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Israel meldet Tod des Hamas-Anführers Jihia al-Sinwar

Der Drahtzieher des Massakers am 7. Oktober 2023 wurde von israelischen Soldaten getötet, um eine neue Realität im Gazastreifen zu schaffen.

Israels Armee hat die Tötung des Hamas-Chefs Jihia al-Sinwar bestätigt.
Foto: Adel Hana/AP/dpa

Der Anführer der islamistischen Hamas im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, ist nach Angaben der israelischen Regierung tot. «Der Massenmörder Jihia al-Sinwar, der für das Massaker und die Gräueltaten des 7. Oktober verantwortlich ist, ist von israelischen Soldaten getötet worden», erklärte Außenminister Israel Katz nach Angaben seines Sprechers. Auch die Streitkräfte bestätigten den Tod Sinwars am Mittwoch im südlichen Gazastreifen. Die Hamas äußerte sich zunächst nicht.

Der drahtige, bärtige Mann war bekannt als Planer und Drahtzieher des brutalen Überfalls auf Israel am 7. Oktober 2023. Bei diesem Angriff wurden von Terroristen der Hamas und anderer Organisationen im Gazastreifen über 1.200 Menschen getötet und weitere 250 in den Gazastreifen entführt. Dieses schreckliche Massaker an Juden seit dem Holocaust führte zum Gaza-Krieg, der schließlich die jüngste Eskalation in Nahost auslöste – einschließlich des israelischen Militäreinsatzes gegen die Hisbollah im Libanon.

«Dies ist eine große militärische und moralische Errungenschaft für Israel und ein Sieg für die ganze freie Welt gegenüber der Achse des Bösen des radikalen Islam, die vom Iran angeführt wird», sagte Katz weiter laut seines Sprechers.  Die Tötung Sinwars schaffe die Möglichkeit, die Geiseln sofort zu befreien und im Gazastreifen «eine neue Realität» ohne Hamas und iranischen Einfluss zu schaffen. 

Sinwar war seit Beginn des Gaza-Kriegs ganz oben auf Israels Abschussliste. Vor ihm tötete Israel mehrere Spitzenvertreter der Hamas, darunter Mohammed Deif, den Militärkommandeur der islamistischen Organisation. Israel wird auch der Mordanschlag auf den politischen Führer der Hamas, Ismail Hanija, in Teheran zugeschrieben. Sinwar, der zuvor der Hamas-Chef im Gazastreifen war, übernahm daraufhin die gesamte Führung der Organisation.

Was kommt nach Sinwar? 

Nach dem Tod des Hamas-Führers wird diskutiert, ob die Hamas dadurch besiegt ist. Beobachter zweifeln daran. Sinwars Bruder Mohammed spielt eine wichtige Rolle in der Militärstruktur der Hamas. Es ist unklar, ob er die Nachfolge Deifs angetreten hat. Möglicherweise wird er seinem Bruder folgen. Zudem kämpft die Hamas unter dem Druck der israelischen Invasion nicht mehr in klassischen militärischen Formationen, sondern als Guerilla-Streitkraft, die in kleinen Zellen und dezentral agiert.

Das Schicksal von etwa 100 Geiseln, die sich noch immer in der Gewalt der Hamas befinden, ist weiterhin völlig ungewiss. Die Bemühungen um ihre Freilassung könnten sich als noch schwieriger erweisen, solange unklar ist, wer an der Spitze der Hamas die Entscheidungen trifft. Außerdem könnten die Entführer Rache an ihnen üben, wie es einige der Angehörigen der Geiseln befürchten.

Selbst wenn die Hamas zusammenbrechen würde, was den Gazastreifen bis zum Kriegsausbruch mit eiserner Hand regierte, würde dies nicht unbedingt zu klaren Verhältnissen führen. Da Israel keine militärische Verwaltung des Küstengebiets anstrebt und auch sonst keine konkreten Vorstellungen für ein Gaza ohne Hamas zu haben scheint, besteht die Gefahr eines gefährlichen Machtvakuums. In diesem könnten sich Chaos und Anarchie ausbreiten.

Ein Leben im Zeichen extremer Gewalt

Der 61-jährige Sinwar war Teil der Gründergeneration der Hamas. Die islamistische Organisation entstand während des ersten Palästinenseraufstands Intifada Ende der 1980er Jahre im Kampf gegen die israelische Besatzung. Nach Beginn des Friedensprozesses zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO führte die Hamas über Jahre hinweg blutige Selbstmordanschläge in Israel durch, um diesen zu vereiteln. Sinwar spielte auch eine Rolle beim Aufbau des militärischen Arms der Hamas, den Kassam-Brigaden.

Seit 2017 war Sinwar der Hamas-Chef im Gazastreifen. In dieser Zeit hat er kontinuierlich versucht, die von Israel im Jahr 2006 verschärfte Blockade des Gazastreifens zu beenden, die auch von Ägypten unterstützt wurde. Dabei hat er unter anderem auf gewaltsame Proteste am Trennzaun gesetzt.

Geboren wurde er 1962 im Flüchtlingslager von Chan Junis im Süden des Gazastreifens. Seine Familie stammt aus der Gegend der Küstenstadt Aschkelon, heute auf israelischem Staatsgebiet. Sinwar war 1988 wegen Mordes an vier mutmaßlichen Kollaborateuren und zwei israelischen Soldaten von Israel verurteilt worden. Wegen seiner Grausamkeit auch gegen die eigenen Leute war er auch als der «Schlächter von Chan Junis» bekannt. Er verbrachte mehr als zwei Jahrzehnte in israelischer Haft und lernte in der Zeit Hebräisch. 

Sinwar kam 2011 als einer von über 1000 palästinensischen Häftlingen frei, als Teil des Austauschs für den israelischen Soldaten Gilad Schalit. Nach seiner Freilassung war Sinwar zunächst für die Verbindung zwischen dem militärischen und politischen Flügel der Hamas verantwortlich.

dpa