Gespräche starten zwischen Teheran und den USA im Oman. Kann ein Kompromiss gefunden werden?
Trump und Iran: Neue Hoffnung auf Atomdeal
US-Präsident Donald Trump hatte dem Iran zuletzt mit massivem Bombardement gedroht – nun gibt es erstmals seit Jahren Bewegung in den Gesprächen über Teherans umstrittenes Atomprogramm. Heute startet eine Gesprächsrunde zwischen dem Iran und den USA, vermittelt vom Sultanat Oman. Teheran wird durch Außenminister Abbas Araghtschi vertreten sein, Washington durch den US-Sondergesandten Steve Witkoff. Antworten auf wichtige Fragen:
Worum geht es bei den Gesprächen?
Der Hauptstreitpunkt ist das iranische Atomprogramm. Während Teheran darauf besteht, dass es ausschließlich für zivile Zwecke genutzt wird, befürchten Regierungen im Westen den Bau einer Atombombe. Iranische Politiker und Offiziere haben die Debatte zuletzt mit Forderungen nach Atomwaffen zur militärischen Abschreckung angeheizt.
Im Jahr 2015 stimmte der Iran nach langen Verhandlungen mit Vertragspartnern – darunter China, Russland, die USA, Frankreich, Deutschland und Großbritannien – dem Wiener Atomabkommen zu, um sein Nuklearprogramm einzuschränken. US-Präsident Donald Trump stieg jedoch 2018 einseitig aus dem Abkommen aus und verhängte neue, harte Sanktionen. Daraufhin hielt sich auch Teheran nicht mehr an die Bestimmungen des Abkommens.
Was fordert die US-Regierung jetzt von Teheran?
Trumps Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz forderte eine «komplette Demontage» des iranischen Atomprogramms. Teheran wies diese Forderung umgehend zurück. Trump hat dem Iran wiederholt mit militärischer Gewalt gedroht, falls Teheran einem neuen Abkommen zur Begrenzung seines Atomprogramms nicht zustimmen sollte. Irans Staatsoberhaupt Ali Chamenei betonte hingegen, unter Druck keine Verhandlungen führen zu wollen. Kurz vor dem Start der Gespräche sagte Trump in etwas versöhnlicherer Tonlage: «Ich möchte, dass der Iran ein wunderbares, großartiges, glückliches Land ist, aber er darf keine Atomwaffe haben.»
Sind die USA zu Kompromissen bereit?
Witkoff deutete vor dem Treffen etwas Kompromissbereitschaft an. Der Iran dürfe nicht in der Lage sein, eine Atombombe zu bauen, das sei für die USA die «rote Linie», sagte der US-Sondergesandte dem «Wall Street Journal». Die US-Zeitung zitierte Witkoff mit den Worten, die USA würden mit der Forderung nach einer Demontage des iranischen Atomprogramms in den Dialog treten. Das sei die Ausgangsposition, sagte Witkoff, fügte aber hinzu: «Das bedeutet übrigens nicht, dass wir am Rande nicht auch andere Wege finden werden, um einen Kompromiss zwischen den beiden Ländern zu finden.»
Warum drängt die Zeit für einen neuen Deal?
Der Iran reichert derzeit Uran auf 60 Prozent Reinheitsgrad an, obwohl für eine zivile Nutzung in der Atomkraft nur eine geringfügige Anreicherung erforderlich ist. Laut dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, ist der Iran der einzige Staat ohne Atomwaffen, der solches fast waffenfähiges Material produziert.
Das Wiener Abkommen endet formell im Oktober 2025, obwohl es faktisch nicht mehr umgesetzt wird. Dies bedeutet, dass die Option entfällt, alte und strenge UN-Sanktionen gegen den Iran mithilfe des sogenannten Snapback-Mechanismus ohne größeren Widerstand wieder einzusetzen. Europäische Diplomaten haben daher kürzlich auf Fortschritte in den Verhandlungen gedrängt. Die USA sind nach dem Ausstieg von Trump nicht mehr in der Lage, den Mechanismus auszulösen.
Wie unterscheidet sich die aktuelle Runde von früheren Gesprächen?
Seit Jahren stocken die Gespräche. Das gewaltsame Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Proteste unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit» im Herbst 2022 drängte den Iran weiter in die politische Isolation. Bei den wenigen Treffen zwischen europäischen Vertretern und Teheran gab es seitdem keine wesentlichen Fortschritte mehr.
Es ist neu, dass der Iran die Verhandlungen wieder mit einer hochrangigen Delegation unter der Leitung von Außenminister Araghtschi besetzt, einem erfahrenen Diplomaten mit Erfahrung in Atomverhandlungen. Witkoff hingegen wird als enger Vertrauter Trumps angesehen.
