Die Terrororganisation Hamas hat Teile des US-Friedensplans zum Gaza-Krieg akzeptiert – will aber Nachverhandlungen. Was sind jetzt die Knackpunkte?
Hamas-Antwort auf Trump-Plan: Das sind die offenen Fragen

Die islamistische Palästinenserorganisation Hamas hat Teile des Plans von US-Präsident Donald Trump für eine Beendigung des Gaza-Kriegs akzeptiert. Daraufhin forderte Trump Israel auf, die Bombardierung des Gazastreifens sofort zu beenden. Führende westliche Politiker äußerten die Hoffnung, dass nun die Möglichkeit besteht, die Kämpfe zu beenden. Es gibt jedoch noch viele offene Fragen, und weitere Verhandlungen stehen an. Ein Überblick über schwierige Punkte:
Noch schweigen die Waffen nicht
Trump hatte am frühen Freitagabend (Ortszeit) auf der Plattform Truth Social geschrieben: «Israel muss sofort die Bombardierung von Gaza einstellen, damit wir die Geiseln sicher und schnell befreien können!» Ob und wann Israel die Angriffe einstellt, blieb aber zunächst unklar. Eine Mitteilung des Büros von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Nacht enthielt keinen Hinweis auf Trumps Aufforderung – lediglich die Ankündigung, «die sofortige Umsetzung der ersten Phase von Trumps Plan zur unverzüglichen Freilassung aller Geiseln» vorzubereiten.
Laut palästinensischen Angaben setzten die israelischen Luftangriffe im Gazastreifen am Morgen fort. Israels Armee hat bisher keine Stellungnahme abgegeben. Eine Sprecherin des Militärs sagte jedoch, dass ein offizieller Stopp der Angriffe nicht verkündet wurde. Verschiedene israelische Medien hatten berichtet, dass die Armee angewiesen wurde, ihre Offensive zur Eroberung der Stadt Gaza zu beenden. Trotz dieser Berichte verteidigt sich das Militär weiterhin vor Ort gegen Bedrohungen, auch mittels Luftangriffen.
Schnelle Freilassung der Geiseln?
Von der Terrororganisation Hamas hieß es, sie sei grundsätzlich bereit, alle lebenden und toten Geiseln freizulassen. Voraussetzung sei die im Friedensplan vorgesehene Entlassung von palästinensischen Häftlingen aus israelischen Gefängnissen und dass «angemessene Bedingungen für den Austausch vor Ort gewährleistet sind» – ohne diese Bedingungen näher zu erläutern. Die Hamas hatte die Entführten immer wieder als ihr wichtigstes Druckmittel genutzt. Das würde sie aus der Hand geben.
Es ist unklar, ob die Hamas überhaupt in der Lage ist, die Geiseln innerhalb von 72 Stunden gemäß dem Trump-Plan zu übergeben. Laut Berichten glaubt die Organisation selbst nicht daran. In der Vergangenheit hat sie Vermittlern gegenüber erklärt, dass sie nicht weiß, wo sich einige der Geisel-Leichen befinden.
Was über den Zustand der Geiseln bekannt ist
Im Gazastreifen sind noch 48 Geiseln, von denen laut israelischen Informationen noch 20 am Leben sind – darunter auch deutsche Staatsbürger. Medienberichten zufolge hat die Hamas Mitte September mehrere Geiseln, die zuvor in Tunneln festgehalten wurden, an Orte über der Erde in der Stadt Gaza gebracht.
Die Menschen werden unter schrecklichen Bedingungen gefangen gehalten. Vorher freigelassene Geiseln haben von Folter und schweren Misshandlungen berichtet. Einige waren auch gefesselt. Zudem gab es Berichte über sexuelle Gewalt. In von Terrororganisationen veröffentlichten Videos waren die Geiseln zuletzt auch stark abgemagert zu sehen.
Die Hamas-Antwort lässt zentrale Punkte offen
Die Hamas hat zwar Teile des Trump-Plans akzeptiert, aber gleichzeitig weitere Verhandlungen gefordert, beispielsweise über den Prozess der Freilassung der Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge. Israel plant angeblich, eine Delegation für Gespräche nach Ägypten zu schicken. Die Verhandlungen könnten laut ägyptischen Sicherheitskreisen und einem Bericht des israelischen Senders Channel 12 am Sonntag beginnen.
Die Hamas hat sich unter anderem nicht dazu bereiterklärt, ihre Waffen niederzulegen, wie es der Friedensplan vorsieht. Hamas-Mitglieder sollen dem Plan zufolge «friedliche Koexistenz» zusagen und können Amnestie erhalten oder ausreisen. Auch dazu äußerte sich die Terrororganisation nicht. In ihrer Charta fordert die Hamas die Zerstörung des Staates Israel und die gewaltsame Errichtung eines islamischen Staates Palästina vom Jordan-Fluss im Osten bis zum Mittelmeer im Westen.
Bei den Verhandlungen in Ägypten will Israel laut Channel 12 zunächst nur über den Punkt der Freilassung der Geiseln sprechen. Andere strittige Aspekte will das Land demnach erst später besprechen. Aus ägyptischen Sicherheitskreisen hieß es, alle Parteien seien vorsichtig optimistisch, in der Verhandlungsrunde «eine erste Phase» der Vereinbarung abzuschließen.
Gazastreifen ohne Hamas?
Die Hamas hatte erklärt, dass sie zustimme, dass das Gebiet nach Kriegsende vorübergehend von einer Übergangsregierung palästinensischer Technokraten unter Aufsicht eines internationalen Gremiums regiert werde. Es war jedoch unklar, ob sie auch der Forderung des Friedensplans von Trump zustimmte, wonach sie dabei keine Rolle spielen darf.
Wie reagieren Netanjahus rechtsextreme Regierungspartner?
Bislang haben die Regierungspartner von Netanyahu sich nicht zu den aktuellen Entwicklungen geäußert. Eine Reaktion wird erst nach dem Ende des jüdischen Ruhetags Sabbat, der von Freitagabend bis Samstagabend dauert, erwartet. Trumps Friedensplan war jedoch zuvor von den Koalitionspartnern scharf kritisiert worden. Sie befürworten eine Annexion und Wiederbesiedlung des Küstenstreifens, aus dem sich Israel vor 20 Jahren zurückgezogen hatte.
Netanjahu, der sich einem Korruptionsprozess gegenübersieht, ist darauf angewiesen, dass seine rechtsextremen Koalitionspartner ihm politisch überleben. Es besteht die Möglichkeit, dass sie die Regierung aus Protest gegen das Abkommen verlassen und es zu einem Sturz der Regierung und Neuwahlen kommt.