Mobiles Menü schließen
Startseite Schlagzeilen

80 Jahre nach Atombombenabwurf: Hiroshima gedenkt Opfern, fordert Jugend zum Handeln auf

Zehntausende erinnern an die Opfer, während das Risiko eines Atomkonflikts wieder wächst. Überlebende kämpfen für eine atomwaffenfreie Welt.

In der japanischen Stadt Hiroshima wird der Opfer des Atombombenabwurfs vor 80 Jahren gedacht.
Foto: Louise Delmotte/AP/dpa

Zehntausende Menschen haben in der japanischen Stadt Hiroshima der Opfer des Atombombenabwurfs vor 80 Jahren gedacht. Angesichts weltweiter Sorgen vor dem steigenden Risiko eines Atomkrieges forderte Bürgermeister Kazumi Matsui in einer Friedenserklärung die junge Generation auf, den Kampf gegen Nuklearwaffen fortzusetzen: «Unsere Jugend, die Führungskräfte kommender Generationen, muss erkennen, dass fehlgeleitete Entscheidungen in Fragen der Militärausgaben, der nationalen Sicherheit und der Atomwaffen völlig unmenschliche Folgen haben können.»

Um 8.15 Uhr (Ortszeit) – dem Zeitpunkt, als der US-Bomber Enola Gay am 6. August 1945 die erste im Krieg eingesetzte Atombombe mit dem Namen «Little Boy» über Hiroshima abgeworfen hatte – legten die rund 55.000 Teilnehmer der Gedenkzeremonie in Hiroshima eine Schweigeminute ein. Zehntausende Bewohner Hiroshimas waren damals sofort getötet worden, insgesamt starben bis Ende 1945 schätzungsweise 140.000 Menschen. Drei Tage nach dem Abwurf über Hiroshima warfen die USA noch eine zweite Atombombe über der Stadt Nagasaki ab. Kurz danach kapitulierte das japanische Kaiserreich.

Guterres: Risiko eines Atomkonflikts wächst wieder 

Bis jetzt sind es die einzigen Einsätze von Atomwaffen in einem Krieg. UN-Generalsekretär António Guterres warnte in einer Botschaft davor, dass das Risiko eines Atomkonflikts wieder steige. Die gleichen Waffen, die Hiroshima und Nagasaki zerstörten, werden nun erneut als Druckmittel betrachtet.

Letztes Jahr erhielt die japanische Organisation Nihon Hidankyo, die von Überlebenden der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki gegründet wurde, den Friedensnobelpreis. Die Graswurzelbewegung wurde für ihre Arbeit an einer atomwaffenfreien Welt mit dem bedeutendsten Friedenspreis ausgezeichnet.

Doch den noch verbliebenen Überlebenden, den «Hibakusha», fällt es zunehmend schwerer, die Erinnerungen wachzuhalten. Die Wirkung ihrer Augenzeugenberichte und Appelle gegen Atomwaffen verblasst. Auch in Japan. Experten wie M.G. Sheftall, Professor für moderne japanische Kulturgeschichte an der japanischen Universität Shizuoka, stellen einen schleichenden Niedergang des seit Jahrzehnten tief in Japans Gesellschaft verankerten Pazifismus fest, der auf der Erfahrung von Hiroshima und Nagasaki beruht. 

Auch Japan rüstet militärisch auf

Ministerpräsident Shigeru Ishiba bekräftigte am 80. Jahrestag des Atombombenabwurfs über Hiroshima, dass Japan weiterhin an den drei Prinzipien festhält, wonach das Land weder Atomwaffen produziert noch besitzt oder auf eigenem Boden erlaubt. Trotzdem rüstet Japan aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, des Machtstrebens Chinas und der Bedrohung durch Nordkorea militärisch stark auf. Es gibt sogar Stimmen in Japan, die eine atomare Bewaffnung des Landes fordern.

Sheftall, der die Erlebnisse der letzten Augenzeugen der Atombombenabwürfe in zwei Büchern in erschütternden Einzelheiten schildert, beklagt, dass die Friedenserziehungsprogramme in Japan, die jahrzehntelang die Schrecken des Krieges – insbesondere die von Hiroshima und Nagasaki – vermittelten, durch konservative Politiker und Bildungsbürokraten ausgehöhlt werden.

Als Folge wüssten japanische Jugendliche heutzutage so gut wie nichts über den Krieg. «Abgesehen von dem, was sie aus sensationsheischenden Manga-Comics, rührseligen TV-Dramen und Filmen oder reißerischen Internetinhalten aufschnappen können», erklärte der Experte vor ausländischen Journalisten.

dpa