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Für Putins Machterhalt: Präsidentenwahl hat begonnen

Mitten im Krieg will Kremlchef Putin seine Macht absichern. Die dreitägige Präsidentenwahl gilt weder als frei noch als fair. Zudem protestiert die Ukraine gegen den Urnengang in ihren Regionen.

Unter Ausschluss der Opposition hat in Russland eine umstrittene Präsidentenwahl für den Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin begonnen.
Foto: Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

Unter Ausschluss der Opposition hat in Russland eine umstrittene Präsidentenwahl für den Machterhalt von Kremlchef Wladimir Putin begonnen. Im flächenmäßig größten Land der Erde öffneten die Wahllokale am Freitag zuerst im äußersten Osten etwa auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka. Der Urnengang, der dem 71 Jahre alten Putin weitere sechs Jahre im Amt sichern soll, wird vom russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sowie von massiven Manipulationsvorwürfen überschattet.

Die Wahl in dem riesigen Reich mit seinen elf Zeitzonen endet am Sonntagabend, wenn in Kaliningrad (früher Königsberg) an der Ostsee um 19.00 Uhr MEZ die letzten Wahllokale schließen. Direkt danach werden erste Prognosen erwartet.

Laut staatlichen russischen Meinungsforschern wurde Putin, der seit fast einem Vierteljahrhundert an der Macht ist und eine fünfte Amtszeit anstrebt, bereits mehr als 80 Prozent der Stimmen prognostiziert. Dies wäre sein bisher bestes Ergebnis.

Putins drei Mitbewerber gelten nicht nur als chancenlos. Sie sind auch alle auf Kremllinie und unterstützen den Amtsinhaber bisweilen direkt. Bewerber, die sich gegen Putins Angriffskrieg aussprachen, wurden gar nicht erst als Kandidaten zugelassen. Die Opposition spricht von einer «Wahlfarce», die nichts mit einer Abstimmung nach demokratischen Regeln gemein habe.

OSZE-Wahlbeobachter nicht eingeladen

Diesmal sind die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht eingeladen. Vor der Abstimmung gab es bereits zahlreiche Vorwürfe der organisierten Wahlfälschung. Unabhängige Beobachter berichten, dass massenhaft Staatsbedienstete und Angestellte großer Firmen an die Urnen gedrängt werden, um die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Der Kreml hat zudem illegale Scheinabstimmungen in besetzten Gebieten der Ukraine angesetzt.

Die Ukraine hat gegen die unter Verstoß gegen das Völkerrecht abgehaltenen Abstimmungen protestiert und forderte die internationale Gemeinschaft auf, die Ergebnisse nicht anzuerkennen. Die Wahlen seien illegitim und hätten keine rechtlichen Konsequenzen, erklärte man in Kiew. Sie geben auch keinen Anlass, Putin als Präsidenten anzuerkennen. Darüber hinaus verlangte die Oberste Rada, das ukrainische Parlament, eine Erhöhung des Sanktionsdrucks auf Russland.

Das Außenministerium in Kiew warf Russland vor, unter Verstoß des internationalen Rechts die territoriale Integrität der Ukraine zu verletzten. Das Ministerium forderte die Menschen in den besetzten Gebieten auf, nicht an den «Pseudowahlen» teilzunehmen. «Russlands Diktatur hat schon lange nichts mehr mit Demokratie zu tun», hieß es in einer Mitteilung. Vielmehr werde Putin wegen des Verdachts, schwere Kriegsverbrechen in der Ukraine begangen zu haben, vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl gesucht. Er halte sich inzwischen seit mehr als 24 Jahren durch Manipulation, Propaganda und Gewalt, darunter Attentate auf unabhängige Politiker, an der Macht.

Gemäß russischen Angaben sind in den besetzten Gebieten der ukrainischen Regionen Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson insgesamt 4,5 Millionen Menschen zur Wahl aufgerufen. Auch auf der Krim, die von Moskau im Jahr 2014 annektiert wurde, wird abgestimmt.

Laut Russland leben rund zwei Millionen wahlberechtigte Personen in anderen Ländern. Gemäß der Wahlkommission sind etwa 114 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Der Kreml hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung. Putin hatte 2020 die Verfassung geändert, um erneut als Kandidat antreten zu können. Gemäß der aktuellen Verfassung darf er auch im Jahr 2036 wieder kandidieren, jedoch zum letzten Mal.

Führende Außenpolitiker gegen Anerkennung der Wahl

Nach einem Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» haben sich führende westliche Außenpolitiker gegen eine Anerkennung der Präsidentenwahl in den besetzten Gebieten ausgesprochen. Demnach schrieben die Vorsitzenden der Auswärtigen Ausschüsse aus mehr als 20 Staaten: «Solche Aktionen Russlands auf dem international anerkannten Territorium der Ukraine sind völlig unrechtmäßig und werden von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt.»

Die Erklärung wurde von den Vorsitzenden der Außenpolitischen Ausschüsse in den baltischen Staaten und von Michael Roth (SPD), dem Vorsitzenden des entsprechenden Gremiums im Bundestag, in Gang gesetzt. Laut der Zeitung wird darin die Bedeutung einer politischen, wirtschaftlichen, finanziellen und militärischen Unterstützung der Ukraine durch die EU, ihre Mitglieder und Verbündeten betont.

«Die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Russland werden weder frei noch fair sein und durch ein umfassendes Vorgehen gegen die Opposition und die unabhängigen Medien beeinträchtigt werden», zitierte das Blatt weiter aus dem Papier. Das Ergebnis werde «nicht den geringsten Anschein von demokratischer Gültigkeit» haben. 

Die Opposition um den im Straflager Mitte Februar verstorbenen Kremlkritiker Alexej Nawalny hat zu einer Protestwahl gegen Putin aufgerufen. Wähler sollten die Stimmzettel etwa durch ein Häkchen für mehrere Kandidaten gleichzeitig ungültig machen. Die Protestwähler sollten sich außerdem am Sonntag um 12.00 Uhr an den Wahllokalen einfinden, um zu zeigen, dass sie gegen Putin sind.

dpa