Trump macht Druck: «Lasst uns das hinter uns bringen – SCHNELL.» Was auf dem Spiel steht, wenn Hamas und Israel in Ägypten über Geiseln und Frieden verhandeln.
Gespräche über Friedensplan ab Montag in Ägypten geplant
Vor den in Ägypten geplanten Gesprächen über seinen Nahost-Friedensplan fordert US-Präsident Donald Trump die islamistische Hamas auf, seiner Initiative schnell zuzustimmen. «Ich werde keine Verzögerung tolerieren», schrieb der Republikaner auf der Plattform Truth Social – und auch kein Ergebnis, bei dem der Gazastreifen erneut eine Bedrohung darstelle. Die Hamas müsse schnell handeln. «Lasst uns das hinter uns bringen – SCHNELL.»
Ägypten erwartet Unterhändler am Montag
Das ägyptische Außenministerium in Kairo teilte mit, das Land werde Vertreter Israels und der Hamas an diesem Montag zu Gesprächen über den Austausch der israelischen Geiseln im Gazastreifen mit palästinensischen Gefangenen empfangen. Die Gespräche, die vermutlich über Vermittler geführt werden, seien «Teil der Bemühungen, auf dem regionalen und internationalen Momentum aufzubauen», das nach Trumps Vorstellung des Friedensplans entstanden sei, hieß es. Es sollten die Details eines Austauschs besprochen werden.
Es wurde keine offizielle Treffpunkt genannt, aber neben Kairo war auch der Touristenort Scharm El-Scheich im Süden der Halbinsel Sinai im Gespräch. Mehrere israelische Medien berichteten, dass auch der US-Sondergesandte Steve Witkoff in die Region kommen werde, um an den Gesprächen teilzunehmen.
Der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU) ist bereits heute im Golfemirat Katar. Er plant, zunächst mit Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani über die Lage zu diskutieren. Katar spielt eine wichtige Rolle als Vermittler zwischen Israel und den Palästinensern.
Die Hamas plante laut Angaben aus ihrem Umfeld bereits am Abend eine Delegation nach Ägypten zu schicken, um über den Friedensplan zu verhandeln. Auch Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte in einer Video-Ansprache, dass er das israelische Verhandlungsteam angewiesen habe, nach Ägypten zu reisen.
Bei den Diskussionen wird es darum gehen, die finalen Einzelheiten der Geiselübergabe zu klären. Netanjahu betonte, dass Israel und die USA entschlossen seien, die indirekten Verhandlungen mit der Hamas auf wenige Tage zu begrenzen.
Trump: Sofort Waffenruhe, wenn Hamas zustimmt
Derweil machte Trump deutlich, eine Waffenruhe sei sofort möglich, wenn auch die Hamas einer bestimmten Rückzugslinie für die israelische Armee in dem Küstenstreifen zustimme. Israel habe diese Linie bereits gebilligt, schrieb der Republikaner auf der Plattform Truth Social. «Sobald die Hamas zustimmt, tritt die Waffenruhe SOFORT in Kraft.» Es folge der Austausch der Geiseln und Gefangenen und man schaffe die Voraussetzungen für die nächste Phase des Rückzugs.
Trump hat auch eine Grafik unter seinem Beitrag gepostet, die eine Verlaufslinie im Gazastreifen zeigt. In seinem vor fast einer Woche vorgestellten Friedensplan für ein Ende des Gaza-Kriegs wurde keine konkrete Rückzugslinie genannt. Stattdessen hieß es: „Israelische Streitkräfte werden sich auf die vereinbarte Linie zurückziehen, um eine Geiselfreilassung vorzubereiten.“
Kurz vor Trumps Mitteilung hatte Netanjahu deutlich gemacht, die israelische Armee werde sich neu positionieren, aber weiterhin strategisch wichtige Gebiete «tief im Gazastreifen» kontrollieren.
Netanjahu zuversichtlich: baldige Rückgabe aller Geiseln
Netanjahu äußerte sich zugleich hoffnungsvoll über die Möglichkeit einer baldigen Freilassung der restlichen Geiseln im Gazastreifen. «Wir befinden uns kurz vor einer großen Errungenschaft», sagte er. Dies sei aber noch nicht absolut sicher. «Ich hoffe, dass wir euch mit Gottes Hilfe in den nächsten Tagen, noch während des Laubhüttenfests, über die Rückkehr aller unserer Geiseln informieren können.» Das Laubhüttenfest beginnt am Montagabend und dauert eine Woche.
