Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

Gaza-Gespräche: Neuer Anlauf für Waffenruhe

«Globale Herausforderungen» lautet ein Thema des Wirtschaftsforums in Riad. Schnell wird klar, dass die Konferenz sich vor allem in ein Krisentreffen zum Gaza-Krieg verwandelt – Erfolgschancen unklar.

US-Außenminister Antony Blinken (l.) trifft sich mit Katars Premierminister und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman bin Jassim Al Thani in Riad.
Foto: Evelyn Hockstein/Pool Reuters/AP/dpa

Mit Spitzendiplomatie in Riad und parallelen Gesprächen in Kairo haben Vermittler einen neuen Anlauf gestartet, um eine Waffenruhe im Gaza-Krieg auszuhandeln und eine große Offensive Israels auf die Stadt Rafah abzuwenden. Vor der Hamas lag nach Worten des britischen Außenministers David Cameron am Montag ein Vorschlag über eine 40 Tage lange Feuerpause. Demnach sollten «möglicherweise Tausende» Palästinenser aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden im Gegenzug für die Freilassung von Geiseln aus Gewalt der Hamas, sagte Cameron am Montag in Riad bei einer Konferenz des Weltwirtschaftsforums (WEF). 

«Ich hoffe, dass Hamas sich auf diesen Deal einlässt», sagte Cameron. Aller Druck weltweit und «alle Augen» sollten jetzt auf der Hamas liegen. US-Außenminister Antony Blinken sagte, Israel habe einen «sehr, sehr großzügigen» Vorschlag gemacht». Das Einzige, was die Menschen in Gaza jetzt von einer Waffenruhe trenne, sei die Hamas. Diese müsse «entscheiden und sie müsse schnell entscheiden», sagte Blinken. Eine Hamas-Delegation traf am Montag in Kairo ein, um über den jüngsten Vorschlag zu verhandeln. 

Israelische Medien hatten zuvor berichtet, dieser Vorschlag sehe eine Freilassung von 33 Geiseln aus der Gewalt der Hamas vor. Im Gegenzug beabsichtige Israel, mehrere Hundert palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen zu entlassen. Unter ihnen seien Frauen, auch Soldatinnen, ältere Menschen, Verletzte und «psychisch Beeinträchtigte». Die Länge der Feuerpause sollte dabei den Berichten zufolge von der Zahl der freigelassenen Geiseln abhängen. Israel würde sich demnach auch von einer zentralen Straße zurückziehen, die den Gazastreifen in Norden und Süden teilt. Einwohner des nördlichen Abschnitts dürften auch in ihre Wohnorte zurückkehren. Eine große Mehrheit, der rund 2,2 Millionen Einwohner der Gazastreifens ist während des Krieges in den Süden geflohen. 

Neue israelische Angriffe in Rafah

Der Ausgang der Verhandlungen wird auch bestimmen, ob Israel seine Angriffe in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens fortsetzt und zu einer großangelegten Offensive ausweitet. Trotz wiederholter Warnungen von Verbündeten wegen Hunderttausender Binnenflüchtlinge in der Stadt plant Israel, die verbliebenen Hamas-Bataillone dort zu zerschlagen. Bei neuen israelischen Angriffen in Rafah wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mindestens 27 Palästinenser getötet. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

In Bezug auf die Verhandlungen in Kairo und die Kämpfe in Rafah gab es Spekulationen, dass Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu möglicherweise zwischen einem Geisel-Deal und dem Fortbestand seiner Regierung wählen müsse. Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hatte am Sonntag mit einem Ende der Regierung gedroht, sollte der aktuelle Geisel-Deal umgesetzt und ein Militäreinsatz in Rafah gestoppt werden. Netanjahus politisches Überleben hängt von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern ab.

In Riad sollten am Montag am Rande der WEF-Konferenz mehrere Außenminister westlicher und arabischer Länder über den Konflikt beraten – Diplomatenkreisen zufolge im Format 5+5. Neben Blinken sollten unter anderem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock teilnehmen sowie deren Amtskollegen aus Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien. Die WEF-Konferenz drehte sich eigentlich um Themen zu Umwelt, Gesundheit und Finanzen, wurde aber stark beherrscht vom Gaza-Krieg und dessen Auswirkungen auf die Region.

Auch an der nördlichen Grenze Israels zum Libanon dauerten die Kämpfe am Montag an. Die Kassam-Brigaden, der bewaffnete Flügel der Hamas, beanspruchten einen Angriff mit zahlreichen Raketen auf ein Militärlager in der Nähe der Grenzstadt Kiriat Schmona. Es gab keine Berichte über Verletzte oder Sachschäden. Israelische Medien berichteten, dass die meisten der etwa 20 Geschosse von der Raketenabwehr abgefangen wurden. Der Rest traf unbewohntes Gebiet. In der Nacht hatte Israel eigenen Angaben zufolge Ziele der schiitischen Miliz Hisbollah im Süden des Libanon angegriffen.

dpa