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Haftstrafe für Sarkozy? Urteil in Libyen-Affäre erwartet

Geheimtreffen, Tagebucheinträge und ein angeblicher Pakt mit Al-Gaddafi: Im Prozess zur Libyen-Affäre um Frankreichs Ex-Präsident Sarkozy fällt das mit Spannung erwartete Urteil.

Sarkozy streitet alle Vorwürfe gegen ihn vehement ab. (Archivbild)
Foto: Thibault Camus/AP/dpa

Es handelt sich um ein politisch äußerst heikles Verfahren, das sich um beträchtliche Geldbeträge und eine vermeintliche Absprache zwischen einem Diktator und einem französischen Staatschef dreht: Im Rahmen der sogenannten Libyen-Affäre wird das Pariser Strafgericht heute (ab 10.00 Uhr) sein Urteil über den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy verkünden. Dem Konservativen werden unter anderem Bestechlichkeit und illegale Wahlkampffinanzierung aufgrund angeblicher Zahlungen aus Libyen vorgeworfen. Zudem soll er von der Unterschlagung öffentlicher Gelder profitiert haben. Der 70-Jährige hat die Vorwürfe stets bestritten.

Sarkozy drohen bis zu zehn Jahre Haft und eine Geldbuße. Die Anklage forderte eine siebenjährige Haftstrafe für den vom Volk kurz «Sarko» genannten Politiker. Für ein ehemaliges Staatsoberhaupt wäre das in der jüngeren französischen Geschichte beispiellos. Neben Sarkozy sind zwölf weitere Menschen angeklagt, unter ihnen drei Ex-Minister.

Vorwurf: Korruptionspakt zwischen Sarkozy und Al-Gaddafi

Sarkozy wird konkret beschuldigt, einen Korruptionspakt mit dem damaligen libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi geschlossen zu haben. Vertraute von Sarkozy sollen die angeblichen Geldflüsse über Mittelsmänner arrangiert haben. Mehrere Millionen aus Libyen waren für seinen ersten Präsidentschaftswahlkampf 2007 vorgesehen.

Die Anklage wirft eine Vielzahl möglicher Gegenleistungen vor. Sarkozy empfing den früher politisch international isolierten Al-Gaddafi Ende 2007 mit militärischen Ehren im Élysée-Palast. Es wurde auch in Aussicht gestellt, einen Haftbefehl gegen Gaddafis Schwager Abdallah Senoussi aufzuheben. Senoussi wurde 1999 in Abwesenheit in Paris als Hauptverantwortlicher für einen Terroranschlag auf ein französisches Flugzeug mit 170 Toten verurteilt. Auch wirtschaftliche Geschäfte wurden in der Anklage erwähnt.

Alles ein Rachefeldzug des libyschen Machthabers?

Doch Sarkozy hat die Vorwürfe immer wieder vehement zurückgewiesen. Sie seien falsch und schwach. Seine Verteidigung pochte darauf, dass es keine Belege gebe und verlangte einen Freispruch. «Sie werden niemals, niemals auch nur einen Euro, ja nicht mal einen libyschen Cent in meiner Kampagne finden», sagte der Konservative im Pariser Gerichtssaal.

Der ehemalige Präsident sah in der Angelegenheit sogar einen Rachefeldzug der Al-Gaddafis. Die Ermittlungen wurden eingeleitet, nachdem die Familie des damaligen Machthabers selbst zugegeben hatte, den Wahlkampf des Konservativen finanziert zu haben. Laut Sarkozys Verteidigung handelte es sich um eine Retourkutsche dafür, dass der damalige Staatschef im Jahr 2011 die Führung der internationalen Koalition übernommen hatte, die zum Sturz des Gaddafi-Regimes beitrug.

Geheimtreffen, Mittelsmänner, Tagebucheinträge

Der Prozess hat ein großes Konfliktpotenzial. Wenn sich die Vorwürfe als wahr herausstellen, dass ein zukünftiger Präsident und mehrere Minister Geld vom Regime des libyschen Langzeitherrschers angenommen haben, wäre dies ein Skandal.

Der Fall beinhaltete unter anderem geheimnisvolle Treffen und Tagebucheinträge eines Vertrauten von Gaddafi. Auch Zahlungen an potenzielle Mittelsmänner wurden untersucht. Die Untersuchungen erstreckten sich über etwa zehn Jahre, die Dokumente füllen mehr als 70 Aktenordner.

Skandalumwitterter Ex-Präsident

Sarkozy war einst ein Hoffnungsträger der bürgerlichen Rechten in Frankreich, doch in den letzten Jahren geriet er vor allem wegen seines rechtlichen Kampfes in die Schlagzeilen. Zu Beginn des Jahres musste er für etwa drei Monate eine elektronische Fußfessel tragen und durfte sein Haus nicht verlassen. Ein Gericht verurteilte ihn wegen Bestechung und unerlaubter Einflussnahme. Das Urteil – drei Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung – war für ein ehemaliges Staatsoberhaupt in der neueren französischen Geschichte beispiellos. Die eigentlich vorgesehene einjährige Haftstrafe mit elektronischer Fußfessel wurde aufgrund von Sarkozys Alter mittlerweile unter Auflagen ausgesetzt.

Auch aufgrund der zu hohen Wahlkampfkosten für seine letztlich gescheiterte Kampagne zur Wiederwahl im Jahr 2012 wurde Sarkozy im Februar 2024 von einem Berufungsgericht zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt, wovon sechs Monate zur Bewährung ausgesetzt wurden. Der ehemalige Staatschef hat Berufung eingelegt. In diesen beiden Verfahren bestreitet Sarkozy ebenfalls alle Anschuldigungen.

Seine Amtszeit im Élysée-Palast von 2007 bis 2012 war bereits von Skandalen um wohlhabende Freunde, Nepotismus und korrupte Regierungsmitglieder geprägt. Bei der Wahl 2012 unterlag er als Amtsinhaber dem Sozialisten François Hollande. Fünf Jahre später scheiterte er bereits im parteiinternen Auswahlverfahren. Trotz seiner juristischen Probleme und dem Verlust seiner Ämter wird er von vielen Anhängern der bürgerlichen Rechten immer noch als einflussreiche Stimme angesehen.

dpa