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Heftige Gefechte an Israels Grenze zum Libanon

Es wächst die Sorge vor einer Eskalation. Die Hisbollah fordert einen Waffenstillstand im Gaza-Krieg. Dort steht der Anführer der verbündeten Hamas angeblich unter Druck seiner eigenen Kommandeure.

Es besteht wachsende Sorge, dass es zum regelrechten Krieg zwischen der Hisbollah und Israel kommt. (Archivbild)
Foto: Ayal Margolin/XinHua/dpa

Ein nächtlicher Raketenhagel der libanesischen Hisbollah auf den Norden Israels schürt die Sorge vor dem Ausbruch eines neuen Krieges. Die proiranische Schiitenmiliz feuerte bis in die Morgenstunden Dutzende Raketen in mehreren Angriffswellen ab. Die Hisbollah reagierte damit nach ihren eigenen Angaben auf den Tod von fünf Syrern bei israelischen Angriffen im Süden des Libanon, darunter drei kleine Kinder. Es gab zunächst keine Berichte über mögliche Opfer des Beschusses auf israelischer Seite.

Israels Armee hat nach eigenen Angaben einige Raketen der Hisbollah abgefangen, während andere auf offenem Gelände gelandet seien. Bis zum späten Abend gab es keine Verletzten. In den frühen Morgenstunden wurde erneut Raketenalarm gemeldet. Die israelische Luftwaffe griff als Reaktion auf den Raketenbeschuss Stellungen der Hisbollah im Süden des Libanon an, wie das Militär mitteilte. Keine der Angaben konnte unabhängig überprüft werden.

Berichte über Tote im Südlibanon

Die staatliche libanesische Nachrichtenagentur NNA berichtete zuvor, dass bei einem israelischen Drohnenangriff auf ein Agrargebiet im Süden des Libanon drei syrische Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren getötet wurden. Bei einem weiteren israelischen Drohnenangriff auf ein Motorrad wurden zudem zwei syrische Männer getötet. Israel und die Hisbollah liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs nahezu täglich Gefechte. Es besteht die wachsende Sorge, dass es zu einem regelrechten Krieg kommt.

Israel möchte, dass die Hisbollah sich gemäß einer UN-Resolution hinter den 30 Kilometer entfernten Litani-Fluss zurückzieht. Die Schiitenmiliz wird den Beschuss Israels jedoch erst einstellen, wenn ein Waffenstillstand im Gaza-Krieg zwischen Israel und der mit ihr verbündeten radikalislamischen Hamas erreicht wird. Die indirekten Verhandlungen, bei denen die USA, Katar und Ägypten vermitteln, sollen in dieser Woche entweder in Doha oder Kairo fortgesetzt werden.

Befreite Geisel berichtet von Folter 

Es handelt sich um den Austausch der noch rund 120 verbliebenen Geiseln, die sich in der Gewalt der Hamas befinden, gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen sowie um eine Waffenruhe. Israel hat bisher die Forderung der Hamas nach einer dauerhaften Waffenruhe abgelehnt. Der am 8. Juni bei einem dramatischen Militäreinsatz Israels zusammen mit drei anderen Geiseln befreite Andrey Kozlov berichtete kürzlich in Interviews von Folter und Bestrafungen während seiner acht Monate langen Geiselhaft im abgeriegelten Gazastreifen.

Er habe geglaubt, dass seine Entführer ihn ermorden und dies filmen würden, erzählte er laut der «Times of Israel». «In den ersten drei Monaten hatten wir Angst vor jeder Bombe, die wir hörten», sagte der 27-Jährige. Die Entführer hätten sie dafür ausgelacht. Neben Psychoterror habe einer der Wächter sie geschlagen und an sehr heißen Tagen mit vielen Decken zugedeckt. Der aus Russland stammende Mann war beim Terrorüberfall am 7. Oktober vom Nova-Musikfestival entführt worden, wo er als Sicherheitsmitarbeiter tätig war.

Hamas-Anführer in Gaza angeblich unter Druck

Laut einem Medienbericht drängen die Militärbefehlshaber der Hamas im umkämpften Gazastreifen ihren Anführer Jihia al-Sinwar nun zu einem Waffenstillstandsabkommen mit Israel, basierend auf US-Geheimdienstinformationen. CIA-Direktor Bill Burns soll dies auf einer Unternehmerkonferenz in den USA hinter verschlossenen Türen erwähnt haben, wie der US-Sender CNN unter Berufung auf eine informierte Quelle berichtete. Al-Sinwar wird derzeit angeblich in Tunneln unter Chan Junis im Süden Gazas vermutet.

Al-Sinwar gilt als maßgeblicher Planer des Massakers in Israel vom 7. Oktober. Dabei wurden rund 1.200 Israelis getötet und rund 250 Menschen nach Gaza verschleppt. Der Überfall war Auslöser des Krieges. Al-Sinwar ist für die Hamas der wichtigste Entscheidungsträger, wenn es darum geht, ein Abkommen zu akzeptieren. Burns sagte der Quelle zufolge, Al-Sinwar sei nicht «besorgt um seine Sterblichkeit». Er stehe aber unter Druck angesichts wachsenden Unmuts seiner Leute über das enorme Leiden, das der Krieg über die Palästinenser bringe.

Die eigenen Befehlshaber von Al-Sinwar würden ihn dazu drängen, einem auf dem Tisch liegenden Vorschlag für ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung von Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen zuzustimmen, berichtete CNN. Unabhängig ließ sich das nicht überprüfen. Israels Armee hatte Al-Sinwars Stellvertreter, Militärchef Mohammed Deif, am Samstag bei Chan Junis angegriffen. Dutzende Menschen wurden dabei getötet. Ob Deif darunter ist, ist noch unklar.

Israel: Hälfte der Hamas-Führungsriege tot

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben inzwischen die Hälfte der Führungsriege des militärischen Hamas-Flügels getötet. Seit Kriegsbeginn vor mehr als neun Monaten seien «etwa 14.000 Terroristen eliminiert und festgenommen» worden, teilte das Militär mit. Ob es sich dabei ausschließlich um Mitglieder der Hamas oder aber auch um Mitglieder anderer Terrorgruppen handelte, gab die Armee nicht bekannt. Vor Kriegsbeginn soll es nach Schätzungen des Militärs rund 30.000 Hamas-Kämpfer gegeben haben.

Laut Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Kriegsbeginn mindestens 38.713 Menschen getötet worden. Diese Zahlen, die keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Kämpfern machen, können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Israel wird aufgrund der hohen Opferzahlen unter der palästinensischen Bevölkerung und der enormen Schäden im abgeriegelten Küstenstreifen international stark kritisiert.

dpa