Israels Armee kündigt an, die umfangreichen Angriffe in Gaza fortzusetzen. Ziel ist, dort zwischen Nord und Süd eine Pufferzone zu schaffen. Gegen die Offensive protestieren in Israel Zehntausende.
Israel erhöht mit neuer Gaza-Offensive Druck auf Hamas
Mit einer erneuten Bodenoffensive im Gazastreifen erhöht Israel den Druck auf die islamistische Hamas. Die «umfangreichen Angriffe» gegen Hamas-Mitglieder und Infrastruktur der Terrororganisation würden im gesamten Küstengebiet fortgesetzt, ließ die Armee am Abend verlauten. In Jerusalem protestierten Tausende bis in die Nacht hinein gegen das Wiederaufflammen des Gaza-Kriegs. Der erneute israelische Militäreinsatz wird heute auch Thema beim EU-Gipfel in Brüssel sein.
Bei den israelischen Angriffen im Gazastreifen gab es laut palästinensischen Angaben erneut viele Tote. Medizinischen Quellen in Gaza zufolge wurden bei einem Luftangriff im Norden des abgeriegelten Küstengebiets am Mittwochabend mindestens 24 Menschen getötet. Auf Nachfrage teilte die israelische Armee mit, dass ein Flugzeug etwa zehn Hamas-Terroristen getroffen habe.
Seit der Nacht zu Dienstag greift die Armee Israels bereits mit massiven Luftangriffen Ziele der Hamas und des mit ihr verbündeten Islamischen Dschihad an. Damit ist de facto die seit dem 19. Januar geltende Waffenruhe beendet. Beide Seiten schieben sich gegenseitig die Schuld zu: Israel beschuldigt die Hamas, die Freilassung von Geiseln wiederholt abgelehnt zu haben. Die Palästinenserorganisation wiederum wirft der Regierung Israels vor, die Waffenruhe einseitig aufgekündigt zu haben.
Minister droht mit «völliger Verwüstung» Gazas
Israels Verteidigungsminister Israel Katz forderte die Freilassung der verbliebenen Geiseln und die Vertreibung der Hamas aus dem Gazastreifen. «Die Alternative ist die völlige Verwüstung.» Nach israelischen Informationen werden im Gazastreifen noch 24 lebende Geiseln festgehalten, hinzu kommen die Leichen von 35 Verschleppten.
Laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden seit Beginn der israelischen Angriffe im Gazastreifen insgesamt mindestens 436 Menschen getötet, darunter 183 Minderjährige. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kämpfern, und die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.
Israel will Pufferzone im Gazastreifen schaffen
Mit ihren jüngsten «gezielten Bodenangriffen» will die israelische Armee nach eigenen Angaben eine begrenzte Pufferzone zwischen dem Norden und dem Süden des Gazastreifens schaffen. Im Rahmen der Offensive hätten die Truppen auch ihre Kontrolle im sogenannten Netzarim-Korridor ausgeweitet, der den Küstenstreifen in eine nördliche und eine südliche Hälfte teilt. Israelische Soldaten seien bis zur Mitte der strategisch bedeutsamen Zone vorgerückt.
Die Hamas sprach von einem «schweren Verstoß gegen das Waffenruhe-Abkommen». Im Februar hatte Israels Armee sich als Teil der Vereinbarung aus dem Korridor zurückgezogen – mit Ausnahme eines ein Kilometer breiten Gebiets unmittelbar an der Grenze zu Israel.
Die USA, Katar und Ägypten hatten eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ausgehandelt, die seit Januar und zunächst für sechs Wochen galt. Bisher konnten sich die beiden Seiten nicht auf die Bedingungen für eine Verlängerung einigen. Israel hatte mit einer Wiederaufnahme des Krieges gedroht, sollte die Hamas keine weiteren Geiseln freilassen.
Frankreich verurteilt israelische Angriffe
Kritik an der israelischen Offensive im Gazastreifen kam unter anderem aus Frankreich. Nach einem Telefonat mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman schrieb der französische Präsident Emmanuel Macron auf der Plattform X: «Was den Nahen Osten anbelangt, so verurteilen wir die Wiederaufnahme der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen. Eine Rückkehr zum Waffenstillstand ist für die Freilassung aller Geiseln und den Schutz der Zivilbevölkerung unerlässlich.»
Macron schrieb weiter, dass Frankreich gemeinsam mit Saudi-Arabien eine Konferenz zur Zwei-Staaten-Lösung leiten werde. Diese solle dazu beitragen, dass eine politische Lösung erreicht wird, die für Israelis und Palästinenser akzeptabel ist.
UN-Mitarbeiter in Gaza getötet
Bei einem Angriff auf eine UN-Einrichtung in Gaza wurde am Mittwoch nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens einer ihrer Mitarbeiter getötet. Weitere Menschen seien verletzt worden, einige von ihnen schwer. «Das kann kein Unfall sein», sagte der Exekutivdirektor des Büros für Projektdienste (Unops), Jorge Moreira da Silva. Palästinensische Berichte machten Israel verantwortlich. Israel wies die Anschuldigungen zurück.
Ausschreitungen bei Protesten in Jerusalem
In Jerusalem haben Zehntausende bis spät in die Nacht gegen den Beginn des Gaza-Kriegs und die geplante Entlassung des Chefs des Inlandsgeheimdienstes protestiert. Es gab Berichte über Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten sowie mindestens zwölf Festnahmen. Netanjahu soll heute Abend angeblich die Entscheidung der Regierung billigen lassen, den Schin-Bet-Chef Ronen Bar zu entlassen.
In einer Untersuchung des Inlandsgeheimdienstes wurde festgestellt, dass das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 durch Fehler ermöglicht wurde. Auch Netanjahu wurde kritisiert. In Israel gibt es Befürchtungen, dass er Bar durch einen ihm treuen Nachfolger ersetzen möchte.
Der Gaza-Krieg begann am 7. Oktober 2023 mit dem Angriff der Hamas und anderer extremistischer Gruppen auf Israel. Dabei wurden etwa 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 Israelis als Geiseln in den Gazastreifen gebracht. Seitdem sind laut den Gesundheitsbehörden im Gazastreifen rund 49.000 Menschen ums Leben gekommen. Diese Zahlen sind nicht unabhängig überprüfbar. Israel gab bisher an, etwa 20.000 getötete Terroristen zu haben.