vorgänger Yoon Suk Yeol, der einen harten Kurs gegenüber Nordkorea verfolgte, strebt Lee Jae Myung nach einer diplomatischen Annäherung. Er plant auch, die bilateralen Beziehungen zu China zu stärken, ohne jedoch die wichtige Sicherheitsallianz mit den Vereinigten Staaten zu gefährden.

Aus europäischer Sicht wird besonders wichtig, wie Lee sich zu Russland positioniert. In der Vergangenheit hatte er sich unter anderem dafür ausgesprochen, Moskau nicht übermäßig zu «antagonisieren». Ob dies bedeutet, dass Südkorea seine politische Unterstützung gegenüber der Ukraine zurückfährt, wird sich zeigen. 

So geht es für Südkorea nun weiter:

Am Mittwoch (Ortszeit) wird Lee Jae Myung bereits vereidigt. Als südkoreanischer Präsident verfügt er über eine beeindruckende Machtfülle: Er leitet nicht nur die Regierung, sondern ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Allerdings kann er nicht wiedergewählt werden – seine Amtszeit ist auf eine fünfjährige Legislaturperiode beschränkt.

dpa