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Irans Präsident und Außenminister tot

Nach stundenlange Suche wird das Wrack des Präsidenten-Hubschraubers im iranischen Gebirge gefunden. Staatsmedien bestätigen den Tod der Insassen. Der Islamischen Republik droht eine politische Krise.

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Foto: ---/dpa-Infografik/dpa

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi und sein Außenminister Hussein Amirabdollahian sind bei einem Hubschrauberabsturz im Iran ums Leben gekommen. Weder Irna noch das Staatsfernsehen berichteten am Montag, dass keiner der neun Insassen überlebt habe. Es gab zunächst keine offiziellen Informationen zur Ursache des Unglücks.

Raisi war am Sonntagnachmittag zusammen mit Außenminister Amirabdollahian auf der Rückreise von einem Treffen mit dem Präsidenten des Aserbaidschan, Ilham Aliyev, als ihre Maschine bei dichtem Nebel vom Radar verschwand. Gemeinsam hatten sie im Nachbarland einen Staudamm eingeweiht. Mit insgesamt drei Hubschraubern machte sich der Tross danach auf den Rückweg gen Iran, doch die Präsidentenmaschine kam nicht an ihrem Bestimmungsort an.

Spekulationen über die Ursache des Absturzes entstanden, ob es auf schlechtes Wetter, einen technischen Defekt am Hubschrauber oder sogar Sabotage zurückzuführen sei. Bis Montagmorgen gab es keine Klarheit darüber.

Die Luftwaffe des Iran wird als veraltet angesehen, und aufgrund strenger internationaler Sanktionen kommt ihre Modernisierung nur langsam voran. Es ist schwierig, Ersatzteile zu beschaffen. Viele Flugzeuge und Hubschrauber stammen noch aus der Zeit vor der Islamischen Revolution von 1979, als das Land enge Beziehungen zu den USA hatte. Es gibt immer wieder schwerwiegende Unfälle und Abstürze.

Iran droht politische Krise

Rettungskräfte suchten stundenlang bei strömendem Regen, Nebel und schwierigem Gelände nach der Absturzstelle, bevor sie die Trümmer des Helikopters am frühen Morgen an einem Hang fanden. Iranische Medien zeigten Bilder eines völlig ausgebrannten Wracks.

Der erste Vizepräsident des Iran, Mohammed Mochber, führte am späten Sonntagabend eine Dringlichkeitssitzung des Kabinetts durch. Gemäß dem Protokoll übernimmt der erste Vizepräsident nach dem Tod des Präsidenten die Amtsgeschäfte als Regierungschef. Gemäß der Verfassung müssen innerhalb von 50 Tagen Neuwahlen stattfinden.

Es ist wahrscheinlich, dass die Islamische Republik durch das Unglück in eine politische Krise gerät. Aufgrund fehlender Alternativen wird es wahrscheinlich schwierig sein, einen langfristigen Nachfolger für Raisi zu finden. Besonders Amirabdollahian war seit Beginn des Gaza-Kriegs als Außenminister verstärkt in der Öffentlichkeit präsent und unternahm zahlreiche Reisen zu Verbündeten.

Regierung wegen repressiver Politik in der Kritik

Während Regierungsanhänger um die Staatsmänner trauerten, äußerten zahlreiche Iranerinnen und Iraner in sozialen Medien ihre Schadenfreude über den Hubschrauberabsturz. Raisis Regierung wird seit Jahren wegen ihrer erzkonservativen Wertevorstellungen, der Unterdrückung von Bürgerrechten und der schweren Wirtschaftskrise im Iran kritisiert.

Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei versicherte bereits am Sonntag, dass die Regierungsgeschäfte in keinem Fall beeinträchtigt würden. «Es wird keine Unterbrechung der Aktivitäten des Landes geben», zitierte ihn die Staatsagentur Irna.

Raisi wurde im August 2021 als neuer Präsident vereidigt. Der erzkonservative Kleriker wurde somit offiziell der Nachfolger von Hassan Ruhani, der nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten durfte. Als Spitzenkandidat der politischen Hardliner sowie Wunschkandidat und Protegé des Religionsführers Chamenei hatte Raisi die Präsidentenwahl mit knapp 62 Prozent der Stimmen gewonnen.

Zuletzt war der Iran vermehrt in den Schlagzeilen, auch aufgrund der drohenden regionalen Kriegsgefahr mit dem Erzfeind Israel. Während Raisis Amtszeit intensivierte die Islamische Republik ihre wirtschaftliche und militärische Zusammenarbeit mit China und Russland, während die Beziehungen zum Westen aufgrund des Streits um das iranische Atomprogramm abkühlten. Darüber hinaus wurden der Führung in Teheran vom Westen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Dennoch gab es kürzlich Berichte über neue, indirekte Gespräche mit den USA im Golfstaat Oman.

Religiöser Hardliner: Raisi als Mann des Systems

Raisi wurde 1960 in Maschhad geboren und war über drei Jahrzehnte in der zentralen Justizbehörde des Landes tätig. 2019 wurde er zum Justizchef ernannt. In seiner früheren Funktion als Staatsanwalt soll er im Jahr 1988 für zahlreiche Verhaftungen und Hinrichtungen politischer Dissidenten verantwortlich gewesen sein, weshalb seine Gegner ihm den Beinamen «Schlächter von Teheran» verpassten. 

Experten hatten zwischenzeitlich auch Raisi als möglichen Nachfolger für Chamenei gehandelt, der im April 85 Jahre alt wurde. Obwohl sich die Kritik der jungen Generation inzwischen verstärkt gegen das gesamte System der Islamischen Republik richtet, stand Raisi innenpolitisch besonders unter Druck. Zuletzt trieb die Regierung ihren umstrittenen Kurs bei der Verfolgung des Kopftuchzwangs voran und brachte damit Teile der Bevölkerung noch mehr gegen sich auf.

Raisis Tod dürfte Machtkampf auslösen

Sollte das Präsidentenamt neu besetzt werden müssen, dürfte in Teheran ein heftiger Machtkampf ausbrechen, schrieb der Iran-Experte Arash Azizi in einer Analyse für die US-Zeitschrift «The Atlantic». Raisis Passivität habe Herausforderer unter den Hardlinern ermutigt. Sie würden seine schwache Präsidentschaft als Chance sehen, schrieb Azizi. «Der Tod von Raisi würde das Machtgleichgewicht zwischen den Fraktionen innerhalb der Islamischen Republik verändern.»

dpa