Seit 2015 wird darüber gestritten, ob Asylsuchende, die aus einem anderen EU-Staat nach Deutschland kommen, an der Grenze abgewiesen werden können. Der neue Bundesinnenminister beantwortet sie mit Ja.
Dobrindt kündigt Zurückweisung auch von Asylsuchenden an
Der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) plant, mit mehr Polizisten an den deutschen Landgrenzen und strengeren Regeln die irreguläre Migration einzudämmen. Nach seinem Amtsantritt kündigte er an, dass künftig auch Asylsuchende an der Grenze abgewiesen werden können. Eine mündliche Weisung aus dem Jahr 2015, dies nicht zu tun, wird er nun schriftlich zurückziehen.
Es gehe nicht darum, ab morgen alle zurückzuweisen, sondern darum, «dass wir die Zahlen reduzieren», erklärte er. Schwangere, Kinder und andere Angehörige vulnerabler Gruppen würden nicht zurückgewiesen, sagte Dobrindt. Ihm gehe es um ein «Signal in die Welt und nach Europa», dass sich «die Politik in Deutschland geändert hat».
Koalitionsvertrag sieht Abstimmung mit Nachbarn vor
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD war vereinbart worden: «Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen.»
Dobrindt sagte nun: «Wir halten unsere Nachbarn in enger Abstimmung.» Er selbst und Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hätten dazu bereits in den vergangenen Tagen Gespräche geführt. Bei seiner ersten Pressekonferenz als Bundesinnenminister wurde Dobrindt vom Präsidenten der Bundespolizei, Dieter Romann, begleitet.
Stationäre Kontrollen an allen Grenzen seit September
In der Ampel-Koalition gab es zunächst kaum Unterstützer für feste Grenzkontrollen, die im sogenannten Schengen-Raum eigentlich nicht vorgesehen sind. Trotzdem hat die ehemalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht nur die 2015 begonnenen Kontrollen an der Landgrenze zu Österreich mehrfach verlängert.
Sie hatte auch Mitte Oktober 2023 solche temporären Kontrollen für die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet und bei der EU-Kommission notifiziert. Im vergangenen September entschied sie dann, dass es feste Kontrollen – die eine Voraussetzung für Zurückweisungen sind – auch an den restlichen Grenzabschnitten geben solle.
Im letzten Jahr haben 229.751 Menschen in Deutschland erstmals einen Asylantrag gestellt. Dies waren etwa 100.000 Asylerstanträge weniger als im Vorjahr. Zu den Hauptursprungsländern zählen derzeit Syrien, Afghanistan und die Türkei. Laut dem Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, ist eine Hauptursache für den Rückgang, dass Serbien im November 2023 die Flüchtlingsroute nach Ungarn praktisch geschlossen hat. Ob dies dauerhaft so bleiben wird, bleibt abzuwarten, sagte Sommer in einer Rede Ende März.
Grüne warnen vor negativen Folgen
Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich, kritisierte Dobrindts Entscheidung. Er sagte: «Diese Politik ist falsch, denn sie schadet den Menschen und der Wirtschaft.» Diese Zurückweisungen widersprächen EU-Recht. «Solche Alleingänge zerschlagen, was Europa zusammenhält.»
Zufrieden zeigte sich Sachsens Innenminister Armin Schuster. Der CDU-Politiker sagte, die Intensivierung der Grenzkontrollen sei eine gute Nachricht für Sachsen und ein «längst überfälliger Schritt, den wir und andere unionsgeführte Länder lange eingefordert haben».