Ein strategisches Vakuum entsteht durch Rubios Abwesenheit. Russland und China nutzen die Chance, um ihre Präsenz zu stärken.
G20-Treffen in Johannesburg: USA fehlt, Russland und China präsent
In der Abwesenheit von US-Außenminister Marco Rubio treffen sich heute (ab 12.00 Uhr MEZ) seine Kollegen der Gruppe bedeutender Wirtschaftsnationen (G20) im südafrikanischen Johannesburg. Neben Nahost-Konflikt und Ukraine-Krieg soll bei dem zweitägigen Treffen über Themen wie den Umbau globaler Institutionen und die Anpassung über den Klimawandel gesprochen werden. Rubio hatte seine Teilnahme unter anderem abgesagt, weil er Südafrikas Haltung zu Verbündeten wie Israel kritisch sieht.
Sein Nichterscheinen führt zu einem strategischen Vakuum, das hauptsächlich von Russland und China genutzt werden dürfte. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat seine Teilnahme bestätigt, während der chinesische Außenminister Wang Yi erwartet wird. Außenministerin Annalena Baerbock wird wenige Tage vor der Bundestagswahl von Katja Keul, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, vertreten.
Zu den Mitgliedern des G20 gehören unter anderem Frankreich, Großbritannien, Saudi-Arabien, Brasilien und Indien. Auch die Europäische Union und seit 2023 die Afrikanische Union sind Teil dieser Gruppe. Somit repräsentiert sie mittlerweile etwa 80 Prozent der Weltbevölkerung und mehr als 85 Prozent der globalen Wirtschaftskraft.
Rubio sieht in G20 einen Hort des Anti-Amerikanismus
Die Agenda der G20-Treffen wurde zuletzt von großen internationalen Konflikten wie dem Ukraine-Krieg und dem Gaza-Konflikt bestimmt. Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 boten die Treffen eines der letzten Foren, in denen sich ranghohe Vertreter der USA und Russland direkt begegneten. In Johannesburg wird nun lediglich ein Diplomat der US-Botschaft teilnehmen.
Rubio hatte die Reise unter anderem abgesagt, weil er mit Südafrikas Landreformpolitik sowie dessen Haltung gegenüber US-Verbündeten wie Israel nicht einverstanden ist. Er warf dem G20-Format vor, zu einem Hort des Anti-Amerikanismus verkommen zu sein. Vor wenigen Tagen hatte er in Saudi-Arabien Russlands Außenminister Sergej Lawrow und Rubio zu bilateralen Gesprächen getroffen, in deren Fokus ein Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine stand.
Schwellenländer für gerechtere Finanzstrukturen
In Johannesburg steht die geopolitische Lage weiterhin ganz oben auf der Agenda. Viele Mitgliedsländer außerhalb des Westens hatten jedoch in der Vergangenheit betont, dass sie andere Themen als prioritär erachten. Es wird auch über eine Reform der internationalen Finanzarchitektur diskutiert. Entwicklungsländer und Schwellenländer fordern eine fairere Gestaltung globaler Finanzstrukturen, insbesondere in Bezug auf Kredite, Schulden und den Zugang zu Investitionskapital.
Südafrika plant außerdem, die internationale Zusammenarbeit im Bergbau zu stärken, insbesondere mit Schwerpunkt auf kritische Rohstoffe, die für die Energiewende unerlässlich sind. Auch die gerechtere weltweite Besteuerung und der Umgang mit dem Klimawandel sind wiederkehrende Themen.
Die G20 wurde mit dem Ziel gegründet, die wirtschaftspolitische Abstimmung der Wirtschaftsmächte zu verbessern. Diese Rolle geriet in den vergangenen Jahren durch geopolitische Konflikte und Blockaden in den Hintergrund. Doch Südafrika will seine G20-Präsidentschaft dazu nutzen, wirtschaftliche und strukturelle Fragen wieder in den Vordergrund zu rücken.
USA abwesend: Mehr Einfluss für Moskau und Peking
Russland und China positionieren sich seit langem als Partner für den Globalen Süden: China konzentriert sich auf Handel, Rohstoffe und Infrastruktur, während Russland hauptsächlich auf militärische Zusammenarbeit und Waffenexporte, aber auch auf den Ausbau des Energiesektors setzt. Insbesondere in Afrika haben Moskau und Peking ihre wirtschaftliche und diplomatische Präsenz erheblich ausgebaut und präsentieren sich als Alternative zu den westlichen Ländern.
Die Europäer stehen vor einer Herausforderung. Sie werden versuchen, ihre Position als wichtiger Partner der Schwellen- und Entwicklungsländer zu behaupten – insbesondere durch Initiativen wie die unter der deutschen G20-Präsidentschaft ins Leben gerufene Handelsinitiative «Compact with Africa» sowie der «Just Energy Transition Partnership», die Investitionen in Klimaschutz, Wirtschaft und Energiewende fördern sollen.