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Friedensbemühungen im Gaza-Krieg: Außenminister beraten in Riad

Minister aus verschiedenen Ländern diskutieren über Waffenruhe und Geiselbefreiung, während Hamas-Delegation nach Kairo reist.

US-Außenminister Antony Blinken will heute mit mehreren Amtskollegen in Saudi-Arabien über den Krieg in Nahost beraten.
Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

Heute wird bei einem Treffen mehrerer Außenminister westlicher und arabischer Staaten in Riad über Bemühungen für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas gesprochen. US-Außenminister Antony Blinken, der auf dem Rückweg eines Besuchs in China nach Saudi-Arabien reist, will nach Angaben seines Büros mit regionalen Partnern über den Konflikt beraten. Anwesend sein werden unter anderem Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre Amtskollegen aus Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

Die Minister kommen in Riad am Rande des Open Forums zusammen, einer Wirtschaftskonferenz des Weltwirtschaftsforums (WEF), bei der Themen wie Umwelt, Gesundheit und Finanzen diskutiert werden. Laut dem WEF-Präsidenten Børge Brende sollte Israel nicht teilnehmen.

Eine Delegation der Hamas plant heute voraussichtlich nach Kairo zu reisen, um in der ägyptischen Hauptstadt über Einzelheiten eines neuen Vorschlags für einen Kompromiss mit Israel zu diskutieren, wie ein Hamas-Repräsentant der dpa mitteilte. Trotz Hoffnungen auf eine Einigung bei den indirekten Verhandlungen zwischen internationalen Vermittlern – Israels Regierung und die Hamas führen grundsätzlich keine direkten Gespräche – sind diese bisher immer wieder gescheitert. Zuletzt wurde der Fokus der Gespräche von Katar nach Ägypten verlagert.

Kann Offensive in Rafah noch abgewendet werden?

Ein führender Hamas-Funktionär kündigte auf Telegram an, dass die Islamistenorganisation einen israelischen Vorschlag prüfen und eine Antwort geben werde. Laut israelischem Fernsehen erwartet die Regierung Israels diese Antwort bis heute. Außenminister Israel Katz erklärte, dass Israel bereit sei, den Militäreinsatz in der Stadt Rafah zu verschieben, falls es zu einem Deal zur Freilassung der Geiseln in der Gewalt der Hamas kommen sollte.

Die USA haben die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wiederholt vor einer großangelegten Offensive in Rafah gewarnt. Die Stadt an der Grenze zu Ägypten ist mit Hunderttausenden Flüchtlingen überfüllt. US-Präsident Biden habe seinen klaren Standpunkt in einem Gespräch mit Netanjahu bekräftigt, teilte das Weiße Haus mit.

Laut israelischen Medien handelt es sich bei dem aktuellen Entwurf für einen Deal zunächst um ein begrenztes Abkommen, das vorläufig nur die Freilassung von weiblichen, älteren und kranken Geiseln vorsieht. Die Hamas hat kürzlich einen dauerhaften Waffenstillstand gefordert, was von Israel abgelehnt wird. Es wird befürchtet, dass viele der noch im Gazastreifen vermuteten 133 Geiseln inzwischen nicht mehr am Leben sind.

Israelischer Minister droht Ende der Regierung

Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi hat laut Militärangaben mit den führenden Offizieren des Südkommandos Pläne zur Fortsetzung des Gaza-Kriegs besprochen und genehmigt. Es wurden keine weiteren Einzelheiten genannt. Halevi hatte zuvor bereits weitere Maßnahmen zur Fortsetzung des Gaza-Krieges genehmigt. Die israelischen Medien betrachteten die Entscheidung auch als Zustimmung zur geplanten Offensive in Rafah.

Israels rechtsextremer Finanzminister Bezalel Smotrich hatte zuvor mit einem Koalitionsbruch gedroht, sollte ein Militäreinsatz in Rafah zugunsten eines Geisel-Deals gestoppt werden. Dies wäre eine «demütigende Kapitulation» und ein «Todesurteil für die Geiseln und unmittelbare existenzielle Gefahr für den Staat Israel», sagte Smotrich in einer Video-Botschaft an Netanjahu.

