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Georgiens Opposition erkennt Wahlergebnis nicht an

Die Südkaukasusrepublik Georgien hat bei einer Schicksalswahl auch über den EU-Kurs des Landes abgestimmt. Um das Ergebnis gibt es Streit. Die prowestliche Opposition will nun kämpfen.

Bei der Parlamentswahl in Georgien wurde über die Zukunft des Landes abgestimmt.
Foto: Shakh Aivazov/AP/dpa

In Georgien, einer Südkaukasusrepublik, die an Russland grenzt, gibt es Streit zwischen der prowestlichen Opposition und der nationalkonservativen Regierungspartei über das vorläufige Ergebnis der Parlamentswahl. Sowohl die Partei des reichsten und mächtigsten Mannes des Landes, Bidsina Iwanischwili, als auch die proeuropäische Opposition behaupten, den Sieg errungen zu haben. Nichtregierungsorganisationen haben Hunderte von Verstößen gegen das Wahlrecht beklagt, und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) wird heute das Urteil ihrer etwa 500 Wahlbeobachter bekanntgeben.

Georgien, das am Schwarzen Meer liegt, hat 3,7 Millionen Einwohner und ist seit Ende 2023 EU-Beitrittskandidat. Aufgrund umstrittener Gesetze liegt der Beitrittsprozess jedoch auf Eis. Die Opposition, die traditionell gespalten ist und mit mehreren Wahlbündnissen antritt, befürchtet, dass Georgien unter der Führung des in Moskau wohlhabenden Oligarchen Iwanischwili noch stärker auf den großen Nachbarn Russland zugeht und endgültig von seinem EU-Kurs abweicht. Die von ihm gegründete Regierungspartei Georgischer Traum versprach hingegen im Wahlkampf Frieden und Stabilität – und schürte Ängste vor einem Krieg mit Russland, sollte die Opposition gewinnen.

Nachdem mehr als 70 Prozent der Wahlzettel ausgezählt wurden, sprach die Wahlkommission in Tiflis der Regierungspartei eine absolute Mehrheit von etwa 53 Prozent zu. Vier proeuropäische Oppositionsblöcke, die die Fünf-Prozent-Hürde überwanden, erreichten zusammen gut 38 Prozent der Stimmen. Iwanischwili feierte kurz nach Schließung der Wahllokale mit seinen Anhängern und Feuerwerk in Tiflis seinen vermeintlichen Sieg, obwohl noch keine aussagekräftigen Ergebnisse vorlagen.

Oppositionsbündnisse wollen um Sieg kämpfen

Die proeuropäische Staatspräsidentin Salome Surabischwili, die der Opposition nahesteht, verkündete nach Veröffentlichung der ersten Prognosen, dass die Parteien, die in die EU streben, 52 Prozent der Stimmen erhalten haben. Sie bezog sich dabei auf Nachwahlbefragungen des US-Instituts Edison, das eine Niederlage der Regierungspartei vorausgesagt hatte.

https://x.com/Zourabichvili_S/status/1850208321430589658

Die pro-westlichen Oppositionsbündnisse lehnen die offiziellen Ergebnisse ab und planen, um den Sieg zu kämpfen. Obwohl sie uneins sind, haben sie das gemeinsame Ziel, den 68-jährigen Milliardär Iwanischwili zu stürzen und einen pro-EU-Kurs einzuschlagen. Tinatin Bokutschawa, die Chefin der Partei Vereinte Nationale Bewegung von Ex-Präsident Michail Saakaschwili, sagte, dass die Wahlleitung nur Iwanischwilis Anweisungen befolgt habe. Ein Aktionsplan der Regierungsgegner wird koordiniert.

«Ein verfassungsrechtlicher Staatsstreich»

«Die Wahlen sind der Opposition gestohlen worden. Dies ist ein verfassungsrechtlicher Staatsstreich und ein Missbrauch der Macht», sagte Nika Gwaramia von der Koalition für den Wandel. Die Wahl sei gefälscht worden nach einem komplizierten technologischen Schema. Details nannte er nicht. 

Im Land waren zahlreiche Wahlbeobachter von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen im Einsatz. Laut einer Erklärung des proeuropäischen NGO-Bündnisses Myvote, die auch von der georgischen Zweigstelle der bekannten Antikorruptionsorganisation Transparency International verbreitet wurde, spiegelten die vorläufigen Wahlergebnisse nicht den Willen der Wähler wider. Experten für Wahlrecht hatten bereits im Vorfeld einen Missbrauch staatlicher Ressourcen durch die Regierungspartei kritisiert.

Insgesamt wurden etwa 3,5 Millionen Georgier im In- und Ausland aufgefordert, ihre Stimme abzugeben. Die Wahlbeteiligung lag laut vorläufigen Angaben bei etwa 59 Prozent – drei Prozentpunkte höher als noch 2020.

EU wirft Georgiens Regierung antieuropäischen Kurs vor 

Iwanischwili macht die Vereinte Nationale Bewegung von Ex-Präsident Saakaschwili für den Krieg mit Russland im Jahr 2008 verantwortlich, in dessen Folge Moskau die abtrünnigen georgischen Gebiete Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten anerkannte. So verlor Georgien 20 Prozent seines Staatsgebiets. Iwanischwili kündigte mehrfach an, die Partei verbieten zu wollen, sollte sein Georgischer Traum bei der Wahl eine Zweidrittelmehrheit im Parlament erlangen.

Die Führung des Landes wird von der EU beschuldigt, einen antieuropäischen Kurs zu verfolgen, und der Beitrittsprozess wurde eingefroren. Trotz massiver Proteste hat die Regierung Gesetze verabschiedet, die ähnlich sind wie in Russland – einschließlich eines Gesetzes zur Kontrolle der Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen und Medien aus dem Ausland, um angebliche ausländische Einflussnahme zu verhindern. Auch die Rechte von Schwulen, Lesben und anderen sexuellen Minderheiten wurden eingeschränkt – zum Wohlgefallen der georgisch-orthodoxen Kirche, die weiterhin großen Einfluss in Georgien hat.

dpa