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G7 arbeiten an Preisdeckel für russisches Öl

Russland verdient mit Ölexporten trotz Sanktionen Milliarden. Zugleich müssen Verbraucher in den USA und Europa starke Preissprünge für Benzin und Heizöl hinnehmen. Die G7-Staaten wollen nun handeln.

Zum Abschluss des G7-Gipfels ging es um die neue Weltordnung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine und um das Thema Digitalisierung.
Foto: Michael Kappeler/dpa

Lässt sich die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Ölpreis-Rallye stoppen? Angesichts des Ärgers von Hunderten Millionen Menschen über hohe Spritpreise war das beim G7-Gipfel in Elmau eine der zentralen Fragen. Die USA brachten einen heiklen Vorschlag mit, der nun weiterverfolgt werden soll – auch wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sich am Ende des Treffens nicht gerade euphorisch dazu äußerte.

Fragen und Antworten im Überblick:

Worum geht es?

Die G7 wollen an einem Plan für eine internationale Preisobergrenze für russisches Öl arbeiten. Er sieht vor, Russland dazu zu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Die Hoffnung ist, dass dies zu einer Entspannung an den Märkten führt. Zudem soll dafür gesorgt werden, dass Russland nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitiert und damit seine Kriegskasse füllen kann.

Hat die EU nicht gerade erst ein Ölembargo gegen Russland beschlossen?

Ja, dies könnte aber am Ende dazu führen, dass die Weltmarktpreise wegen der steigenden Nachfrage nach nicht-russischem Öl weiter steigen – was gut für Russlands Präsidenten Wladimir Putin und schlecht für die Verbraucher und die Wirtschaft in allen Ländern wäre, die Öl importieren müssen. In G7-Staaten wird es deswegen derzeit für besser gehalten, wenn Drittstaaten weiter russisches Öl beziehen. Dieses soll aber künstlich günstig gehalten werden.

Wie könnte Russland gezwungen werden, sein Öl günstiger an Länder wie Indien zu verkaufen?

Die Idee ist, für Öltransporte wichtige Dienstleistungen an die Einhaltung der Preisobergrenze zu knüpfen. So könnte zum Beispiel beschlossen werden, dass westliche Versicherungsdienstleistungen für Transporte mit russischem Öl nicht unter Sanktionsregelungen fallen, wenn die Preisobergrenze eingehalten wird. Ähnliche Regelungen könnte es für Reedereien geben, die Schiffe für den Transport von russischem Öl zur Verfügung stellen.

Gibt es keine Alternativen zu den westlichen Dienstleistungen?

Doch, aber die Kapazitäten reichen nach Einschätzung der Preisdeckel-Planer nicht aus. So wird beispielsweise ein großer Teil aller Schiffstransporte über den Versicherungsmarktplatz Lloyd’s of London abgesichert, und bei den Rückversicherern spielen deutsche Unternehmen eine große Rolle. Viele Öltransporter gehören Reedereien aus EU-Staaten wie Griechenland, Belgien oder Malta.

Warum braucht es überhaupt Versicherungen?

Wichtig sind diese Versicherungsdienstleistungen, weil Öltanker in der Regel nicht unversichert durch Hoheitsgewässer von Staaten fahren dürfen. Mit dieser Auflage soll gewährleistet werden, dass im Fall einer Havarie und einer Umweltkatastrophe Schadenersatz geleistet werden kann.

Wie viele Einnahmen könnten Russland wegbrechen?

Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) Öl der russischen Sorte Urals um die 100 US-Dollar. Bei geschätzten Produktionskosten von etwa 20 Dollar und einer Preisobergrenze von beispielsweise 60 Dollar würde Russland dann die Hälfte seines Gewinns pro Barrel einbüßen. Zugleich könnten Staaten, die überhaupt kein Öl mehr aus Russland kaufen wollen, hoffen, dass sich die Lage auf den Märkten etwas entspannt.

Was für Auswirkungen würde der Preisdeckel auf die Preise in Deutschland und den anderen G7-Staaten haben?

Im Idealfall würden die Preise für Öl zurückgehen, im weniger guten Fall zumindest nicht weiter steigen. Genaue Prognosen sind aber schwer möglich. Der Mineralöl-Wirtschaftsverband Fuels und Energie erklärte bereits in der Diskussion um das EU-Öl-Embargo, dass die Markt- und Preisentwicklung von vielen Faktoren abhänge, etwa auch vom Dollarkurs und Beschlüssen der großen Förderländer.

Was für eine Preisobergrenze soll es geben?

Darüber schweigen sich die Planer bislang aus. Nach Angaben eines ranghhohen EU-Beamten könnte es eine flexible Preisgestaltung geben. Der Preis sei eine Schlüsselfrage, sagte er am Dienstag. wenn man zu hoch geht, sind die Einnahmen für Russland zu hoch. Wenn man den Preis zu niedrig ansetze, könnte Russland der Anreiz genommen werden, weiter Öl zu liefern.

Wann könnte es einen Beschluss zum Preisdeckel geben?

Das ist unklar. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete die die Pläne in der Abschlusspressekonferenz als ein «sehr ambitioniertes und sehr voraussetzungsvolles Vorhaben». Deshalb werde da noch viel Arbeit mit verbunden sein.

Aus Sicht von Unterhändlern könnten die technischen Vorbereitungen in Kürze abgeschlossen werden. Wichtig sei nun, ausreichend viele Staaten und auch die Versicherer zum Mitmachen zu bewegen, hieß es aus einer Gipfel-Delegation. Die Preisobergrenze werde nämlich nicht funktionieren, wenn westliche Versicherer russische Öl-Transporte gar nicht mehr versichern wollten oder wenn sich Drittstaaten aus Angst vor Russland nicht trauten, günstiges russisches Öl zu kaufen.

Könnte es auch eine Preisobergrenze für russisches Gas geben?

Auch das soll geprüft werden. Fraglich ist aber, ob Russland noch Gas nach Europa liefern würde, wenn es dafür deutlich weniger Geld bekommen würde. Alternativ könnte es auch einen Preisdeckel geben, bei dem die EU-Staaten die Differenz bezahlen, um die Verbraucher zu entlasten.

dpa