Netanjahu soll Haftbefehle des Strafgerichtshofs befürchten

Laut Medienberichten befürchtet der israelische Ministerpräsident, dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehle gegen ihn und andere israelische Führungspersönlichkeiten erlassen könnte. Es wird berichtet, dass Chefankläger Karim Khan noch in dieser Woche internationale Haftbefehle für Netanjahu, Verteidigungsminister Joav Galant und Generalstabschef Herzi Halevi ausstellen könnte. Es gab keine Stellungnahme aus Den Haag zu diesem Thema.

Der Internationale Strafgerichtshof untersucht seit 2021 mutmaßliche Kriegsverbrechen der Hamas und Israels im Gazastreifen. Es werden auch Untersuchungen zu Gewalttaten israelischer Siedler im Westjordanland durchgeführt.

Israels Außenminister Katz wies im Zusammenhang mit den Berichten über mögliche Haftbefehle alle israelischen Auslandsvertretungen an, sich sofort auf eine «schlimme antisemitische, antijüdische und antiisraelische Welle auf der Welt vorzubereiten». Auch Sicherheitsmaßnahmen rund um jüdische Einrichtungen sollten erhöht werden, so ein Sprecher des Ministeriums zu der Anweisung an die Botschaften.

Israels Armee greift weiter Ziele im Gazastreifen an

Die israelische Armee hat am Wochenende weitere Luftangriffe gegen die Hamas im Gazastreifen durchgeführt. Laut Armee wurde im zentralen Teil des Küstengebiets ein Fahrzeug mit acht Hamas-Terroristen getroffen. Darüber hinaus wurden Terror-Infrastruktur, Beobachtungsposten und Raketen-Abschussrampen angegriffen.

Der Krieg begann mit dem beispiellosen Massaker, bei dem am 7. Oktober des letzten Jahres in Israel mehr als 1200 Menschen getötet wurden, das von Terroristen der Hamas und anderer Gruppen verübt wurde. Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn im Gazastreifen 34.454 Menschen getötet. Die veröffentlichten Zahlen unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Bewaffneten und sind schwer unabhängig zu überprüfen.

Humanitäre Hilfe

Israels Armeesprecher Daniel Hagari kündigte eine Ausweitung der Hilfslieferungen nach Gaza an. Hierzu sollten unter anderem die Öffnung des israelischen Hafens Aschdod und ein neuer Übergang für humanitäre Transporte im Norden des Gazastreifens beitragen, sagte er. Zusammen mit dem US-Militär werde auch an einem vorübergehenden Pier gearbeitet, um Hilfslieferungen von Schiffen an Land bringen zu können. «Es ist eine Top-Priorität, Hilfe zu den Menschen in Gaza zu bringen, denn unser Krieg ist gegen die Hamas, nicht gegen die Menschen in Gaza», sagte Hagari.

Kritiker beschuldigen Israel seit Monaten, Hilfslieferungen gezielt zu behindern und damit eine Verschärfung der humanitären Notlage im Gazastreifen billigend in Kauf zu nehmen. Das Weiße Haus teilte mit, dass US-Präsident Biden in seinem Telefonat mit Netanjahu betonte, dass die jüngsten Fortschritte bei den Hilfslieferungen in voller Abstimmung mit den humanitären Organisationen fortgesetzt und verstärkt werden müssten.

Die Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) will ihre Arbeit in Gaza heute wieder aufnehmen. Anfang April waren sieben Helfer bei einem Luftangriff getötet worden, als ihr Konvoi aus drei Fahrzeugen ein Warenlager in Deir al-Balah im Zentrum des Gazastreifens verließ. Die israelische Armee bezeichnete den Angriff später als «schweren Fehler», die Fahrzeuge seien nicht korrekt identifiziert worden.

dpa