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Israel gedenkt seiner getöteten Soldaten

Der Gaza-Krieg geht auch am alljährlichen Gedenktag für die gefallenen Soldaten weiter. Israelische und palästinensische Opferangehörige werben für Frieden und Versöhnung. Die News im Überblick.

Mit einer Schweigeminute nach Sirenengeheul wurde zu Beginn der Gedenkzeremonie der Toten der Kriege gedacht.
Foto: Oded Balilty/AP/dpa

Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog hat am alljährlichen Gedenktag für die getöteten Soldaten und Terroropfer des Landes den Selbstbehauptungswillen Israels unterstrichen. «Ich erinnere uns und die gesamte Welt daran: Wir wollten niemals diesen schrecklichen Krieg. Nicht diesen und nicht seine Vorgänger», sagte er auf der zentralen Feier an der Klagemauer in Jerusalem.

«Aber so lange unsere Feinde uns zerstören wollen, werden wir das Schwert nicht niederlegen.» Der Gaza-Krieg zwischen Israels Armee und palästinensischen Extremisten geht derweil weiter, im Norden und Süden des Gazastreifens gab es weitere Kämpfe. Die geplante Großoffensive Israels in der Stadt Rafah will die US-Regierung zwar nicht unterstützen, davon abgesehen sicherte sie dem Verbündeten aber erneut ihren Rückhalt zu.

Zu Beginn der Gedenkzeremonie für die Toten der Kriege wurde eine Schweigeminute nach Sirenengeheul abgehalten. Präsident Herzog trug einen eingerissenen Hemdkragen – zerissene Kleidung ist ein jüdisches Symbol der Trauer. Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi sagte in seiner Rede, als Kommandeur der Armee in Kriegszeiten trage er die Verantwortung «für das Versagen, unsere Zivilisten am 7. Oktober zu verteidigen. Ich trage das Gewicht jeden Tag auf meinen Schultern und in meinem Herzen.»

An die Adresse der Familienangehörigen gerichtet sagte er: «Ich bin der Kommandeur, der Ihre Söhne und Töchter in den Kampf geschickt hat, aus dem sie nicht zurückgekehrt sind, und auf die Posten, auf denen sie als Geiseln genommen wurden.»

Der Gaza-Krieg begann mit dem beispiellosen Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer islamistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel begangen haben. Sie töteten 1200 Menschen, nahmen 250 weitere als Geiseln und brachten sie in den Gazastreifen. Laut palästinensischen Angaben wurden im Verlauf des Krieges etwa 35.000 Menschen getötet, wobei die genaue Zahl, die kaum unabhängig überprüfbar ist, nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterscheidet.

Israelisch-palästinensischer Appell für Versöhnung

Angehörige der Geiseln versammelten sich vor dem Hauptquartier der Armee in Tel Aviv. Viele von ihnen trugen brennende Kerzen, andere hielten Schilder mit der Aufschrift «Wir wollen keine weiteren Gräber».

Die Vereinigung der trauernden israelischen und palästinensischen Familien organisierte am Gedenktag eine eigene Veranstaltung, die die Hoffnung auf Frieden und Versöhnung in den Mittelpunkt stellte. «Wir müssen die Wirklichkeit ändern, um eine bessere Zukunft für unsere Kinder zu schaffen», sagte eine Palästinenserin, die im Gaza-Krieg ihren Bruder verloren hat.

«Wie viele Generationen voll Trauer braucht es noch, bis wir frei davon sind», sagte der Sohn der am 7. Oktober getöteten bekannten Friedensaktivistin Vivian Silver. «Wir alle müssen erkennen, dass die Besatzung, der 7. Oktober, der Krieg in Gaza, jüdischer und arabischer Terrorismus, jegliche politische Gewalt nicht unser Schicksal sind.»

Militäraktionen im Gazastreifen gehen weiter

Der Krieg dauert jedoch an. Das israelische Militär hat die Tötung eines führenden Mitglieds der Hamas bei einem Luftangriff im Gazastreifen bestätigt. Der Mann gehörte zu einer Kampftruppe der Islamisten und war einer der Kämpfer, die für die Bewachung der entführten israelischen Soldatin Noa Marciano verantwortlich waren. Marciano wurde nach dem Terrorangriff am 7. Oktober in den Gazastreifen entführt und später dort ermordet.

Es fanden Militäreinsätze in verschiedenen Gebieten des Gazastreifens statt. Laut Angaben des Militärs haben israelische Soldaten einen erneuten Einsatz im Flüchtlingsviertel Dschabalia im Norden des Küstengebiets gestartet. Der militärische Flügel der Hamas berichtete ebenfalls von heftigen Auseinandersetzungen seiner Kämpfer mit israelischen Truppen in Dschabalia.

Die israelische Armee setzt außerdem ihre nach eigenen Angaben «präzisen» Vorstöße in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sowie im Viertel Al-Saitun im Norden des Küstenstreifens fort. Palästinensische Medien berichteten in der Nacht über israelische Luft- und Artillerieangriffe im Osten Rafahs.

Biden-Berater: Lassen Israel nicht im Stich

Die US-Regierung will nach der Veröffentlichung eines Berichts zu möglichen Völkerrechtsverstößen Israels weitere Untersuchungen anstellen. Es gebe «eine Reihe von Vorfällen, die wir weiterhin untersuchen, um die bestmögliche Einschätzung zu bekommen», sagte Außenminister Antony Blinken im US-Fernsehen.

Mit Blick auf den Einsatz amerikanischer Waffen im Gaza-Krieg sei man besorgt über Vorfälle, bei denen «angesichts der Gesamtheit des Schadens, der Kindern, Frauen und Männern zugefügt wurde», die Einschätzung gerechtfertigt sei, dass Israel in bestimmten Fällen in einer Weise gehandelt habe, die nicht mit dem Völkerrecht vereinbar sei. Allerdings sei das militärische Umfeld «komplex», weswegen man keine abschließende Bewertung vornehmen könne. 

Trotz aller Bedenken versicherte die US-Regierung, man werde weiter hinter dem Verbündeten Israel stehen. Präsident Joe Biden wolle zwar nicht, dass US-Waffen bei einer größeren Invasion in der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens zum Einsatz kommen, sagte Biden Sicherheitsberater Jake Sullivan in einem Interview des US-Senders ABC News. Das bedeute aber nicht, «dass er Israel im Stich lässt oder es von den Waffen abschneidet».

Blinken forderte Israels Verteidigungsminister Joav Galant in einem Telefonat auf, die Sicherheit von Zivilisten und Hilfskräften in Gaza zu gewährleisten, wie das US-Außenministerium nach einem Gespräch der Ressortchefs mitteilte. Humanitäre Hilfe müsse ungehindert in das Kriegsgebiet gelangen und dort verteilt werden können – auch während Israel die Hamas bekämpft.

Armee: Neuer Grenzübergang nach Nord-Gaza geöffnet

Laut einem Militärsprecher hat Israel den neuen Grenzübergang Western Erez zum nördlichen Gazastreifen für humanitäre Hilfstransporte geöffnet. Dies soll die Anzahl der Hilfstransporte in den Gazastreifen, insbesondere in den nördlichen Bereich, erhöhen. Es haben bereits Dutzende Lastwagen mit Mehl aus dem Hafen von Aschdod den Übergang passiert.

Das Welternährungsprogramm (WFP) hatte vor Hunger im Norden des Gazastreifen gewarnt. Die Unterernährung bei Kindern breitet sich dort mit großer Geschwindigkeit aus, wie es in einem Bericht zur Situation in diesem Gebiet heißt.

dpa