Die Hamas hält Geiseln fest. Israel fordert Waffenruhe. Hilfslieferungen könnten gestoppt werden. Neue Kämpfe drohen.
Israel droht mit Eskalation im Gazastreifen

Die Waffenruhe zwischen Israel und der islamistischen Hamas im Gazastreifen steht auf der Kippe. «Wenn die Hamas nicht bald die Geiseln freilässt, werden die Tore Gazas geschlossen und die Tore zur Hölle geöffnet», sagte Israels Verteidigungsminister Israel Katz nach Angaben seines Büros. Man werde nur noch einige Tage weiter verhandeln, sagte Katz und drohte mit einer Wiederaufnahme der Kampfhandlungen.
Laut israelischen Informationen hält die Hamas noch 24 Geiseln sowie 35 Leichen von Entführten fest. Israel verlangt die Fortsetzung der Waffenruhe als Gegenleistung für die Rückgabe der Entführten, wie es der Vorschlag des US-Sondergesandten Steve Witkoff vorsieht. Die Hamas besteht jedoch darauf, sofort Verhandlungen über die zweite Phase der Vereinbarung aufzunehmen, die das Ende des Krieges und den Abzug der israelischen Truppen vorsieht. Nur so könnten die israelischen Geiseln freikommen.
Bricht der Krieg wieder aus?
Nachdem Israel bereits den Zugang für sämtliche Hilfslieferungen in den großflächig zerstörten Gazastreifen gestoppt hatte, könnten weitere Maßnahmen folgen, sollte es in den kommenden Tagen keine Einigung über die Freilassung weiterer Geiseln geben, schrieb die «Jerusalem Post». So bereite sich Israel darauf vor, den abgeriegelten Küstenstreifen auch von der Wasser- und Stromversorgung abzuschneiden. All diese Maßnahmen würden vor allem die notleidende palästinensische Zivilbevölkerung in dem Küstengebiet treffen.
Sollte keine Einigung zwischen Israel und der Hamas erzielt werden, schätzten Beamte, dass Israel die Kämpfe im Gazastreifen in etwa anderthalb Wochen wieder aufnehmen würde, berichtete die Zeitung weiter. Für den Fall einer Wiederaufnahme des Kriegs werde man die Hamas-Kämpfer mit «Kräften und Methoden konfrontieren, denen sie noch nie begegnet sind», wurde Verteidigungsminister Katz zitiert. Kürzlich war eine von der neuen US-Regierung freigegebene Lieferung schwerer Bomben in Israel eingetroffen.
Verhandlungen stocken
Laut israelischen Medien stocken die Gespräche. Obwohl die Hamas den Vorschlag von Witkoff abgelehnt habe, sei Israel der Bitte der Vermittler nachgekommen und lasse noch einige weitere Verhandlungstage zu, sagte Katz. Nach unbestätigten Informationen der «Jerusalem Post» hat die Hamas den Witkoff-Vorschlag anscheinend «weder akzeptiert noch abgelehnt». Dieser sieht laut israelischen Angaben die Fortsetzung der Waffenruhe bis Mitte April im Gegenzug für die Übergabe potenziell aller verbliebenen Geiseln vor.
Israelische Beamte spekulierten, dass die Hamas möglicherweise bereit wäre, bald weitere Geiseln freizulassen, auch ohne die Annahme des Witkoff-Vorschlags, im Austausch für die Freilassung palästinensischer Häftlinge und die Wiederaufnahme von Hilfslieferungen nach Gaza, wie die Zeitung berichtete. Es wurde jedoch betont, dass dies auch von anderen Fragen abhängt, ohne weitere Details anzugeben. Die israelische Regierung müsse entscheiden, was mit der Hamas verhandelt werde und was die Terrororganisation im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln erhalten würde, so eine nicht näher genannte Quelle.
Gipfel zum Wiederaufbau des Gazastreifens in Kairo
Arabische Staats- und Regierungschefs kommen derweil heute in der ägyptischen Hauptstadt Kairo zu einem Gipfeltreffen zusammen, um über Pläne zum möglichen Wiederaufbau des Gazastreifens zu beraten. Damit will die ägyptische Regierung den umstrittenen Plänen von US-Präsident Donald Trump etwas entgegensetzen, die in Gaza lebenden rund zwei Millionen Palästinenser nach Ägypten und Jordanien dauerhaft «umzusiedeln». Trumps Äußerungen hatten in der arabischen Welt und darüber hinaus große Empörung ausgelöst. Die Vereinten Nationen warnten vor einer «ethnischen Säuberung». Zu dem Gipfeltreffen in Kairo wird auch EU-Ratspräsident António Costa erwartet.
Die Kosten für den Wiederaufbau des Gazastreifens, der infolge des Kriegs in Trümmern liegt, werden von den UN auf 53 Milliarden US-Dollar geschätzt. Es gibt viele ungeklärte Fragen bei Diskussionen über die Zukunft des Küstengebiets, wie zum Beispiel wer den Gazastreifen nach einem Kriegsende kontrollieren und sichern soll. Der Krieg wurde durch das beispiellose Massaker ausgelöst, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober 2023 in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten.
Mehr als 1.200 Menschen wurden auf israelischer Seite getötet und über 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Seit Kriegsbeginn wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 48.300 Menschen in Gaza getötet. Die unabhängig nicht überprüfbare Zahl unterscheidet nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten, wird jedoch von den UN als ziemlich glaubwürdig angesehen.