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Hoffnung auf Waffenruhe im Libanon

Der Gesandte der USA wird zu Gesprächen über eine Waffenruhe in Israel erwartet. Gelingt Joe Bidens Regierung kurz vor der US-Präsidentenwahl eine Deeskalation in Nahost?

Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Mikati weckt Hoffnung auf eine Waffenruhe. (Archivbild)
Foto: Hassan Ammar/AP/dpa

Kurz vor der US-Präsidentenwahl deutet sich die Möglichkeit einer Waffenruhe zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz an. Er hoffe, dass es dazu «innerhalb von Tagen» kommt, sagte der geschäftsführende Ministerpräsident im Libanon, Nadschib Mikati, dem örtlichen Fernsehsender Al-Jadeed. Eine Bestätigung der libanesischen Hisbollah-Miliz, Israels oder der USA gab es zunächst nicht. Der US-Gesandte für den Nahen Osten, Amos Hochststein, wird jedoch heute zu Gesprächen in Israel erwartet. Er habe ihn informiert, dass es dabei um eine mögliche Waffenruhe gehen werde, sagte Mikati. Auch der Nahost-Koordinator des Weißen Hauses, Brett McGurk, wird israelischen Medien zufolge dabei sein. 

Krieg geht vorerst weiter

Israel setzt seinen Krieg gegen die Hisbollah und die mit ihr verbündete islamistische Hamas im Gazastreifen fort. In der Nacht wurden erneut Sirenen im Norden Israels vor Luftangriffen gewarnt, wie die israelische Armee berichtete. Eine Drohne aus dem Libanon wurde erfolgreich abgefangen, während andere Geschosse in offenem Gelände einschlugen. Im Laufe des Mittwochs feuerte die Hisbollah etwa 60 Geschosse ab. Israels Armee griff ihrerseits Ziele im Osten des Libanons an, darunter auch in der antiken Stadt Baalbek.

Laut dem libanesischen Gesundheitsministerium wurden mindestens 19 Menschen getötet. Zeugenberichten zufolge hat die israelische Luftwaffe die Stadt und die umliegenden Dörfer bombardiert. Die israelische Armee hat erklärt, dass sie keine Angriffe auf Baalbek bestätigen könne. Es wurde jedoch bestätigt, dass die Luftwaffe in der Gegend der Stadt Kommandozentralen der Hisbollah bombardiert hat. Die Angaben konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden. Die Bewohner von Baalbek, etwa 80.000 Menschen, wurden am Mittwoch zur Evakuierung aufgefordert. Viele von ihnen sind daraufhin geflohen, wie Augenzeugen berichteten.

US-Regierung bemüht sich um Waffenruhe 

Die Kriegssituation im Nahen Osten ist ein bedeutendes Thema im US-Wahlkampf. Besonders die militärische Aktion Israels im Gazastreifen mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung wird scharf kritisiert – und damit auch die Unterstützung Washingtons für die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Der abtretende US-Präsident Joe Biden möchte vor dem Wahltag am 5. November einen Erfolg im Streben nach Vereinbarungen über eine Waffenruhe im Nahen Osten verbuchen. Seine Parteikollegin und Vizepräsidentin Kamala Harris könnte dadurch wertvolle Stimmen gewinnen und möglicherweise sogar zum Sieg verhelfen. Israels Feinde hingegen müssen befürchten, dass mit Donald Trump ein Präsident ins Weiße Haus einzieht, der der Regierung Netanjahu in der Vergangenheit sehr wohlgesonnen war.

Auf die Frage nach der Möglichkeit einer Waffenruhe im Libanon in den nächsten ein bis zwei Wochen antwortete eine Sprecherin des Weißen Hauses, dass weiterhin für eine diplomatische Lösung gearbeitet werde, um die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten der Landesgrenze zurück in ihre Häuser zu bringen. Es werde jedoch keine Verhandlungen in der Öffentlichkeit geführt oder über den Stand der Gespräche informiert.

Libanons Regierung: Wir sind bereit 

Die Bedingungen für eine Waffenruhe beinhalten die Umsetzung der UN-Resolution 1701, die Stationierung der libanesischen Armee im Süden des Libanons und die Stärkung ihrer Präsenz in der Grenzregion, sagte Libanons geschäftsführender Ministerpräsident Mikati gegenüber dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. Berichten zufolge ähneln die Details eines angeblichen US-Vorschlags für eine Waffenruhe, über den mehrere israelische Medien am Abend übereinstimmend berichteten. Die UN-Resolution 1701 sieht vor, dass sich die Hisbollah hinter den Litani-Fluss zurückzieht – etwa 30 Kilometer von der Grenze zu Israel entfernt.

Laut dem Bericht des Fernsehsenders Kan 11 sieht der kolportierte US-Vorschlag vor, dass Israels Soldaten den Libanon innerhalb von sieben Tagen nach Ende der Feindseligkeiten verlassen sollen. Stattdessen sollen insgesamt 10.000 Soldaten der regulären libanesischen Armee innerhalb der ersten 60 Tage nach Unterzeichnung des Abkommens an der Grenze zu Israel stationiert werden. Der Entwurf sieht auch vor, dass Libanons Regierung sämtliche Waffenverkäufe an das Land überwacht sowie die Waffenproduktion. Nach 60 Tagen sollen Israel und der Libanon Verhandlungen über die vollständige Umsetzung der UN-Resolution 1701 führen.

Laut Berichten wurde der Entwurf des Abkommens, der angeblich von US-Gesandten Amos Hochstein stammt, der israelischen Führung vorgelegt. Hochstein setzt sich bereits seit Monaten für eine Waffenruhe ein, die von den USA und anderen Ländern wie Deutschland überwacht werden soll.

Hisbollah-Generalsekretär: Konflikte hängen zusammen

Der neue Hisbollah-Generalsekretär Naim Kassim betonte in einer Rede erneut, dass die Konflikte der Hamas und Hisbollah mit Israel verbunden sind. Zuvor hatte die Hisbollah auch erklärt, dass sie einer Waffenruhe nur bei einer entsprechenden Einigung in Gaza zustimmen würde. Die Schiiten-Miliz agiert im Libanon seit Jahrzehnten wie ein Staat im Staate und erhält wie die Hamas Unterstützung vom Iran.

Hochstein hatte bei seinem Besuch im Libanon vergangene Woche gesagt, er wolle den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah von anderen Konflikten entkoppeln. «Es lag und liegt nicht im Interesse der Libanesen, die Zukunft des Libanon mit anderen Konflikten in der Region zu verknüpfen», sagte er nach einem Treffen mit dem Parlamentsvorsitzenden Nabih Berri, der als Verbündeter der Hisbollah gilt. Berri sagte, Hochsteins Besuch sei vor der US-Präsidentenwahl kommende Woche «die letzte Chance (…), zu einer Lösung zu kommen».

Saudi-Arabien hat unterdessen Vertreter von mehr als 50 arabischen und weiteren islamischen Staaten zu einem weiteren Gipfel zum Krieg im Nahen Osten eingeladen. Bei dem Spitzentreffen am 11. November in Riad solle es um die «sündhafte israelische Aggression gegen die besetzten Palästinensergebiete und deren Erweiterung auf den Libanon» gehen, berichtete die Staatsagentur SPA. Der Gipfel schließt an ein ähnliches Treffen ein Jahr zuvor in Riad an. Dabei wurde ein mit verschiedenen Ministern besetztes Komitee ins Leben gerufen, um auf ein Ende des Gazakriegs hinzuwirken – viel wurde aus dieser Initiative bisher allerdings nicht.

dpa