Nach dem Ampel-Aus muss der Bundestag neu gewählt werden – aber wann? Die Union hat dazu eine klare Vorstellung. Nun äußert sich auch der verbliebene Koalitionspartner.
Grüne offen für frühere Neuwahl
Nach dem Ampel-Aus haben sich die Grünen offen für einen früheren Neuwahltermin gezeigt. «Wir Grünen könnten auch gut mit einem früheren Termin leben. Wir haben unsere Arbeit gemacht, sind auf alles vorbereitet», sagte der scheidende Parteivorsitzende Omid Nouripour der «Bild am Sonntag». Die Union kritisierte die Debatte über Risiken einer vorgezogenen Neuwahl als absurd und warf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, die Bundeswahlleiterin zu instrumentalisieren.
Scholz hatte sich nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition gesprächsbereit über den Zeitpunkt einer Vertrauensfrage und der folgenden Neuwahl gezeigt, nachdem er zunächst den 15. Januar für die Vertrauensfrage genannt hatte. Er mahnte am Freitag eine Einigung im Bundestag darüber an, welche Gesetze noch beschlossen werden sollen. Auch SPD-Generalsekretär Matthias Miersch hatte Gesprächsbereitschaft signalisiert. «Olaf Scholz hat angeboten, dass wir uns konkret mit der Union darüber verständigen, welche wichtigen Projekte wir im Bundestag noch gemeinsam voranbringen – wie Kindergeld, Pflegeversicherung und das Deutschlandticket», sagte er der «Süddeutschen Zeitung».
Merz: Scholz muss erst die Vertrauensfrage stellen
Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, sagte dem «Stern» zu diesem Angebot: «Darüber können wir sprechen, sobald Olaf Scholz im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hat. Seine Regierungserklärung am Mittwoch wäre dafür eine gute Gelegenheit.» Jeder Tag mit einer rot-grünen Minderheitsregierung im Amt sei ein verlorener Tag für den notwendigen politischen Neuanfang.
Auch Vizekanzler Robert Habeck äußerte Zweifel an den möglichen Bedingungen für eine schnelle Vertrauensfrage. Allerdings sei dieser Schritt Sache des Kanzlers selbst und müsse auch im Hinblick auf die Organisation einer sicheren Wahldurchführung abgewogen werden, betonte der Grünen-Politiker am Samstag am Rande eines Besuchs in Neuhardenberg. Ähnlich äußerte sich Nouripour: Eine Vertrauensfrage sei originär, emotional und vor allem gemäß dem Grundgesetz ausschließlich Angelegenheit des Bundeskanzlers, sagte er der «Bild am Sonntag». «Das haben wir als Partei zu respektieren.»
CDU-Politiker Frei: Debatte über Neuwahl absurd
Die Union kritisierte auch Bundeswahlleiterin Ruth Brand, nicht nur Scholz. In einem Brief an Scholz hatte sie appelliert, beim Termin für eine Neuwahl nichts überstürzen. Dies sei aus organisatorischen Gründen riskant.
«Ich kann der Bundeswahlleiterin daher nur raten, sich von niemandem instrumentalisieren zu lassen», sagte Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, der «Bild am Sonntag». Die Debatte sei einfach absurd. «Wir müssen aufpassen, dass wir uns mit einer Debatte auf diesem Niveau international nicht lächerlich machen», so Frei.
CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußerte sich ähnlich in der Zeitung. «Die Aussagen der Bundeswahlleiterin sind skandalös und beschämend und sind ein Spiegelbild dessen, was in Deutschland los ist.» Es existieren klare Regelungen in der Verfassung, daher sind die Äußerungen der Wahlleiterin völlig inakzeptabel.
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein sagte, man müsse dem Spuk ein Ende bereiten. «Wir haben eine gescheiterte Regierung und wenn eine Regierung scheitert, muss sie sich dem Wähler stellen und kann sich jetzt nicht durch irgendwelche Tricksereien noch ein paar Wochen oder Monate über Wasser halten», sagte der CDU-Politiker in Frankfurt am Main am Rande des 42. Deutschen Sportpresseballs.
Papierindustrie: Keine Probleme mit vorgezogener Wahl
Die Bundeswahlleiterin hatte in ihrem Brief zur Begründung unter anderem geschrieben, Probleme könne es schon bei der Beschaffung von Papier und der Beauftragung von Druckdienstleistern geben. Dem widersprach der Verband der Papierindustrie. Auf die Frage, ob die deutsche Industrie schnell genug das notwendige Papier für Wahlunterlagen für eine Neuwahl schon im Januar liefern könne, teilte der Verband dem Portal ZDFheute.de mit: «Klare Antwort: Ja. Bei rechtzeitiger Bestellung können wir das benötigte Papier für eine vorgezogene Bundestagswahl liefern.»