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Neuaufstellung geschafft – Worauf die Grüne Jugend setzt

Der alte Vorstand der Parteijugend geht aus Unzufriedenheit mit den Grünen – nun gibt es einen neuen. Wie hält es die neue Spitze mit der Mutterpartei? Und welche Themen sind ihr wichtig?

Will den Mindestlohn auf Jugendliche ausweiten: die Grüne Jugend.
Foto: Sebastian Willnow/dpa

Beim Bundeskongress der Grünen Jugend am Wochenende in Leipzig wurden personelle und inhaltliche Entscheidungen für die Zukunft getroffen. Nach dem Rücktritt des alten Vorstands wählten die Teilnehmer Jette Nietzard (25) und Jakob Blasel (24) als neue Vorsitzende.

Die Diskussionen und Forderungen konzentrierten sich inhaltlich auf die Themen Klimaschutz, Asylpolitik und soziale Gerechtigkeit. Es gab Kritik an der Ampel-Koalition und den Grünen, aber auch hinsichtlich der eigenen Ausrichtung herrschte nicht immer Einigkeit.

Was für eine Rolle Klimaschutz spielen soll

Nun wird eines der bekannteren Gesichter der Klimabewegung Fridays for Future, Jakob Blasel, die Grüne Jugend anführen. Der Student der Rechts- und Umweltwissenschaften kritisierte, dass es nicht sein könne, dass die Bundesregierung bei einer sozialen und ambitionierten Wärmewende oder einer günstigen und guten Bahn versage.

Knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl stand auch die Frage im Raum, wie sehr das Thema im Wahlkampf im Zentrum stellen solle. Die Forderung nach einem «Klimawahlkampf» prallte auf die Ansicht, Klimaschutz solle ein zentrales Thema sein, man dürfe darüber aber das Thema Migration nicht vergessen. 

Große Unzufriedenheit beim Nachwuchs mit Asylpolitik

Bei dem Kongress kritisierten Mitglieder der Parteijugend immer wieder einen Rechtsruck in der Asylpolitik – und machten dabei auch die Mutterpartei für verantwortlich. Besonders missfallen fand unter anderem das Sicherheitspaket, das die Ampel-Koalition nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Anschlag von Solingen verabschiedet hatte.

Mit diesem wurde unter anderem der Ausschluss von Asylbewerbern von staatlichen Leistungen beschlossen, für deren Schutzersuchen nach den sogenannten Dublin-Regeln ein anderes europäisches Land die Verantwortung trägt – wenn die Ausreise für sie rechtlich und tatsächlich möglich ist. Ausnahmen soll es geben, wenn Kinder betroffen sind. Das «Sicherheitspaket» schränke die Rechte von Geflüchteten ein und zwinge sie, unter dem Existenzminimum zu leben, lautete ein Vorwurf aus den Reihen der Grünen Jugend. 

Deren neue Vorsitzende Nietzard engagiert sich für Geflüchtete und hob hervor: «Wenn Menschen in der Bundesregierung mir erzählen, wir bräuchten Obergrenzen, wir müssten schneller abschieben, dann möchte ich sie anschreien: Wir brauchen keine Obergrenzen, wir brauchen Menschenwürde.» 

Vorsitzende: Nach oben boxen statt nach unten treten

Nietzard arbeitet beim Deutschen Kinderhilfswerk und ist ursprünglich zu den Grünen gekommen, um Kinderarmut zu beenden. «Große Konzerne machen Rekordgewinne, während Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren», kritisierte sie. Zu viele Menschen arbeiteten noch immer im Niedriglohnsektor. Die Probleme löse man allerdings nicht, indem man gegen Geflüchtete oder Bürgergeldempfänger hetze, «sondern indem wir gemeinsam für eine Gesellschaft kämpfen, die nicht nach unten tritt, sondern nach oben boxt». 

Die Grüne Jugend hat in einem Antrag gefordert, den gesetzlichen Mindestlohn auf Jugendliche auszudehnen. Die gesetzliche Lohnuntergrenze gilt derzeit nicht für unter 18-Jährige ohne abgeschlossene Berufsausbildung. Blasel warf der Ampel-Koalition vor, dass soziale Gerechtigkeit bei ihr nicht auf der Tagesordnung stehe.

Unmut über Vorgehen des alten Vorstands

Die Kritik der Parteijugend richtete sich auch gegen die alte Führungsriege, die nun abgelöst wurde. Ende September hatte der ehemalige Vorstand um Svenja Appuhn und Katharina Stolla verkündet, zunächst aus der Partei auszutreten – und dann auch aus der Grünen Jugend. Die Begründung: zu wenig linkes Profil bei den Grünen, zu viele Kompromisse in der Ampel-Koalition.

Nach dem Bundeskongress wollen die Aussteigerinnen und Aussteiger nun einen neuen, linken Jugendverband gründen. Sie werben dafür unter dem Slogan «Zeit für was Neues». Dutzende Mitglieder aus zahlreichen Landesverbänden der Grünen Jugend sind ihnen gefolgt.

Die Grüne Jugend äußerte sich in Leipzig vereinzelt versöhnlich dazu – doch mehrheitlich herrschte Unmut. Die Vorwürfe betrafen eine zunächst an die Presse statt an die Mitglieder gewandte Kommunikation, aber auch eine Beteiligung an «linker Zersplitterung» und den Aufbau einer «Konkurrenzorganisation». 

Was die Parteijugend von den Grünen verlangt

Die Grüne Jugend bekräftigte, es sei nicht ihre Aufgabe, Kompromisse der Regierung mitzutragen. Stattdessen wolle man bei den Grünen für die eigenen Positionen einstehen. «Unsere Unterstützung ist dabei nicht bedingungslos», hieß es. Echte Lösungen erwarte man etwa für eine humane Asyl- und eine sozialverträgliche Klimapolitik. 

Die bisherige Parteichefin Ricarda Lang gab vor der traditionell linken Parteijugend Fehler im Umgang mit dem Thema Migration zu. Die Grünen hätten angenommen, dabei nichts gewinnen zu können. Nun müssten sie auch in der Regierung den Kampf um die Deutungshoheit bei diesem Thema wieder aufnehmen.

dpa