Zugleich hob Netanjahu hervor, dass die Rückgabe der Geiseln erfolgen könnte, während die israelische Armee noch im Gazastreifen stationiert bleibe. Sicher sei, dass die Hamas entwaffnet und der Gazastreifen entmilitarisiert werde. Dies könne entweder auf diplomatischem Weg – entsprechend dem Friedensplan von Trump – oder mit militärischen Mitteln geschehen. «Es wird auf dem leichten oder auf dem schweren Weg erzielt – aber es wird passieren.»
Die Hamas hat bisher immer darauf bestanden, dass der Abzug des israelischen Militärs die Bedingung für die Freilassung aller Geiseln ist. Laut palästinensischen Berichten kam es am Samstag erneut zu schweren Luftangriffen mit mindestens 70 Toten. Diese Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Zurzeit befinden sich noch 48 Geiseln in der Gewalt von Islamisten, darunter auch sieben Deutsche. Laut israelischen Informationen sind 20 der Entführten noch am Leben. Die Hamas hatte zuvor Vermittlern mitgeteilt, dass sie nicht wisse, wo sich einige der Leichen befinden.
Rechtsextremer Regierungspartner droht mit Koalitionsbruch
Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner, auf die er für das Überleben seiner Regierung angewiesen ist, kritisierten ihn hingegen scharf. Sie hatten eine Annexion und Wiederbesiedlung des Küstenstreifens gefordert, aus dem Israel sich vor 20 Jahren zurückgezogen hatte. Finanzminister Bezalel Smotrich bezeichnete Netanjahus Entscheidung, die Militäroffensive in der Stadt Gaza zu stoppen und Gespräche zu führen, als «schwerwiegenden Fehler». Dies unterhöhle die Position Israels.
Der ebenfalls ultrarechte Polizeiminister Itamar Ben-Gvir drohte mit einem Austritt seiner Partei aus der Regierung, sollte die «Terrororganisation Hamas nach der Freilassung aller Geiseln weiterhin» existieren. «Wir werden uns nicht an einer nationalen Niederlage beteiligen, die (…) zu einer tickenden Zeitbombe für das nächste Massaker werden wird», sagte er.
Mutter einer Geisel warnt vor Netanjahu und den Rechtsextremen
Die Mutter einer Geisel, Einav Zangauker, deren Sohn Matan am 7. Oktober 2023 entführt worden war, warnte bei einer Demonstration in Tel Aviv davor, dass Netanjahu gemeinsam mit Smotrich und Ben-Gvir die Geiselfreilassung noch zu Fall bringen könnte. Nach Angaben der Organisation der Angehörigen von Geiseln demonstrierten in Tel Aviv 120.000 Menschen für die schnelle Freilassung der Geiseln und einen Friedensschluss.
Am Freitagabend stimmte die Hamas Teilen von Trumps Friedensplan zu, einschließlich der grundsätzlichen Freilassung aller Geiseln, forderte jedoch gleichzeitig weitere Verhandlungen.
Entwaffnung der Hamas und Rückzug Israels Knackpunkte
Während der Gespräche in Ägypten wird voraussichtlich eine Vielzahl kontroverser Themen diskutiert. Die Hamas hat sich am Freitagabend auch nicht zu der Forderung im Friedensplan von Trump geäußert, sie zu entwaffnen. Laut Informationen aus Hamas-Quellen ist dies eine Forderung, die für die Islamisten schwer zu erfüllen ist. Auch die Frage, wie die einzelnen Schritte des umfangreichen 20-Punkte-Friedensplans von Trump räumlich und zeitlich miteinander verbunden werden können, ist bisher ungeklärt.
Der Gaza-Krieg begann mit dem von der Hamas und anderen Terroristen verübten Massaker in Israel, bei dem am 7. Oktober 2023 etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt wurden. Laut Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Kriegsbeginn mehr als 67.000 Palästinenser im Gazastreifen getötet.