Was erhofft sich der Iran von den Gesprächen?
Die iranische Regierung hat zwei Hauptziele im Zusammenhang mit der Aussicht auf einen neuen Deal: die Verringerung der militärischen Spannungen in der Region und die Aufhebung von Sanktionen, wie der Iran-Experte Hamidreza Azizi in einem Beitrag für das European Leadership Network erklärt. Trotz früherer schlechter Erfahrungen mit der Trump-Regierung erhalten die Verhandlungen breite Unterstützung.
Die Möglichkeit eines Gesprächsformats mit den USA weckte im Iran neue Hoffnung und führte zu einem Anstieg des Rials gegenüber dem Euro um etwa fünf Prozent. In den letzten Monaten war die Währung aufgrund schlechter wirtschaftlicher Aussichten, Kriegsängsten und Drohungen von Trump kontinuierlich gefallen.
Wie wahrscheinlich ist ein neuer Atomdeal?
Vor den Gesprächen im Oman dämpfte die US-Regierung die Erwartungen deutlich. «Das sind keine Verhandlungen, das ist ein Treffen», sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Tammy Bruce. Man wolle lediglich ausloten, was grundsätzlich möglich sei. «Es ist eine Kontaktaufnahme – und nicht mehr», sagte Bruce.
Insider in Teheran mahnen jedoch zur Geduld. Ein Abschluss könnte länger als ein Jahr dauern. Entscheidend sei vor allem die Atmosphäre beim ersten Treffen zwischen Witkoff und Araghtschi. Ein Scheitern mit anschließender militärischer Eskalation sei jedoch nicht ausgeschlossen, heißt es. Allerdings hat Trump mit dem Ukraine-Krieg, dem Gaza-Konflikt und dem weltweiten Zollstreit momentan jede Menge andere Baustellen. Auf eine Eskalation mit dem Iran dürfte er es derzeit nicht unbedingt anlegen.
Welche Rolle spielt der Konflikt zwischen Iran und Israel?
Israel betrachtet einen möglichen neuen Atomdeal mit dem Iran mit Skepsis. Im letzten Jahr standen die beiden Länder mehrmals kurz vor einem offenen Krieg. Israel hat mehrfach mit Angriffen auf iranische Nuklearanlagen gedroht. Seit Jahrzehnten fordert die iranische Führung immer wieder die Vernichtung des jüdischen Staates.
Israel und die USA stimmen überein, dass der Iran keine Atomwaffen haben sollte, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kürzlich in Washington. Netanjahu, der früher einer der schärfsten Kritiker des Wiener Atomabkommens war, betonte, dass ein neuer Deal akzeptabel wäre, wenn er zur Zerstörung aller iranischen Atomanlagen führen würde. Es gilt als nahezu ausgeschlossen, dass Teheran einer solchen Forderung zustimmen würde.
Kann das iranische Atomprogramm militärisch gestoppt werden?
Experten bezweifeln, dass das Atomprogramm durch einen Militärschlag gestoppt werden könnte. Das wäre ein «außerordentlich komplexer militärischer Einsatz», heißt es in einer Analyse des Zentrums für Strategische und Internationale Studien (CSIS) in Washington. Zudem könne das Zentrifugenprogramm relativ schnell wieder aufgebaut werden.
Experten sind der Meinung, dass Luftangriffe das Atomprogramm nur vorübergehend stoppen würden, aber nicht langfristig. Darüber hinaus könnte ein Militärschlag den Iran eher dazu veranlassen, Atomwaffen zu entwickeln.
Im Fall eines Angriffs hat die Führung des Irans bereits mit Rache gedroht. Das Land besitzt eine unbekannte Anzahl von unterirdisch gelagerten Raketen, die Israel erreichen können. Die Marine hat auch angekündigt, die für den Ölexport wichtige Straße von Hormus im Persischen Golf jederzeit blockieren zu können. Gleichzeitig sind wichtige Verbündete des Irans – die Hisbollah im Libanon und die Hamas im Gazastreifen – aufgrund des Vorgehens des israelischen Militärs seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 extrem geschwächt. In Syrien hat Teheran zuletzt den langjährigen Machthaber Baschar al-Assad als Verbündeten verloren.
Warum finden die Gespräche im Oman statt?
Der Wüstenstaat pflegt gute Beziehungen nach Washington und Teheran und hat sich in Krisen immer wieder einen Namen als diskreter Vermittler gemacht. Wegen seiner pragmatischen Haltung und dem Prinzip der Nichteinmischung wird das Sultanat auch als «Schweiz des Nahen Ostens» bezeichnet. Bei den Iran-Gesprächen wird Omans Außenminister Badr al-Busaidi zwischen Araghtschi und Witkoff vermitteln.