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Annalena Baerbock: Feministische Außenpolitik in Syrien

Baerbock setzt klare Bedingungen für Frauenrechte in Syrien und begegnet Islamisten ohne Handschlag.

Ausgestreckte Hand nur für den männlichen Minister: Rebellenchef al-Scharaa.
Foto: Jörg Blank/dpa

Annalena Baerbock betonte, dass feministische Außenpolitik der rote Faden in der deutschen Diplomatie sei. Während ihres Besuchs in Syrien, wo seit vier Wochen Islamisten an der Macht sind, wurde deutlich, wie Frauenrechte dort behandelt werden.

Der Machthaber Ahmed al-Scharaa, der bis vor kurzem im Westen als Terrorist geächtet wurde, begrüßte die Außenministerin nicht per Handschlag, reichte jedoch seinem französischen Kollegen Jean-Noël Barrot die Hand. Barrot erwiderte die Geste – wenn auch nur zögerlich. Baerbock blieb nur übrig, ihre eigenen Hände ineinanderzulegen und zu nicken.

«Es lebe die feministische Außenpolitik!», kommentierte noch am Abend AfD-Chefin Alice Weidel die holprige Begrüßung. Und der satirische Parodie-Account auf X, der Baerbock regelmäßig auf die Schippe nimmt, witzelte, «die neuen Syrer*innen» respektierten sie so sehr, dass sie sich nicht trauten, ihre Hand zu berühren. 

Baerbock ahnte schon, dass es keinen Handschlag geben werde 

Ist das Verhalten von al-Scharaa, dem Islamisten, der jetzt Anzug statt Militäruniform trägt, ein Ausdruck von Respektlosigkeit gegenüber der Grünen-Politikerin und generell seiner Frauenfeindlichkeit? Ganz so einfach ist es nicht: In islamisch geprägten Gesellschaften ist der Händedruck zwischen einem fremden Mann und einer fremden Frau unter Gläubigen unüblich – und aus Sicht einiger Rechtsgelehrter sogar verboten. Es gibt jedoch keine eindeutige Regel und keine dominierende religiöse Sitte.

Baerbock, die bei der Begegnung kein Kopftuch trug, sagte später auf Nachfrage einer Journalistin, dass sie bereits bei der Ankunft wusste, dass es keinen Handschlag geben würde. Im Gespräch mit al-Scharaa betonte sie jedoch, dass Frauenrechte ein Maßstab dafür seien, wie frei eine Gesellschaft ist. Aus Delegationskreisen hieß es, dass al-Scharaa am Ende des Gesprächs noch einmal die Hand ausgestreckt habe, es dann aber nicht zu einem Handschlag kam.

Kein EU-Geld für neue islamistische Strukturen

Baerbock selbst redete bei aller diplomatisch gebotenen Höflichkeit während ihres Besuchs öffentlich Klartext und stellte der neuen syrischen Führung klare Bedingungen für die Unterstützung Europas. «Es braucht jetzt einen politischen Dialog unter Einbeziehung aller ethnischen und religiösen Gruppen, unter Einbeziehung aller Menschen, das heißt insbesondere auch der Frauen in diesem Land», sagte sie. Europa werde Syrien unterstützen, aber nicht zum Geldgeber neuer islamistischer Strukturen werden.

Die Skepsis erscheint vielen berechtigt: Al-Scharaa ist Anführer der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die den Sturz von Langzeit-Herrscher Baschar al-Assad maßgeblich herbeigeführt hatte. Er war früher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani bekannt. Die Gruppe HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor, einem Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida.

dpa