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Diplomatisches Ringen nach Israels Luftangriff in Katar

Die Empörung über Israels Angriff in Katar dauert an. Auch die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens verurteilen das Vorgehen. Jetzt reist US-Außenminister Rubio zum Verbündeten.

Die Huthi-Miliz im Jemen greift Israel immer wieder mit Drohnen und Raketen an. (Archivbild)
Foto: Osamah Abdulrahman/AP/dpa

Israel hat mit seinem überraschenden Luftangriff in Katar nach Einschätzung Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens eine Verschärfung der Spannungen im Nahen Osten riskiert. Der am Dienstag erfolgte Angriff in der Hauptstadt Doha verletze die Souveränität Katars und berge das Risiko «einer weiteren Eskalation in der Region», heißt es in einer am Freitag von der Regierung in London veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Am selben Tag empfing US-Präsident Donald Trump Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani Berichten zufolge zum Abendessen. 

Das Golfemirat ist ein Verbündeter der USA. Beide Länder fungieren mit Ägypten als Vermittler im Gaza-Krieg zwischen Israel und der islamistischen Hamas. Die USA sind zugleich Verbündeter Israels. Trump hatte sein Bedauern über Israels überraschenden Luftangriff in Katar ausgedrückt. Eine «einseitige Bombardierung innerhalb Katars als souveränem Staat und engem Verbündeten der Vereinigten Staaten», diene weder Israels noch Amerikas Zielen, hieß es in einer Stellungnahme, die Trumps Sprecherin Karoline Leavitt vortrug. 

US-Außenminister Rubio reist nach Israel

Vor diesem Hintergrund reist US-Außenminister Marco Rubio heute nach Israel. Dort werde er die Prioritäten der USA im Gaza-Krieg deutlich machen und das Engagement seines Landes für Israels Sicherheit bekräftigen, teilte sein Ministerium mit. Rubio werde auch Familien der Geiseln in der Gewalt der Hamas treffen. Deren Freilassung habe weiterhin oberste Priorität für die USA.

Am Dienstag versuchte die israelische Luftwaffe, die Führungsspitze der Hamas in der Hauptstadt Doha in Katar anzugreifen. Laut Hamas-Angaben scheiterte der Angriff jedoch, es wurde kein Mitglied der Hamas-Verhandlungsdelegation getötet. Sechs Personen kamen jedoch ums Leben.

«Ernsthafte Gefahr» für Geisel-Abkommen

Israels Angriff stelle «eine ernsthafte Gefahr» für eine mögliche Vereinbarung dar, die die Freilassung aller Geiseln sichern und den Gaza-Krieg beenden würde, hieß es in der Erklärung der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens. «Die Minister fordern alle Parteien nachdrücklich auf, ihre Bemühungen um eine sofortige Waffenruhe zu erneuern und zu verstärken». Sie unterstützten die wichtige Rolle Katars bei den Vermittlungsbemühungen.

Bericht: Israel setzte Raketen vom Roten Meer aus ein

Israels Angriff erfolgte nach Informationen des «Wall Street Journal» mit Langstreckenraketen, die von Kampfflugzeugen über dem Roten Meer auf Doha abgefeuert worden seien. Der Schlag sei dabei so geplant gewesen, dass der Luftraum arabischer Staaten vermieden wurde und schnell zugeschlagen werden konnte. Der Trump-Regierung wurde dabei kaum Gelegenheit für Einwände gegeben, hieß es unter Berufung auf mehrere ranghohe US-Beamte. 

Laut der Zeitung führte Trump danach ein hitziges Telefonat mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu. Er war verärgert darüber, dass er erst während des Angriffs Israels durch das US-Militär und nicht von Israel selbst informiert wurde – und darüber, dass der Angriff Katar und somit das Territorium eines US-Verbündeten getroffen hat, der gerade in Verhandlungen zur Beendigung des Gaza-Krieges vermittelt.

Bericht: Israelischer Geheimdienst lehnte Schlag in Doha ab

Nach Informationen der «Washington Post» hatte sich Israels Auslandsgeheimdienst Mossad geweigert, einen in den vergangenen Wochen ausgearbeiteten Plan umzusetzen, bei dem Agenten vor Ort eingesetzt werden sollten, um die Hamas-Führer zu töten. Mossad-Direktor David Barnea sei unter anderem deswegen dagegen gewesen, weil eine solche Aktion die Beziehung gefährden könnte, die er und sein Dienst zu den Katarern aufgebaut hatten, hieß es unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Israelis.

Im Juli 2024 hatte der Mossad den damaligen Auslandschef und höchsten Anführer der Hamas, Ismail Hanija, bei einem Besuch in der iranischen Hauptstadt Teheran mit einer ferngezündeten Bombe in einer Residenz getötet. Dieses Mal sei der Mossad zu so einer Aktion nicht bereit gewesen, zumal Katar als wichtiger Vermittler in den Gesprächen mit der Hamas gesehen werde, zitierte die US-Zeitung eine ihrer Quellen. «Wir kriegen sie (die Hamas-Anführer) in einem, zwei oder vier Jahren, und der Mossad weiß, wie man das macht», sagte eine weitere Quelle dem Blatt und fügte hinzu: «Warum jetzt?»

Sondergipfel in Katar geplant

Auch im arabischen Raum gibt es weiterhin Unzufriedenheit über Israels Vorgehen. Bei einem für diesen Sonntag und Montag in Katar geplanten Sondergipfel der Arabischen Liga und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) wird voraussichtlich die Suche nach einer gemeinsamen Position gegenüber Israel diskutiert. Vor dem Treffen der Monarchen, Staats- und Regierungschefs findet am Sonntag ein Vorbereitungsgipfel auf Ministerebene statt, wie die staatliche Nachrichtenagentur QNA aus Katar berichtete. Die OIC umfasst 57 muslimisch geprägte Länder.

Die Regierung der Vereinigten Arabischen Emirate bestellte unterdessen Israels stellvertretenden Botschafter ein. Israels Luftangriff sei als «schamloser und feiger Angriff» verurteilt worden, teilte das Außenministerium in Abu Dhabi mit.

Israel fängt erneut Rakete aus dem Jemen ab

In der Nacht löste eine Rakete aus dem Jemen in Tel Aviv und anderen Orten Israels Alarm aus. Die Armee teilte mit, dass das Geschoss abgefangen wurde. Es gab zunächst keine Berichte über Verletzte oder größere Schäden. In den vorherigen Tagen war die israelische Luftabwehr aufgrund von Angriffen mit Drohnen und einer Rakete aus dem Jemen aktiviert worden.

Seit dem Beginn des Gaza-Krieges im Oktober 2023 greifen die Huthi Israel wiederholt mit Raketen und Drohnen an – nach eigenen Angaben als Zeichen der Solidarität mit der Hamas. Als Reaktion greift Israel Ziele im 2.000 Kilometer entfernten Jemen an, die nach eigenen Angaben mit den militärischen Aktivitäten der Huthi in Verbindung stehen.

dpa