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Habeck und Scholz im U-Ausschuss zum Atomausstieg

Showdown im Atom-Untersuchungsausschuss: Wenige Wochen vor der Bundestagswahl müssen Kanzler und Vizekanzler als Zeugen aussagen. Es geht um ein umstrittenes Thema.

In den Untersuchungsausschuss kommen Kanzler und Vizekanzler. (Archivbild)
Foto: Fabian Sommer/dpa

Im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Atomausstieg finden heute die finalen und möglicherweise entscheidenden Zeugenvernehmungen statt. Sowohl Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werden im Laufe des Tages den Fragen der Abgeordneten zu den Hintergründen des Atomausstiegs gegenüberstehen.

Die Abgeordneten erhoffen sich insbesondere von der Befragung Habecks, die am Vormittag beginnen soll, Antworten auf Fragen zu den umstrittenen Entscheidungen, die dem deutschen Atomausstieg im April 2023 vorausgingen.

Wochenlanger Streit und Machtwort des Kanzlers

Vor dem Hintergrund der Energiekrise infolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine liefen die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland ein paar Monate länger als ursprünglich geplant – der Atomausstieg verschob sich vom 31. Dezember 2022 auf den 15. April 2023.

Vor diesem Zeitpunkt gab es nach einem Streit innerhalb der damaligen Ampel-Koalition ein Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Herbst 2022. Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte in seiner Befragung im U-Ausschuss am Mittwoch, dass der Entscheidung von Scholz intensive Beratungen mit ihm und Habeck vorausgegangen seien.

Lemke betont Bedeutung von nuklearer Sicherheit

Neben Lindner wurden am Mittwoch auch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sowie Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (SPD) im Untersuchungsausschuss befragt.

Lemke betonte während der mehrstündigen Befragung, dass für ihr Ministerium stets die Frage der nuklearen Sicherheit im Vordergrund gestanden habe. Diese sei 2022, als die Entscheidungen zu möglichen Laufzeitverlängerungen geprüft worden seien, die Maßgabe für jedes «verantwortliche Regierungshandeln» gewesen.

Vorwürfe an Grünen-Minister

Im März 2022 hatte eine gemeinsame Prüfung von Wirtschafts- und Umweltministerium ergeben, dass eine Verlängerung der Laufzeiten der noch verbliebenen Atomkraftwerke nur einen «sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten könnte, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken».

Vor allem die Union wirft Lemke und Habeck vor, den Weiterbetrieb von Kernkraftwerken nicht «ergebnisoffen» und «unvoreingenommen» geprüft, sondern aus ideologischen Gründen entschieden zu haben. Lemke wies den Vorwurf entschieden zurück.

Lindner kritisiert früheren Ampel-Partner

Lindner kritisierte den Kurs der Grünen-Ministerien. Der FDP-Chef sagte, bei den Grünen sei die Bereitschaft zu undogmatischen Entscheidungen bei der Frage der Kernenergie an Grenzen gestoßen. Aus heutiger Sicht hätten parteipolitische und taktische Erwägungen eine größere Rolle gespielt, als er damals glaubte zu beobachten. Die Grünen-Fraktion habe «identitätspolitisch» auf die Frage der Kernenergie geschaut.

Laut Lindner wachsen im Finanzministerium Zweifel, ob es sich bei den Grünen-Ministerien um eine vollumfängliche ergebnisoffene Prüfung handelt.

Lindner hielt es für erforderlich, maximal pragmatisch zu sein, um angesichts der stark steigenden Preise für zusätzliches Stromangebot zu sorgen. Seiner Meinung nach sollten alle drei Kernkraftwerke mindestens bis und über den Winter 2023/24 in Betrieb bleiben. Darüber hinaus erwog er auch die Möglichkeit, 2021 stillgelegte Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, falls dies möglich wäre. Diese Positionen Lindners waren bekannt.

Schmidt, Chef des Kanzleramts, betonte vor dem Ausschuss, dass es die richtige Entscheidung war, die Laufzeit zu verlängern. Die Bundesregierung musste unter allen Umständen die Energieversorgung gewährleisten. Dank dieser Maßnahme ist Deutschland gut durch den Winter gekommen.

40 Zeugen im Ausschuss

In den vergangenen Wochen und Monaten wurden bereits zahlreiche Zeugen im Ausschuss befragt. Nach Angaben des Ausschussvorsitzenden Stefan Heck (CDU) werden es mit Scholz und Habeck seit dem Beginn der Befragungen im Oktober 2024 am Ende 40 Zeugen gewesen sein. Dass dies trotz verkürzter Legislaturperiode möglich gewesen sei, sei eine «beachtliche Leistung», sagte Heck. «Wir sind froh, dass wir überhaupt fertig geworden sind.»

Auch ein Abschlussbericht sei in den nächsten Wochen geplant – wenn auch nicht im üblichen Verfahren. Der Bericht, der dann Stellungnahmen aus allen Fraktionen enthalten soll, soll noch im Februar vor der Bundestagswahl der Bundestagspräsidentin vorgelegt werden. Heck kritisierte mit Blick auf die bisherigen Befragungen im Ausschuss: «Alle, die an entscheidender Stelle tätig waren, sind einen klaren Antiatomkurs gefahren.»

dpa