Der neue Wehrbeauftragte bringt einige Erfahrung mit. Er ist langjähriger Verteidigungspolitiker und Reserveoffizier und forderte schon vor der «Zeitenwende» eine Stärkung der deutschen Armee.
Bundestag wählt Henning Otte zum Wehrbeauftragten
Der CDU-Politiker Henning Otte wurde zum neuen Wehrbeauftragten des Bundestags gewählt. Die Abgeordneten wählten den 56-Jährigen mit großer Mehrheit als Nachfolger von Eva Högl (SPD) in das Amt. Der Niedersachse war bis Ende 2021 bereits verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.
Bei der geheimen Abstimmung stimmten 391 Parlamentarier für ihn – eine deutlich höhere Zahl als die Sitze der schwarz-roten Koalition. Die Grünen hatten zuvor bereits angekündigt, ebenfalls für Otte zu votieren.
Pistorius: «Wir sind noch nicht fertig»
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte, er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Otte und dankte gleichzeitig seiner Parteifreundin Högl für ihr Engagement: «Wir haben wahnsinnig viel geschafft, aber wir sind noch nicht fertig», sagte er bei der Plenardebatte und betonte: «Sicherheit ist ein Auftrag und eine Verantwortung.»
Otte repräsentiert im Bundestag den Wahlkreis Celle-Uelzen. Er absolvierte eine Ausbildung zum Reserveoffizier im Panzerbataillon 333 in Celle und setzte sich bereits für eine stärkere und besser ausgerüstete Armee ein, als insbesondere die Grünen und die SPD noch zögerten.
Beispiel ist die lange umstrittene Bewaffnung der Drohne Heron TP, die wegen politisch-moralischer Bedenken nur «bewaffnungsfähig» bestellt wurde – also ohne Munition. Otte forderte 2019 im afghanischen Masar-i-Scharif: «Wir können unseren Soldaten Teile aus dem militärischen Instrumentenkoffer nicht verwehren, schon gar nicht, wenn sie dem elementaren Schutz unserer Truppe dienen.»
Der Wehrbeauftragte gilt als Anwalt der Soldaten
Der Wehrbeauftragte wird für fünf Jahre von den Abgeordneten des Bundestags gewählt und vom Bundestagspräsidenten ernannt. Er fungiert als Verfechter der Soldaten, die sich jederzeit an ihn wenden können, und soll den Bundestag bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle der Streitkräfte unterstützen.
Der Wehrbeauftragte hat die Befugnis, sowohl angemeldete als auch unangemeldete Besuche bei der Truppe durchzuführen. Eine seiner Hauptaufgaben besteht darin, die Einhaltung der Grundrechte der Soldaten und der Grundsätze der Inneren Führung in der Bundeswehr zu überwachen. Jährlich legt der Wehrbeauftragte einen Bericht vor.
Högls Jahresbericht: Bundeswehr in schweren Personalnöten
Vor der Wahl von Ottes diskutierten die Abgeordneten über den letzten Jahresbericht der scheidenden Wehrbeauftragten Högl, den sie im März veröffentlicht hatte. Sie warnt in dem Bericht davor, dass die Bundeswehr in zunehmend schwere Personalnöte gerate und pochte auf Tempo bei der Einführung eines neuen Wehrdienstes.
Während die Zahl der Soldaten bei rund 181.000 verharre, sei der Altersdurchschnitt binnen fünf Jahren deutlich gestiegen, stellte sie im Bericht fest. Sie sagte dazu am Mittwoch: «Genügend und vollständig einsatzbereites Personal ist der Schlüssel für die Verteidigungsfähigkeit unserer Bundeswehr. Und leider, leider wird unsere Bundeswehr immer älter und sie schrumpft.»
Neuer Wehrdienst «zunächst auf Freiwilligkeit»
Die neue Bundesregierung aus Union und SPD hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, einen neuen und attraktiven Wehrdienst zu schaffen, «der zunächst auf Freiwilligkeit basiert». Das ist ein Kompromiss und kommt Forderungen der SPD entgegen.
Die Union hatte hingegen darauf bestanden, die Aussetzung der Wehrpflicht zu beenden – aufgrund der massiven Bedrohungslage und um einen schnellen Ausbau der Bundeswehr zu ermöglichen.
Es wird nun auch eine neue Wehrerfassung für den Dienst in den Streitkräften eingeführt, die mit der Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland im Jahr 2011 abgeschafft wurde. Seitdem weiß der Staat nicht vollständig, wer für den Dienst in den Streitkräften überhaupt in Frage kommen könnte.