Feiertag oder Trauertag? Der «Australia Day» ist umstritten, denn mit ihm wird der Kolonisierung des Landes gedacht. Die Ureinwohner sprechen vom «Invasion Day». Worum geht es bei ihren Protesten?
Gedenken an Kolonisierung: Australia Day sorgt für Proteste
Der umstrittene Nationalfeiertag «Australia Day» hat in Down Under wieder landesweite Proteste von Ureinwohnern und Aktivisten ausgelöst. Zehntausende Menschen versammelten sich nach Medienberichten unter anderem in den Metropolen Sydney, Melbourne und der Hauptstadt Canberra.
Mit dem Tag gedenkt das Land der Ankunft der ersten britischen Flotte in Sydney Cove am 26. Januar 1788. Es war der Auftakt zur Kolonisierung des Landes. Die Folgezeit war durch Gräueltaten und die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung geprägt, die den Tag deshalb als «Invasion Day» oder auch «Survival Day» bezeichnet.
Aborigine- und Palästinaflaggen
In der Innenstadt von Sydney versammelten sich laut der Nachrichtenagentur AAP etwa 15.000 Menschen, viele von ihnen mit der Flagge der Aborigines – eine gelbe Sonne vor schwarzem und rotem Hintergrund. Auch propalästinensische Aktivisten schlossen sich den Protesten an.
In Melbourne, Canberra, Brisbane, Perth und anderen Städten gab es auch Kundgebungen und Trauerbekundungen. Viele weiße Australier verbrachten den Feiertag jedoch mit Familie und Freunden beim Grillen oder am Strand.
Indigene werden bis heute benachteiligt
Der Tag markiere den Beginn von Völkermord und Enteignung in Australien, teilte die Organisation Antar im Vorfeld mit, die sich für die Rechte der Ureinwohner einsetzt. «Der 26. Januar ist kein Tag zum Feiern», hieß es. Stattdessen sollte an diesem Tag dem Widerstand der Aborgines angesichts systematischer und anhaltender Ungerechtigkeit Respekt gezollt werden.
Die Kolonisierung dauert in vielerlei Hinsicht bis heute an, wie die Organisation betonte. Laut Regierungsangaben wird die Zahl der indigenen Australier auf etwa 980.000 geschätzt, die im Vergleich zu den restlichen 26 Millionen Australiern vielfach benachteiligt sind. Erst Ende 2023 sprach sich eine klare Mehrheit der Australier bei einem historischen Referendum dagegen aus, den Ureinwohnern ein größeres politisches Mitspracherecht einzuräumen.
Was fordern die Gegner des «Australia Day»?
Es existieren diverse Ideen. Eine davon ist, das Datum zu verlegen – idealerweise auf einen Tag, der die Vielfalt der australischen Bevölkerung symbolisiert. Manche befürworten jedoch eine komplette Abschaffung des Nationalfeiertags.
Viele Jahrzehnte lang wurden früher Aborigine-Kinder ihren Eltern entrissen und mussten in Heimen oder bei weißen Familien aufwachsen. Zehntausende Mädchen und Jungen waren betroffen, in Australien werden sie als «Stolen Generation» (gestohlene Generation) bezeichnet. Für das Leid der Ureinwohner gab es erst 2008 eine offizielle Entschuldigung durch den damaligen Premierminister Kevin Rudd, der um Vergebung für das erlittene Unrecht bat.