In Katar läuft eine neue Verhandlungsrunde für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Unterdessen will Israel die bald auslaufende Kampfpause mit der Hisbollah angeblich verlängern – und droht der Miliz.
Gespräche über Gaza-Waffenruhe auf «Hochtouren»
Ranghohe Vertreter Israels und der US-Regierung reisen Medienberichten zufolge zu den laufenden Gesprächen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg nach Katar. Der Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, wird am Montag in Doha erwartet, wie die Nachrichtenseite «Ynet» berichtete. Zudem schrieb ein Korrespondent der US-Nachrichtenseite «Axios», auch der Nahost-Koordinator des Weißen Hauses, Brett McGurk, sei in die katarische Hauptstadt gereist. Derweil bemüht sich Israel angeblich mit Unterstützung der USA darum, die Ende November mit der libanesischen Hisbollah-Miliz vereinbarte und demnächst auslaufende Waffenruhe zu verlängern.
Die Entsendung der Unterhändler nach Doha könnte darauf hindeuten, dass eine potenzielle Einigung bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe in Gaza und die Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas näher rückt. Trotzdem gab es in den letzten Monaten bereits ähnliche Anzeichen der Hoffnung, ohne dass ein Durchbruch erzielt wurde.
Israels Verteidigungsminister richtet Warnung an Hisbollah
Selbst wenn es dazu kommen sollte, wäre auch die Umsetzung höchst kompliziert. Das zeigt die am 27. November mit der Hisbollah im Libanon vereinbarte und zunächst bis 26. Januar geltende Waffenruhe. Verteidigungsminister Israel Katz warnte am Sonntag laut der «Times of Israel», der jüdische Staat könnte sich «zum Handeln gezwungen sehen», weil die Hisbollah die Abmachung nicht einhalte.
Die am Freitag auf mittlerer Ebene begonnene neue Verhandlungsrunde zur Situation in Gaza unter Vermittlung Katars, Ägyptens und der USA laufe auf «Hochtouren», schrieb «Ynet». Am Samstag hatte die Veröffentlichung eines weiteren Geisel-Videos durch die Hamas den Druck auf die israelische Regierung nochmals erhöht. Einmal mehr gingen Tausende Israelis auf die Straße, um einen Deal zur Freilassung aller Geiseln und Beendigung des Kriegs zu fordern. «Ynet» schrieb, Barnea werde voraussichtlich am Montag zu den Gesprächen dazustoßen. Ein ungenannter palästinensischer Funktionär habe von einem «entscheidenden Tag» gesprochen.
Hamas will von USA Garantie für dauerhaftes Kriegsende
Israel hat angeblich eine Liste mit den Namen von 34 lebenden Geiseln vorgelegt, die in einer ersten Phase freigelassen werden müssten. Ein Vertreter der Hamas sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass seine Organisation dieser Liste noch nicht endgültig zugestimmt habe. Gleichzeitig betonte er, dass die Hamas auch eine Liste mit 34 Geiseln vorgelegt habe, ohne jedoch anzugeben, ob sie lebendig oder tot seien. Die israelische Seite widersprach dieser Aussage.
Die Hamas wartet noch auf eine schriftliche Garantie der USA, dass sich Israel zu einem dauerhaften Ende der Kämpfe und einem vollständigen Abzug aus dem Gazastreifen verpflichtet, sagte der Hamas-Vertreter der dpa. Die Fragen des Rückzugs der israelischen Armee aus dem Netzarim-Korridor, der den Gazastreifen in zwei Hälften teilt, und aus dem Philadelphi-Korridor entlang der Grenze zu Ägypten werden noch diskutiert, ebenso wie die Rückkehr der Vertriebenen in den nördlichen Gazastreifen. Diese könnten jedoch durch eine Erklärung über die endgültige Einstellung des Krieges und einen schrittweisen israelischen Rückzug während der Laufzeit des Abkommens gelöst werden. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu lehnt diese Forderungen bisher ab.
Des Weiteren wartet die Hamas auf eine Antwort Israels bezüglich der palästinensischen Gefangenen, die gegen die Geiseln ausgetauscht werden sollen und die derzeit in Israel inhaftiert sind. Die Islamisten behaupten, eine solche Liste bereits vorgelegt zu haben. Es besteht auch Uneinigkeit darüber, wo die palästinensischen Häftlinge freigelassen werden sollen. Israel plant, nur die als besonders gefährlich eingestuften Gefangenen ins Exil zu schicken, was von der Hamas abgelehnt wird.
US-Vermittler Hochstein im Libanon erwartet
Während im Gaza-Krieg noch um eine Waffenruhe gerungen wird, trat im Konflikt zwischen Israel und der mit der Hamas verbündeten Hisbollah-Miliz schon vor sechs Wochen eine Kampfpause in Kraft – die nun möglicherweise verlängert werden könnte. Damit solle verhindert werden, dass das Kriegsgeschehen unmittelbar nach Ablauf der Frist am 26. Januar wieder voll entbrennt oder die Waffenruhe gar vorzeitig beendet wird, berichtet die «Jerusalem Post».
Laut einem israelischen Regierungsvertreter hielt Ministerpräsident Netanjahu am Sonntagnachmittag ein Treffen mit seinen Sicherheitsberatern ab, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden, so die Zeitung.
Am Montag wird der US-Vermittler Amos Hochstein zu Gesprächen im Libanon erwartet. Einer seiner Berater sagte der «Jerusalem Post», Hochstein werde die erste reguläre Sitzung des Gremiums leiten, das überprüfen soll, ob die seit November geltende Abmachung zwischen Israel und der Hisbollah auch tatsächlich eingehalten wird.
Trotz einiger Verstöße hat die Waffenruhe bislang im Großen und Ganzen Bestand. Allerdings betont Israels Verteidigungsminister Katz, dass mehrere Punkte der zugrundeliegenden Vereinbarung noch nicht umgesetzt wurden. Die Hisbollah hat ihre Kämpfer nicht aus dem Südlibanon abgezogen und die libanesische Armee hat noch nicht alle Waffen und terroristische Infrastruktur im Grenzgebiet demontiert.
Libanesische Armee vermag Vakuum nicht zu füllen
Der Deal zur Waffenruhe, der am 27. November in Kraft trat und zunächst auf zwei Monate angelegt war, beinhaltet verschiedene Vereinbarungen. Unter anderem sollen sich die Hisbollah-Kämpfer hinter den Litani-Fluss rund 30 Kilometer nördlich der israelisch-libanesischen Grenze zurückziehen und die israelischen Streitkräfte das Nachbarland verlassen. Gleichzeitig soll die libanesische Armee ihre Präsenz im Grenzgebiet verstärken, um das entstehende Vakuum zu füllen.
«Sofern es keine große Überraschung mehr gibt», werde die libanesische Armee diese Aufgabe innerhalb der 60-tägigen Waffenruhe nicht vollständig erfüllen, sagte der von der «Jerusalem Post» zitierte israelische Regierungsvertreter. Das heiße wiederum, dass Israels Armee noch länger dort stationiert bleiben müsse, um eine Rückkehr der Hisbollah zu verhindern. Der US-Regierung habe man das bereits mitgeteilt.
An einem Scheitern der Waffenruhe könne Israel kein Interesse haben, schreibt die «Jerusalem Post». Zwar habe sich die Hisbollah seit Ende November auf libanesischer Seite der Grenze vereinzelte Verstöße gegen die Abmachung geleistet. Israelisches Gebiet, auf das vor der Waffenruhe teils Dutzende oder gar Hunderte Raketen pro Tag einprasselten, sei seither aber nicht mehr beschossen worden.