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Israel rechtfertigt Attacke auf Krankenhausgebäude in Gaza

Der Angriff der israelischen Armee auf ein Klinikgebäude im umkämpften Gazastreifen galt nach Angaben aus Jerusalem einer Kommandozentrale der Hamas. Auf Kritik reagiert Israels Regierung empört.

Laut Israels Armee gab es bei dem Angriff keine zivilen Opfer. (Archivbild)
Foto: Jehad Alshrafi/AP/dpa

Israels Regierung hat gereizt auf eine deutsche Stellungnahme zum Angriff der israelischen Streitkräfte auf ein Krankenhausgebäude im Norden des umkämpften Gazastreifens reagiert. Es habe sich um einen «präzisen Angriff» auf ein einzelnes Gebäude gehandelt, das von der islamistischen Hamas als Kommando- und Kontrollzentrum genutzt worden sei, schrieb das israelische Außenministerium auf der Plattform X. Es reagierte damit auf einen englischsprachigen X-Beitrag aus dem Hause der geschäftsführenden Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne). 

In der Stellungnahme des Auswärtigen Amts heißt es: «Der grausame Hamas-Terror gehört bekämpft. Aber humanitäres Völkerrecht gilt, mit besonderer Schutzverpflichtung für zivile Orte. Wie soll ein Krankenhaus in weniger als 20 Minuten evakuiert werden?» Baerbock selbst schrieb dies auf ihrem eigenen X-Account auch auf Deutsch.

https://x.com/ABaerbock/status/1911424596424679657

Israels Außenministerium kontert Baerbock

«Wir würden eine klare und scharfe Verurteilung der Nutzung von Krankenhäusern durch die Hamas erwarten und keine Rhetorik, die die Hamas zum fortgesetzten Missbrauch der zivilen Infrastruktur ermutigt», antwortete Israels Außenministerium. Leider fehlten in der deutschen Erklärung «wichtige Fakten». So habe die israelische Armee vor dem Angriff früh eine Warnung ausgegeben. Es habe auch keine zivilen Opfer infolge des Angriffs gegeben.

Augenzeugen haben der Deutschen Presse-Agentur bestätigt, dass die Armee das Al-Ahli-Krankenhaus aufgefordert hat, die Verwaltung vor dem Angriff zu evakuieren. Patienten und Mitarbeiter hatten 18 Minuten Zeit, das Krankenhaus zu verlassen, wie die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa unter Berufung auf Augenzeugen berichtete. In den vergangenen Monaten war die Klinik die wichtigste verbliebene medizinische Einrichtung im Norden des dicht besiedelten Küstengebiets.

WHO: Angriffe auf Gesundheitsversorgung müssen aufhören 

Laut dem israelischen Außenministerium gab es in dem angegriffenen Gebäude keine medizinischen Aktivitäten. Das Krankenhausgelände wurde auch nicht weiter beschädigt, so dass es für weitere Behandlungen einsatzbereit bleibt. Diese Darstellung steht im Widerspruch zu den Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO), nach der das Krankenhaus bei dem Angriff schwer beschädigt wurde.

Die Notaufnahme, das Labor, Röntgengeräte und die Medikamentenausgabe seien zerstört worden, schrieb WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus auf X unter Verweis auf den Klinikdirektor. 50 Patienten seien verlegt worden, 40 Schwerkranke hätten vor dem Angriff nicht mehr in Sicherheit gebracht werden können. Ein Kind sei gestorben, weil es nicht versorgt werden konnte. «Krankenhäuser sind durch das humanitäre Völkerrecht geschützt», schrieb Tedros. «Angriffe auf die Gesundheitsversorgung müssen aufhören.» 

Baerbock ruft zu Waffenstillstand auf

Es brauche «einen festen Waffenstillstand» im Gazastreifen, schrieb Baerbock auf X. Die von der Hamas weiter festgehaltenen Geiseln müssten freigelassen und Lieferungen mit humanitärer Hilfe in das abgeriegelte Küstengebiet gelangen. «Sonst gibt es nur noch mehr Leid, Hass & Vertreibung.» Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte zuvor eine Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen angekündigt. 

Seit mehr als einem Monat blockiert Israel die Lieferung von humanitären Hilfsgütern in das abgeriegelte Küstengebiet. Diese Maßnahme zielt darauf ab, den Druck auf die Hamas zu erhöhen, um die israelischen Geiseln freizulassen, die bei dem Terrorüberfall der Hamas und anderer Extremisten am 7. Oktober 2023 entführt wurden. Die Hamas erklärt sich bereit, die 24 verbleibenden lebenden Geiseln und die 35 Leichen anderer Entführter freizulassen, wenn Israel einem Ende des Krieges zustimmt.

Netanjahu kritisiert Macron

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kritisierte die Äußerungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron über eine mögliche Anerkennung Palästinas als Staat. Macron begehe einen schweren Fehler, wenn er weiterhin die Idee eines palästinensischen Staates propagiere, schrieb Netanjahu auf X. Israel werde seine Existenz nicht aufgrund «realitätsferner Illusionen» aufs Spiel setzen und sich auch keine Moralpredigten für die Gründung eines palästinensischen Staates gefallen lassen, der die Existenz Israels gefährden würde.

Macron hatte vor kurzem in einem Interview mit dem Sender France 5 die Möglichkeit angedeutet, dass Frankreich im Juni einen palästinensischen Staat anerkennen könnte. Er betonte auch, dass er gleichzeitig darauf abzielt, dass pro-palästinensische Staaten Israel anerkennen.

Auf der Plattform X unterstrich Macron später Frankreichs Position für eine sogenannte Zweistaatenlösung: «Ja zum Frieden. Ja zur Sicherheit Israels. Ja zu einem palästinensischen Staat ohne die Hamas.» Mit Zweistaatenlösung ist ein unabhängiger palästinensischer Staat gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existiert. Die Regierung des jüdischen Staates lehnt dies ebenso ab wie die Hamas, die sich der Vernichtung Israels verschrieben hat.

Huthi-Miliz: Tote bei US-Angriff im Jemen 

Inzwischen berichtete die mit der Hamas verbündete Huthi-Miliz im Jemen über einen Angriff der US-Streitkräfte auf eine Fabrik in der Provinz Sanaa. Laut dem vom proiranischen Miliz kontrollierten Gesundheitsministerium wurden dabei mindestens sechs Menschen getötet und 20 verletzt. Das US-Militär hat zunächst keine Informationen dazu veröffentlicht.

In Israel gab es am frühen Abend Raketenalarm in der Küstenmetropole Tel Aviv und weiten Teilen des Zentrums des Landes. Laut einem israelischen Militärsprecher wurde eine Rakete, die vermutlich aus dem Jemen abgefeuert wurde, erfolgreich abgefangen. Es gibt bisher keine Angaben zu Sachschäden oder Verletzten. Die Huthi-Miliz feuert wiederholt Raketen auf Israel ab, eigenen Angaben zufolge aus Solidarität mit der Hamas.

dpa